chen, repräsentativen Charakter zu verleihen.
Der große eingeschossige Ziegelbau mit dem
ausgebauten Dachgeschoss und einigen kleine-
ren Anbauten zeigt nach Westen einen fast
symmetrisch gegliederten Giebel, dessen mitti-
ger, kupferüberdachter Hauseingang über eine
konvex geschwungene Treppenanlage zu errei-
chen ist. Lisenenartige Ziegelsteinsetzungen und
detaillierte Schmuckfelder gliedern und lockern
auch die Traufseiten auf. Die Südseite erhält
durch die dreiachsige zurückgesetzte zweige-
schossige Mittelzone zwei akzentuierte Eckbe-
reiche mit einer ummauerten Terrassenanlage
und Wintergarten. Kleinteilige farbige Jugendstil-
verglasungen prägen Flur und Bad.
Eine geringe Erweiterung des Dorfes hat wohl
schon seit der Jahrhundertwende auf der Süd-
seite der Landesstraße begonnen; evtl, im Zu-
sammenhang mit dem 1904 weiter östlich er-
richteten Bahnhof Hedem an der inzwischen
stillgelegten und entfernten Strecke Rethem-
Schwarmstedt.
GILTEN
Innerhalb der Samtgemeinde Schwarmstedt bil-
det Gilten mit seinen Ortsteilen die süd-westli-
che Grenze des Landkreises Soltau-Fallingbos-
tel zum Landkreis Nienburg. Hier verlief noch bis
zur Einführung der Landkreise 1885 die Grenze
zwischen den Fürstentümern Lüneburg und Ca-
lenberg. Erst mit der großen Reform der Amts-
bezirke 1859 gelangten die Giltener Ortsteile
Nienhagen, Norddrebber und Suderbruch, die
bis dahin zum Amt Neustadt am Rübenberge
gehörten, zum Amt Ahlden, dem auch Gilten
angehörte.
Die Ortslagen sind eingebettet in Ausläufer der
nördlichen Schotenheide, der westlichen Nien-
hagener Heide und der südlichen Osterheide mit
ihren zahlreichen scharfkantig begrenzten Wald-
flächen sowie in die von geradlinig geführten
Entwässerungsgräben durchzogene Wiesen-
landschaft. Die in Nord-Süd-Richtung verlaufen-
de Landesstraße 191 sowie die Bundesstraße
214 im Süden des Gemeindegebietes binden
Gilten an die Region an und knüpfen überregio-
nale Verkehrsverbindungen über die Autobahn
von Hamburg nach Hannover.
Eine erste urkundliche Erwähnung des Kirchor-
tes Ghiltene als selbstständige Parochie stammt
von 1242 und die der gleichnamigen Familie von
1265. Die Pfarre gehörte der Diözese Minden
und Kirche und Pfarre waren Mindener Lehngut.
Im Laufe des 14.Jh. gingen Teile des Dorfes
durch Schenkungen an das Kloster Walsrode.
Gilten selbst liegt am nordwestlichen Rand der
ausgedehnten Auenlandschaft zwischen Alter
Leine und Leine. Zwar hat sich die Dorfiage in
der für die Aller-Leine-Niederung üblichen Weise
auf einer hochwasserfreien Talsanddüne entwi-
ckelt, fällt jedoch durch ihre ungewöhnliche
halbkreisförmige Siedlungsform auf, die sich,
exakt den Höhenlinien entsprechend, im Bogen
um die tiefer gelegenen Flusswiesen, genannt
Werder, erstreckt. Deren schmale, meist parallel
aneinander gereihten Hofanlagen sind wie bei
einem Reihen- oder Zeilendorf auf eine halbrun-
de grüne Mitte ausgerichtet. Wie auf den
Verkopplungskarten von 1807 und 1821 abzule-
sen ist, entsprach die Aufteilung der als Weide-
land genutzten Flächen genau den zugehörigen
Hofbreiten. Der ebenfalls bogenförmige Verlauf
der zwischen Wiesen und Hofanlagen bereits
deutlich erhöht liegenden Dorfstraße, An der
Marsch, mit teilweise einseitiger alter Eichenal-
lee, ermöglicht Blickbeziehungen zu allen Punk-
ten des Dorfes. Eine nur geringe Nachverdich-
Neu Bosse, Neu Bosse Nr. 6, Wohnwirtschaftsgebäude, 1913
tung im Ortskern lässt die historische Dorfstruk-
tur mit ihrer Parzellierung noch deutlich erken-
nen.
