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Eckardt-Jassoy, Sophie
Beiträge zu einer Geschichte der Klangveränderungen altfranzösischer Vortonvokale vornehmlich in erster Silbe: aus Texten des Zeitraums von c. 1200-c. 1400 — Darmstadt: G. Otto's Hof-Buchdruckerei, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.57081#0048
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Beispiele dy’ve (capillos), dy’vey (clavicula) dy’vo (caballus)
bei Zeliqzon Z. R. Ph. XVII S. 422. Der Grammatiker Duez
(s. Thurot I, S. 158) führt ch’val und ch'min als gebräuchlich
an. Auch die Formen mit i leben mundartlich weiter, z. B.
chivron neben chevron, chivä = cheval im Wallonischen, nach
der Angabe bei Littre. Wie bei a vor einfachen Liquiden
fallen die Formen unter einen Gesichtspunkt [Vergl. §4,11],
Es handelt sich um in familiärer Rede entstandene Schnell-
formen, bei denen der Stimmton — dort des Liquiden,
hier des tönenden Spiranten — durch das Ohr verschieden
aufgefasst wurde, je nachdem er sich an seine Umgebung
assimilierte, oder das Wort im Redezusammenhang stärker
oder schwächer betont wurde. Es kann demnach nicht auf-
fallen, wenn Zeliqzon1 aus Sourbrodt tymni/ neben tyemixi
aus Doncols aber tyi/mi/ belegt und sowohl jimais, das Goerlich2
im burgundischen, wie jomous, das Bonnier3 in einem Soldaten-
brief des XIX. Jhs. belegt, sind erklärbar und verständlich.
Besonders lehrreich sind in dieser Hinsicht die Beispiele mit
ursprünglichen e vor, nach und zwischen Liquiden und
tönenden Spiranten, wo gelegentlich der entgegengesetzte
Vorgang eintritt und der Vortonvokal aus Gründen der Deut-
lichkeit in langsamer oder affektischer Rede um eine Stufe er-
höht wird. Etwas ähnliches ist täglich bei den Schaffnern
an Trambahnen zu beobachten, die einmal „b’setzt“, ein an-
deres mal „basetzt“ rufen.
III. Formen mit erhaltenen a in Wörtern wie chameau,
chanal, camin u. a. m. werden meist als lehnwortliche auf-
gefasst, immerhin wäre es möglich, dass das a sich unter
dem Einssuss der folgenden Nasalis4 eingestellt hätte oder er-
halten geblieben wäre. Auch vor folgendem l ist das freie a
hinter Palatal in auffälliger Weise erhalten geblieben, Bei-
1 Z.R.Ph. XVIIS. 422,10. 2 Erz. St. VIIS. 40. s Z.R.Ph.XV S.385.
4 Keuffer (s. S. 490) hält ein von ihm belegtes chamyn für einen
Versuch den Velarlaut wiederzugeben, da im ganzen Osten e und a + n
nicht aus einander gehalten würden. Doch ist diese Annahme nicht zu
verallgemeinern, da Bildungen wie kamin sich besonders häufig in pikar-
dischen Texten finden, wo mundartl. noch heute kamin gesprochen wird.
Man könnte besser annehmen, dass a unter dem Einssuss der folg. Nas.
von anfang an in gewissen Mundarten erhalten blieb.
 
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