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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 65.1929-1930

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Barchan, Paul: Paul Cornet
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https://doi.org/10.11588/diglit.9252#0414

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Paul Cornct

Symptomatisch wiederum das Verhältnis der
Geschlechter. Und auch dies bleibt unberührt
von der andern französischen Industrie: dem
„französischen Lustspiel", dem „französischen
Roman", der Pariser Mode, die auch eigentlich
eine Fremdenindustrie ist, sowie jener Legende
von der besonderen französischen Galanterie
der Frau gegenüber.

Paul Cornet also, ansonsten ein hochbraver
zeitgenössischer Bildhauer, der sich um das
strenge Ebenmaß des menschlichen Körpers
müht, hat in seinem Gemüt einen Winkel für
die alte Ritterlichkeit reserviert. In seinem Hirn
liegt noch dieser nicht ausgeträumte Traum
vom Stahl. Noch drängt es ihn nach Burghof-
Bildwerken. Er hat nur einige solche Arbeiten
geschaffen, und gerade diese sichern ihm eine
Nische im Ehren-Rittersaal seiner Zunft. Er
hat mehrmals seinen kleinen Jungen in Natur-
stein gehauen, etwa wie ein geharnischten Säug-
ling, oder wie ein Manteltier, mordsschwer
liegend. Und man sieht dies einprägsame Ge-
bilde, im verwandten Geiste, in einem über-
wucherten Burghof verwittert liegen. Oder
wiederum in eine moderne Halle hinübergerettet.
Sich selber, in Reminiszenz an seine Jünglings-

K

zeit, modelliert er in einer Phantasierüstung,
einer Kreuzung eines Kreuzfahrers mit einem
modernen Flieger, der ja hinwiederum seiner-
seits reichlich romantisch auftritt. . p. barchan.
*

unst kann Ausdruck eines strömenden In-
nenlebens sein, Formung und Ordnung
reicher schöpferischer Kräfte. Höchstes Glück,
wem so zu schaffen vergönnt ist. Kunst aber
kann auch Entgegnung sein, Kampf gegen dumpf
drängende, zerstörungssüchtige Mächte, voller
Einsatz des Bewußtseins gegen ein Unbewußtes.
Ihre Funktion als Ordnerin der Empfindungen
kommt dann kategorischer zum Ausdruck. Ab-
wandlungen dieser Weise sind Erscheinungen,
die aus einer Art Selbslbestätigungsabsicht zur
Kunst drängen. Die Dinge draußen beängstigen
und erschrecken, — es muß ihnen ein eigenes
Bilden und Schaffen gegenübergestellt werden,
um die Harmonie des Selbstbewußtseins zu ge-
währleisten. Kunst als die große Kompensation
— das wäre die Formel für ein so bedingtes
Schaffen. Daß es häufiger auftritt, als man so
obenhin glauben möchte, das könnten viele
aufrichtige, nie ins Publikum gedrungene Selbst-
geständnisse von Künstlern erweisen, schüker.

PAUL CORNET— PARIS. »DER JUNGE DES KÜNSTLERS«
 
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