Die für die gesamte Region und damit auch für
die Entwicklung Giltens so wichtige, zu Beginn
des 20.Jh. erbaute Eisenbahnstrecke von
Schwarmstedt nach Verden wurde 1988 stillge-
legt, nachdem sie eine zeitlang noch als Güter-
verkehrsstrecke gedient hatte. Sie trug zum
Aufschwung des Dorfes bei, wo ab 1911 bis
1928, wie auch im benachbarten Grethem,
umfangreiche Kali- und Salzvorkommen abge-
baut wurden. An diese Zeit erinnert noch der auf
halber Strecke nach Grethem an der L 191
liegende Bahnhof Gilten mit der historischen
Bahnhofsgaststätte und Scheune auf Grethe-
mer Gemeindegebiet. Einen größeren Einwoh-
nerzuwachs verzeichnete Gilten, das im 19.Jh.
konstant etwa 43 Hausstellen und drei adlig
freie, landtagsfähige Höfe (1858) beherbergte,
insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg und
zählt heute fast 400 Einwohner.
Ev. Kirche St. Paulus
Ihre exponierte Lage - am südwestlichen Ende
des Dorfes auf der gegenüber der Wiesenaue
von der nahen Alten Leine steil ansteigenden
Erhebung - lässt die Kirche (Kirchende), umge-
ben von ihren großzügigen, heute etwas kahlen
Friedhofsflächen, von fast jedem Punkt des Dor-
fes aus erkennen. Von Südwesten her gesehen
prägt sie das Ortsbild auch über größere Entfer-
nungen.
Der langgestreckte ost-west-gerichtete Baukör-
per fällt durch seine deutlich unterscheidbaren
Bauteile aus verschiedenen Epochen auf. Äl-
tester Teil ist der wohl noch aus romanischer
Zeit stammende und in Raseneisenstein errich-
tete wuchtige Westturm mit einer datierten
Wappentafel von 1518 der Familie von Gilten
sowie eine etwas ausgewaschene Kreuzigungs-
gruppe wohl aus dem 15.Jh. an der Westseite.
Seine Aufstockung mit den flachbogigen, ge-
kuppelten Schallöffnungen ist 1598 in Backstein
ausgeführt worden, während die hohe achtecki-
ge Pyramidenspitze erst 1849 in Metall erneuert
worden ist.
Der ebenfalls aus Raseneisenstein errichtete, in
die Landschaft weisende langgestreckte, poly-
gonale Chor ist laut Sandsteinepitaph derer von
Bothmer erst 1595 neu aufgeführt worden. Er
enthält schlichte, z.T. mit Rundbogen versehene
nachgotische Maßwerkfenster aus Sandstein.
Die auf 1566 datierte Südtür sowie die Nord-
wand mit der kreuzrippengewölbten Sakristei
von 1492 sind jedoch vom Vorgängerbau über-
nommen.
Das dazwischen liegende höhere und vorsprin-
gende Kirchenschiff besteht aus einem baro-
cken Fachwerksaal unter Satteldach, der 1766
auf massivem Sockel errichtet wurde und von
hohen segmentbogigen Fenstern belichtet wird.
In seinem Inneren ist der zeitgleich entstandene,
gut erhaltene Kieselmosaikfußboden mit kirch-
lichen Motiven sowie die polygonale hölzerne
Kanzel in barockem Stil erhalten. Die geputzte
Decke über den Längsseiten der U-förmigen
Empore ist flach und wölbt sich nur über dem
Mittelraum zur Tonne.
