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Pantel, Etta [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 25): Baudenkmale in Niedersachsen: Landkreis Soltau-Fallingbostel — Braunschweig, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.43924#0183
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ner erhöhten Talsanddüne im Bereich der eis-
zeitlichen Niederterrasse der Aller stand mögli-
cherweise im Zusammenhang mit der sog.
„Ulenburg“, deren Herren (von Hademstorf) et-
was oberhalb von Essel eine wichtige Furt über
den Fluss kontrollierten, bis die Burg 1394
durch die Weifenherzöge zerstört wurde. Noch
heute ist der in der Auenlandschaft weithin
sichtbare, aber landschaftlich gut angepasste
Flussübergang der Landesstraße 190 von Wals-
rode nach Hannover von großer Bedeutung.
Essel selbst liegt in sichtbarer Entfernung und
wird von der Landesstraße (Hannoversche Stra-
ße) auf der Ostseite tangiert. Bis auf eine größe-
re, seit dem Ende des 19.Jh. erfolgte Siedlungs-
abrundung im Südwesten, ist die alte Dorflage
in ihrer alten, der Höhenentwicklung angepas-
sten Ausdehnung erhalten, die im Nordosten
auch von baumbestandenen Entwässerungs-
gräben begrenzt wird.
Seit 1440 wird eine Brücke bei Essel erwähnt.
1782 wurde sie durch eine den Schiffsverkehr
weniger behindernde Zugbrücke und schließlich
1926 durch die heute noch bestehende para-
belförmige genietete Stahlfachwerk-Brücke
(LI90, km 38, 985) ersetzt. Mit ihren beidseiti-
gen Rampen und der Lindenallee führt sie bis
fast nach Essel. Obwohl die Betonpfeiler der in
den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges hart
umkämpften Brücke schwer beschädigt waren,
zeigt sie sich nach der Wiederherstellung nur
durch die leichteren Metallgitter und neue
Schrammborde leicht verändert. Im Bereich der
Allerwiesen ist die Stahlkonstruktion durch Be-
tonplatten ersetzt worden, deren Widerlager auf
beiden Seiten in Beton mit Granitsteinverklei-
dung ausgeführt wurden. Am westlichen Fluss-
ufer direkt unterhalb der Rampe liegt das ehe-
malige Brückenwärterhaus, das wohl gegen En-
de des 19.Jh. erbaut wurde, aber in jüngster
Zeit durch gravierende Änderungen bei Renovie-
rungsarbeiten seine Denkmalwürdigkeit verloren
hat.
Abseits der Straße L190 im Esseier Wald jen-
seits der Aller ist oberhalb der Brücke wohl be-
reits 1947 ein Soldatenfriedhof eingeweiht wor-
den, auf dem die 1945 beim Kampf um die
Brücke Gefallenen bestattet wurden. In dem
kleinen holzumzäunten Areal sind vor einem
Findling drei Reihen von gleichartigen niedrigen
Steinkreuzen aufgestellt worden.
Das heute etwa 690 Einwohner zählende Dorf
Essel bildet mit dem kleinen jenseits der Aller
gelegenen Ortsteil Engehausen die Gemeinde
Essel. Ihre verkehrsgünstige Lage wird bestimmt
durch die Nähe zu Schwarmstedt (ca zwei Kilo-
meter entfernt), durch den Anschluss an die ost-
west-gerichtete B 214 und insbesondere durch
die in drei Kilometern Entfernung verlaufende,
nord-süd-gerichtete Autobahn A7, die im Ge-
meindegebiet eine Aus- bzw. Zufahrt hat. Durch
das Gemeindegebiet führt auch die Trasse der
1890 eingeweihten Bahnstrecke Hannover-Vis-
selhövede und später nach Hamburg, deren
Haltepunkt jedoch in Schwarmstedt liegt. Die
zeitgleich zur Eröffnung fertiggestellte, eingleisi-
ge Überbrückung der ausgedehnten Allerniede-
rung nordwestlich von Essel stellt heute ein be-
deutendes Industriedenkmal dar, das aus drei
stählernen Ständerfachwerk-Brücken (Koppel-
weg/Orderweg, Riethweg) unterschiedlicher

Länge und den notwendigen Bahndämmen be-
steht. Die grün gestrichenen Mehrfeldbrücken
ruhen auf Pfeilern und Widerlagern aus behaue-
nen Granitquadern und passen sich der Land-
schaft gut an.
In der Vergangenheit ist Essel als Sitz der Amts-
vogtei von Bedeutung gewesen. Diese war im
17/18.Jh. als eine von zwölf Amtsvogteien zur
Verwaltung der damaligen Großvogtei Celle ent-
standen und hatte die Wahrnehmung der öffent-
lichen und privaten Rechte inne. Ihre Ausdeh-
nung bezog sich auf die alten Goe bzw. Kirch-
spiele, ihre Machtbefugnisse wurden erst später
den meist größeren Ämtern gleichgestellt. Die
kleine Amtsvogtei Essel bestand in den Grenzen
des Kirchspiels Schwarmstedt, dem neun Dör-
fer. angehörten und dessen Pfarrkirche auch für
Essel zuständig war.
Der Amtssitz bzw. die spätere Domäne mit
Amtshaus und herrschaftlichem Vorwerk lag auf
der großen Parzelle am Ostrand des alten
Dorfes, Am Amtshof. Nach der Vereinigung der
Amtsvogtei mit der von Bissendorf im Jahre

1814 sind sämtliche Gebäude des Amtshofes
auf Abbruch verkauft worden, wie auch das im
17. Jh. erweiterte und danach als großes,
massives dreistöckiges Gebäude beschriebene
Amtshaus, die Brauerei und sämtliche Ställe und
Scheunen. Bestehen blieb das traufständige
Wohnwirtschaftsgebäude, Am Amtshof 6, ver-
mutlich ein ehemaliges Vorwerkgebäude, das
laut Türbeschriftungen im Inneren des Hauses
ursprünglich auch eine Amtsstube und eine
Amtsschreiberstube beherbergte. Möglicherwei-
se war hier auch die alte Poststation, die 1855
von Hademstorf nach Essel verlegt worden war.
Der Kern dieses in Vierständerbauweise errich-
teten Hallenhauses, mit dem hohen Firstsäulen-
dach und den nur teilweise noch vorhandenen
geschweiften Kopfbändern an den Innenstän-
dern, stammt wohl aus der 2. Hälfte des 17.Jh.
Der Steilgiebel im südseitigen Wirtschaftstrakt
ist um 1900 in massiver Bauweise ersetzt und
zweigeschossig ausgebaut worden, incl. des die
Fassade beherrschenden Putzdekors und Zie-
gelsteinsetzungen. Eine Wohnteilerweiterung
aus der 2. Hälfte des 19.Jh. sowie jüngere Ge-
rüstveränderungen an den Traufseiten und

Essel, Esselerwald, Soldatenfriedhof, 1947


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