Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 65.1929-1930

DOI Artikel:
Rochowanski, Leopold W.: Wiener Ausstellungsgebäude von Josef Hoffmann
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.9252#0418

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Wiener Ausstellungsgebäudc von Josef Hoffmann

manchmal etwas träge Kunstleben einzuschalten.
Auch große Plastikausstellungen ließen sich
bisher in Wien nicht durchführen. Fragt man
bei den zwei Wiener Vereinigungen nach, in
deren Besitz sich noch immerhin die größten
Räumlichkeiten befinden, so erfährt man, daß
die Säle meist schon auf zwei Jahre hinaus ver-
geben sind, viele gute Pläne und Angebote
müssen daher abgewiesen werden.

Nicht bloß das. Es gibt in Wien auch keine
Räume für Weltkongresse, für festliche Emp-
fänge. Auch nicht für Veranstaltungen von
großen Tanzfesten, für deren Gestaltung ein be-
sonderes Kunstgefühl, ein besonderer Lebens-
stil erst wieder entwickelt und gefördert werden
muß, um sie, von Geist getragen, zu gesellschaft-
lichen Höhepunkten zu machen. Auch für kleine
intime Abende literarisch-musikalischer Kam-
merkunst ist nichts vorhanden. Weiter fehlt es
an geeigneten Räumen für die stark angewach-
senen städtischen Sammlungen der Gemeinde
Wien. Schon aus diesem Fundus ließen sich
fortlaufend vorzügliche Darbietungen heraus-
lösen, während jetzt das meiste im Verborgenen
bleibt oder in Häufungen auftritt. Auch das
Gesellschafts- und Wirtschaftsmuseum von
Wien ist vorderhand in drei verschiedenen Ge-
bäuden untergebracht. In dem neuen Projekt
sind dafür die geeigneten Räume vorgesehen,
um eine Konzentrierung durchführen zu können.

Zur Zeit der Wiener Messe kann in diesem
Gebäude das Kunstgewerbe, das in Österreich
eine so bedeutende Rolle spielt, gezeigt und
das Buch angegliedert werden. Es sind auch
Räume für ein Restaurant, ein Kaffee und an-
dere Geschäfte vorgesehen, ein Umstand, der
in finanzieller Hinsicht eine günstige Rolle spielt.

Der Platz, der von Professor Hoffmann ge-
wählt wurde, liegt knapp angrenzend an den
ersten Bezirk. Der Resselpark, der bei der
Wiedner Hauptstraße beginnt, sich längs der
Technik bis zur Karlskirche hinzieht, soll eine
Randverbauung bekommen. Der Park wird
also erhalten. Auch das Gebiet der dort vor-
beiführenden Stadtbahn wird miteinbezogen
und überbaut, ohne jedoch dadurch eine Än-
derung in der Führung der verschiedenen
Straßenbahn- und Autobuslinien hervorzurufen.
Man wird direkt von der Stadtbahn in die Aus-
stellung eintreten können.

Durch diese Verbauung wird die Verbindung
zwischen der verlängerten Kärntnerstraße und
der Wiedner Hauptstraße erreicht, es entsteht
eine neue schöne Augenlinie und der am Eck
postierte Turm, schon von der Opernkreuzung
her sichtbar, wird das Wahrzeichen neuen
Geistes und'neuen Schaffens.

Das Gebäude hat durchwegs eine so geringe
Höhe, daß die Karlskirche erst recht zu einer
herrschenden Stellung gelangt, die Lösung der
schon so lang schwebenden und oft diskutierten
Frage der baulichen Gestaltung des Karlsplatzes
aber wäre endgültig gelöst. Das Gebäude ist
für Glas und Eisen gedacht, in seiner Form
zeigt sich die so oft bewährte Meisterschaft
Josef Hoffmanns. Seine Leistungen auf diesem
Gebiete brauchen nicht erst neuerlich durch
Worte erhöht werden, sie sind in aller Gedächt-
nis. Die innere Anlage des Gebäudes nimmt
auf Möglichkeiten Bedacht, alles ist auf Schön-
heit und Zweckmäßigkeit zugleich angelegt, die
verschiedenen Räume können auf einmal, sie
können stückweise, sie können in verschiede-
nen streng getrennten Gruppen benützt werden.

Sehr wertvoll für die ganze Angelegenheit
ist der Vergleich mit anderen Städten. Es wurde
statistisch festgestellt, daß fast alle Städte, die
im Kulturleben eine Rolle spielen, viel besser
daran sind als Wien, daß selbst viele kleinere
Gemeinden ein besser geordnetes und großzügig
durchführbares Ausstellungswesen besitzen.

Heutzutage ist es überhaupt zu einem Non-
sens geworden, Künstlervereinigungen mit der
Absicht zu bilden, sich ein eigenes Ausstellungs-
gebäude zu schaffen. Die Erhaltung ist so kost-
spielig geworden, daß für die Künstler entweder
unüberbrückbare Schwierigkeiten entstehen
oder daß sie der Unterjochung durch einen nur
auf seine eigenen Vorteile bedachten Finanzier
verfallen. Im Budget und Verwaltungsapparat
einer Stadt oder des Staates spielen dagegen
die Aufwendungen für die Erhaltung eines
solchen Ausstellungsgebäudes gar keine Rolle.

Daß die geplante Ausstellungshalle, die eigent-
lich nichts anderes als ein österreichisches Re-
präsentationshaus ist, für die Stadt Wien eine
Bereicherung fürimmerbedeuten würde, braucht
kaum hinzugefügt werden. Aber vielleicht doch,
denn es scheint bisher so manchen wichtigen
Faktoren des öffentlichen Lebens noch nicht
aufgefallen zu sein, daß gerade Wien ein großes
Bauwerk von Josef Hoffmann fehlt, der bisher
an dieser Stelle mit seiner ganzen Kraft gewirkt,
'und der diese Stadt so besonders ins Herz ge-
schlossen hat. — Bei dieser Gelegenheit sei noch
auf ein Hotelprojekt von Prof. Josef Hoffmann
hingewiesen. Es hat vier Geschosse mit insge-
samt 160 Fremdenzimmern. Es enthält außer
den Wohnungen für den Pächter, den Direktor
und das Personal, außer Kaffee und Restau-
rant auch einen großen Konzertsaal für 1500
Personen und einen kleinen Saal für 350 Per-
sonen. Zudem auch alle nötigen Nebenräume,
Künstlerzimmer usw..... l. w. rochowanski.
 
Annotationen