210
Der große eingeschossige Ziegelbau mit dem
ausgebauten Dachgeschoss und einigen kleine-
ren Anbauten zeigt nach Westen einen fast
symmetrisch gegliederten Giebel, dessen mitti-
ger, kupferüberdachter Hauseingang über eine
konvex geschwungene Treppenanlage zu errei-
chen ist. Lisenenartige Ziegelsteinsetzungen und
detaillierte Schmuckfelder gliedern und lockern
auch die Traufseiten auf. Die Südseite erhält
durch die dreiachsige zurückgesetzte zweige-
schossige Mittelzone zwei akzentuierte Eckbe-
reiche mit einer ummauerten Terrassenanlage
und Wintergarten. Kleinteilige farbige Jugendstil-
verglasungen prägen Flur und Bad.
Eine geringe Erweiterung des Dorfes hat wohl
schon seit der Jahrhundertwende auf der Süd-
seite der Landesstraße begonnen; evtl, im Zu-
sammenhang mit dem 1904 weiter östlich er-
richteten Bahnhof Hedem an der inzwischen
stillgelegten und entfernten Strecke Rethem-
Schwarmstedt.
GILTEN
Innerhalb der Samtgemeinde Schwarmstedt bil-
det Gilten mit seinen Ortsteilen die süd-westli-
che Grenze des Landkreises Soltau-Fallingbos-
tel zum Landkreis Nienburg. Hier verlief noch bis
zur Einführung der Landkreise 1885 die Grenze
zwischen den Fürstentümern Lüneburg und Ca-
lenberg. Erst mit der großen Reform der Amts-
bezirke 1859 gelangten die Giltener Ortsteile
Nienhagen, Norddrebber und Suderbruch, die
bis dahin zum Amt Neustadt am Rübenberge
gehörten, zum Amt Ahlden, dem auch Gilten
angehörte.
Die Ortslagen sind eingebettet in Ausläufer der
nördlichen Schotenheide, der westlichen Nien-
hagener Heide und der südlichen Osterheide mit
ihren zahlreichen scharfkantig begrenzten Wald-
flächen sowie in die von geradlinig geführten
Entwässerungsgräben durchzogene Wiesen-
landschaft. Die in Nord-Süd-Richtung verlaufen-
de Landesstraße 191 sowie die Bundesstraße
214 im Süden des Gemeindegebietes binden
Gilten an die Region an und knüpfen überregio-
nale Verkehrsverbindungen über die Autobahn
von Hamburg nach Hannover.
Eine erste urkundliche Erwähnung des Kirchor-
tes Ghiltene als selbstständige Parochie stammt
von 1242 und die der gleichnamigen Familie von
1265. Die Pfarre gehörte der Diözese Minden
und Kirche und Pfarre waren Mindener Lehngut.
Im Laufe des 14.Jh. gingen Teile des Dorfes
durch Schenkungen an das Kloster Walsrode.
Gilten selbst liegt am nordwestlichen Rand der
ausgedehnten Auenlandschaft zwischen Alter
Leine und Leine. Zwar hat sich die Dorfiage in
der für die Aller-Leine-Niederung üblichen Weise
auf einer hochwasserfreien Talsanddüne entwi-
ckelt, fällt jedoch durch ihre ungewöhnliche
halbkreisförmige Siedlungsform auf, die sich,
exakt den Höhenlinien entsprechend, im Bogen
um die tiefer gelegenen Flusswiesen, genannt
Werder, erstreckt. Deren schmale, meist parallel
aneinander gereihten Hofanlagen sind wie bei
einem Reihen- oder Zeilendorf auf eine halbrun-
de grüne Mitte ausgerichtet. Wie auf den
Verkopplungskarten von 1807 und 1821 abzule-
sen ist, entsprach die Aufteilung der als Weide-
land genutzten Flächen genau den zugehörigen
Hofbreiten. Der ebenfalls bogenförmige Verlauf
der zwischen Wiesen und Hofanlagen bereits
deutlich erhöht liegenden Dorfstraße, An der
Marsch, mit teilweise einseitiger alter Eichenal-
lee, ermöglicht Blickbeziehungen zu allen Punk-
ten des Dorfes. Eine nur geringe Nachverdich-
Neu Bosse, Neu Bosse Nr. 6, Wohnwirtschaftsgebäude, 1913
tung im Ortskern lässt die historische Dorfstruk-
tur mit ihrer Parzellierung noch deutlich erken-
nen.
