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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 65.1929-1930

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Born, Wolfgang: Die Wiener Werkstätte in Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.9252#0336

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Die Wiener Werkstätte in Berlin

jos. hoffmann. »silb. leuchter c wiener werkst.

den Besucher. So einfach sie gebaut ist, wirkt
sie doch durch ihren rassigen Schwung im
höchsten Maße dekorativ. — Die Beleuchtungs-
körper sind in die Decke eingelassen und durch
ebene Glasscheiben nach unten abgeschlossen.
Das höher gelegene Stockwerk ist wie das
untere mit Glasvitrinen ausgestattet, deren Ein-
fassung aber hier aus blauem Holz besteht.
Dieses Blau beherrscht als Farbe der Wände
und des Teppichs den ganzen Raum. Dadurch
wird ein reizvoller Stimmungsgegensatz zwi-
schen beiden Etagen erreicht. Die Auslagen
des Eingangsraumes selbst sind mit einfachen
Kuben und Metallrahmen versehen, die nach
Wunsch miteinander kombiniert werden kön-
nen. Sie geben Gelegenheit, die Waren über-
sichtlich aufzustellen, ohne die Passanten am
Durchblick in den Verkaufsraum zu hindern.

DieEröffnung der Wiener Werkstätte in Ber-
lin war ein gesellschaftliches Ereignis ersten
Ranges. Reichskunstwart Dr. Edwin Redslob
begrüßte dieWiener Gäste auf reichsdeutschem
Boden und betonte in seiner klugen und herz-
lichen Ansprache den festlichen Charakter der
Wiener Werkkunst. Gerade in der Überwin-

dung des Druckes, der auf der Gegenwart lastet,
erblickt er das, was er die „heroische Tat' des
neuen österreichischen Kunstgewerbes nennt. Da-
mit sagt er etwas wichtiges aus: daß nämlich das
Wiener Kunstgewerbe den berechtigten Anspruch
erheben darf, ernst genommen zu werden. Der
öfters laut gewordene Vorwurf des Spielerischen
trifft daneben. Nur Pedanterie und hoffnungslose
Trockenheit konnte das Dogma der Mechanisie-
rung als künstlerische Forderung aufstellen. Die
menschliche Wärme, die den Künstlerkreis der
Wiener Werkstätte erfüllt, die Lebensverbunden-
heit, aus der heraus die Dinge des Gebrauchs
gewissermaßen zu persönlichen Freunden umge-
schaffen werden, die in Farbe und Form den
eigenen Wünschen Rede und Antwort stehen,
— all das ist durchaus kein willkürliches Spiel,
sondern höchste Leistung reifer Talente.

Verantwortungsgefühl war von jeher die Grund-
gesinnung der Wiener Werkstätte. Das ist
nicht anders geworden, seit der Puritanismus
des Anfangs mit den Jahren einer organischen
Bereicherung an Formen und Farben gewichen
ist. Die Funktion der Dinge spricht sinnfällig
auch in der freieren Ausdeutung, die ihr die
schöpferische Phantasie der neuen Generation
gegeben hat.............. wolfgang born.

e. kopriva. kitty rix. »vasen« wiener werkstätte
 
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