Hugo Krayn f.
HUGO KRAYN t-
» GEM l ISEWAGEN «
müsewagens, das auch in diesem Heft erscheint,
war das bezeichnende Werk aus dieser Gruppe
seiner Arbeiten. Die Proletarierköpfe, von
charaktrischem und unverkennbarem Berliner
Typus, sind mit ungewöhnlicher Fähigkeit ge-
faßt und durchmodelliert. Es fehlt auch nicht
die Baluscheksche Härte, die aus dem Stoff
selbst entspringt. Der Realismus der Darstel-
lung geht in seiner (schon zu weit getriebenen)
Lust am äußerlich Wahrnehmbaren fast bis auf
die Gussow-Schule zurück.
Dennoch spürt man bereits neue Züge. Der
ausgezeichnet gemalte Rock des Gemüsehänd-
lers im Vordergrunde wäre ohne Cezanne so
nicht entstanden (die Schwarz-Weiß-Wieder-
gabe läßt das nicht erkennen). Und die Anord-
nung der Köpfe, die als Parallele zu dem schwar-
zen Brett am oberen Bildrand auftauchen, er-
geben eine Wirkung, die über den Eindruck der
tatsächlichen Einmaligkeit der Szene hinaus-
weist: sie erweckt die Vorstellung der Reihe,
als einer feinen Vermittlerin der höheren Vor-
stellung einer weitgedehnten Klasse, die Hun-
derttausende umfaßt. Auf einer Ausstellung
der Stadt Berlin (der Gewüsewagen wurde von
der städtischen Kunstdeputation angekauft) hing
dies Bild durch Zufall neben einem Porträt
Gerhart Hauptmanns aus dem Jahre 1892 (von
Hanns Fechner) — 1892 war das Jahr der
„Weber", und unwillkürlich mußte ich daran
denken, wie dort der soziale Gedanke dichte-
risch auch zu dem Ausdruck der großen Ruhe
geführt hat, der hier von einem Maler gesucht
wurde. — Immerhin blieb der Ausdruck noch
stark gebunden. Der seelische Anteil in diesen
Bildern ist Ausgangspunkt und Endziel. Aber
in der Mitte steht breitbeinig die Realität des
Stoffes, die unverändert hingenommen wurde.
Damit soll gar kein herabsetzendes Urteil aus-
gesprochen werden. Im Gegenteil, man hat es
Krayn hoch anzurechnen, daß er mit eisernem
Fleiß sich das Fundament zum Bau der Kunst
zimmerte, den zu errichten ihm vorschwebte.
Durch seinen frühen Tod nehmen diese Arbeiten
HUGO KRAYN t-
» GEM l ISEWAGEN «
müsewagens, das auch in diesem Heft erscheint,
war das bezeichnende Werk aus dieser Gruppe
seiner Arbeiten. Die Proletarierköpfe, von
charaktrischem und unverkennbarem Berliner
Typus, sind mit ungewöhnlicher Fähigkeit ge-
faßt und durchmodelliert. Es fehlt auch nicht
die Baluscheksche Härte, die aus dem Stoff
selbst entspringt. Der Realismus der Darstel-
lung geht in seiner (schon zu weit getriebenen)
Lust am äußerlich Wahrnehmbaren fast bis auf
die Gussow-Schule zurück.
Dennoch spürt man bereits neue Züge. Der
ausgezeichnet gemalte Rock des Gemüsehänd-
lers im Vordergrunde wäre ohne Cezanne so
nicht entstanden (die Schwarz-Weiß-Wieder-
gabe läßt das nicht erkennen). Und die Anord-
nung der Köpfe, die als Parallele zu dem schwar-
zen Brett am oberen Bildrand auftauchen, er-
geben eine Wirkung, die über den Eindruck der
tatsächlichen Einmaligkeit der Szene hinaus-
weist: sie erweckt die Vorstellung der Reihe,
als einer feinen Vermittlerin der höheren Vor-
stellung einer weitgedehnten Klasse, die Hun-
derttausende umfaßt. Auf einer Ausstellung
der Stadt Berlin (der Gewüsewagen wurde von
der städtischen Kunstdeputation angekauft) hing
dies Bild durch Zufall neben einem Porträt
Gerhart Hauptmanns aus dem Jahre 1892 (von
Hanns Fechner) — 1892 war das Jahr der
„Weber", und unwillkürlich mußte ich daran
denken, wie dort der soziale Gedanke dichte-
risch auch zu dem Ausdruck der großen Ruhe
geführt hat, der hier von einem Maler gesucht
wurde. — Immerhin blieb der Ausdruck noch
stark gebunden. Der seelische Anteil in diesen
Bildern ist Ausgangspunkt und Endziel. Aber
in der Mitte steht breitbeinig die Realität des
Stoffes, die unverändert hingenommen wurde.
Damit soll gar kein herabsetzendes Urteil aus-
gesprochen werden. Im Gegenteil, man hat es
Krayn hoch anzurechnen, daß er mit eisernem
Fleiß sich das Fundament zum Bau der Kunst
zimmerte, den zu errichten ihm vorschwebte.
Durch seinen frühen Tod nehmen diese Arbeiten