Die für die gesamte Region und damit auch für
die Entwicklung Giltens so wichtige, zu Beginn
des 20.Jh. erbaute Eisenbahnstrecke von
Schwarmstedt nach Verden wurde 1988 stillge-
legt, nachdem sie eine zeitlang noch als Güter-
verkehrsstrecke gedient hatte. Sie trug zum
Aufschwung des Dorfes bei, wo ab 1911 bis
1928, wie auch im benachbarten Grethem,
umfangreiche Kali- und Salzvorkommen abge-
baut wurden. An diese Zeit erinnert noch der auf
halber Strecke nach Grethem an der L 191
liegende Bahnhof Gilten mit der historischen
Bahnhofsgaststätte und Scheune auf Grethe-
mer Gemeindegebiet. Einen größeren Einwoh-
nerzuwachs verzeichnete Gilten, das im 19.Jh.
konstant etwa 43 Hausstellen und drei adlig
freie, landtagsfähige Höfe (1858) beherbergte,
insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg und
zählt heute fast 400 Einwohner.
Ev. Kirche St. Paulus
Ihre exponierte Lage - am südwestlichen Ende
des Dorfes auf der gegenüber der Wiesenaue
von der nahen Alten Leine steil ansteigenden
Erhebung - lässt die Kirche (Kirchende), umge-
ben von ihren großzügigen, heute etwas kahlen
Friedhofsflächen, von fast jedem Punkt des Dor-
fes aus erkennen. Von Südwesten her gesehen
prägt sie das Ortsbild auch über größere Entfer-
nungen.
Der langgestreckte ost-west-gerichtete Baukör-
per fällt durch seine deutlich unterscheidbaren
Bauteile aus verschiedenen Epochen auf. Äl-
tester Teil ist der wohl noch aus romanischer
Zeit stammende und in Raseneisenstein errich-
tete wuchtige Westturm mit einer datierten
Wappentafel von 1518 der Familie von Gilten
sowie eine etwas ausgewaschene Kreuzigungs-
gruppe wohl aus dem 15.Jh. an der Westseite.
Seine Aufstockung mit den flachbogigen, ge-
kuppelten Schallöffnungen ist 1598 in Backstein
ausgeführt worden, während die hohe achtecki-
ge Pyramidenspitze erst 1849 in Metall erneuert
worden ist.
Der ebenfalls aus Raseneisenstein errichtete, in
die Landschaft weisende langgestreckte, poly-
gonale Chor ist laut Sandsteinepitaph derer von
Bothmer erst 1595 neu aufgeführt worden. Er
enthält schlichte, z.T. mit Rundbogen versehene
nachgotische Maßwerkfenster aus Sandstein.
Die auf 1566 datierte Südtür sowie die Nord-
wand mit der kreuzrippengewölbten Sakristei
von 1492 sind jedoch vom Vorgängerbau über-
nommen.
Das dazwischen liegende höhere und vorsprin-
gende Kirchenschiff besteht aus einem baro-
cken Fachwerksaal unter Satteldach, der 1766
auf massivem Sockel errichtet wurde und von
hohen segmentbogigen Fenstern belichtet wird.
In seinem Inneren ist der zeitgleich entstandene,
gut erhaltene Kieselmosaikfußboden mit kirch-
lichen Motiven sowie die polygonale hölzerne
Kanzel in barockem Stil erhalten. Die geputzte
Decke über den Längsseiten der U-förmigen
Empore ist flach und wölbt sich nur über dem
Mittelraum zur Tonne.
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