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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 46.1920

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Unus, Walther: Julius Hüther - München
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https://doi.org/10.11588/diglit.7200#0017

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JULIUS HÜTHER-MÜNCHEN.

Schenke mir Gott ein hartes Herz, denn mein
Geschick ist schwer und schmerzensreich.
Der Himmel, ob grau, ob blau, ob wolkenschwer,
scheint erbarmungslos über Menschen und
Schicksalen, über den Oedtälern und den zahl-
losen Farben der Felsstücke und des Gerölls.
Klar klingen die Töne gegen einander in der
scharfen, feinen Harmonie dünner Höhenluft.
So begann Julius Hüthers Kunst, Freunde zu
werben. Sie bedeutete eine strikte Absage
an die elegante Tendenz der Mittelmeerkunst,
bedeutete eine Rückkehr zu einigen wichtigen
Grundsätzen der Gotik aus innerer Verwandt-
schaft. Wir können keinen bestimmten Meister
und kein Werk nennen, an den sie uns erinnert.
Es ist eine innere Verwandtschaft und eine
Ähnlichkeit des Ziels vorhanden. Die Welt
seiner Wahlverwandtschaft, für die er in
Vezzano, einem Ort der judikarischen Alpen,
einen Rahmen fand, erfuhr gerade dort
eine erfreuliche Wandlung. Sein Schaffen er-
hellte sich, begann sich zu lockern, der Raum
hatte sich geweitet. Wir finden eine neue,
luftigere Geschlossenheit der Bildform; an die
Stelle der hartfarbigen Kulisse, die die Figuren

seiner Frühzeit wie mit einer unerbittlichen
Mauer von der Welt abschloß, treten Dunst
und Nebel, flimmernd und schimmernd, die
Erdenfläche hat sich gedehnt, der Himmel
spricht freundlicher mit, ein kosmisches Element
ist lebendig geworden, es sind dieselben Pro-
bleme, um die im Norden die Begabung Willy
Jaeckels ringt, zwei junge Künstler, die sich
gewiß nicht kennen und doch zum ähnlichen
Ziel streben, so verwandt und so verschieden,
wie der deutsche Süden und der deutsche
Norden. Die Palette ist noch immer auf ver-
hältnismäßig wenige Farben gestimmt, dennoch
erscheint sie wie befreit, denn die Einschränkung
ist kein herber, innerer Zwang mehr, sondern
freiwillig geworden. Vor manchem Bild denkt
man bei den feinen Perlmutterfarben, den zar-
ten, blonden und vielfältigen grauen Tönen,
den freudig belebten farbigen Schatten an die
Franzosen. Soweit das nicht auf zufälligen
Ähnlichkeiten beruht — denn natürlich findet
Hüther zu französischen Bildern persönlich gar
kein Verhältnis — ist es ein Beweis, daß der
Künstler die Errungenschaften der letztver-
gangenen Kunstperiode einfach in sich hinein-

XXIII. April 1M0. i
 
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