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Herr» Graf's Reisetagebuch über Hamburg und Helgoland.
ist nämlich ein großer rother Flasterstein, wo an die Fordcr-
scitc weiter nichts als
MEYER
daran steht, wo man also ganz in das Dunkle bleibt, welcher
Meyer bannt gemeint ist, weil es so viele Millionen von
dieses alte Geschlecht gibt. Da bleibt man also in Zweifel,
ob dieser Meyer ist ein alter remischer General, oder ein
griechischer Rathsbcamter, oder ein Minister oder sonst ein
Etwas gewesen. Also hätte man doch die Firma etwas
dcitlicher sollen hinsctzen.
Dahingegen hat diese einfache Einrichtung auch wieder
ihr sehr Angenehmes, da man darunter alle Meyers von
Hamburg oder von die ganse Welt verstehen kann.
Mau kennte diese schöne Erfindung auch mit andere Na-
men cinrichtcn und solche Denkmäler mit die einfachen Namen
SCHMIDT, SCHULZE, MILLER, WOLFF u. s. w. machen
lassen, wo dann jeder Einzelne von diesen Namen gewiß gerne
einen kleinen Beitrag geben wirde.
Auf diese Weise thäte man das Angenehme mit das Nitz-
liche verbinden. ———
Ich habe es doch immer gesagt, daß wenn ein Geschebfe
auf die Welt ist nicht mit Schwimmheiden zwischen die Finger
und Zehen geboren, so soll er seine Nase nicht in das Wasser
stecke», weil dieses keine Balken nicht hat.
Aber da sind die Hamburger ganz anderer Ansicht und
gehören so recht unter die Wasscrnazioncn. Denn wenn cs
da nur ein bischen hibsches Wetter ist, so ziehen sie rothc oder
blaue oder gelbe Jacken an, betreten hieraus kleine Kähne und
nennen sich Rcgata, welches man eigentlich nicht weiß, was
dieses Wort bcdeitct. Dann rudern sic nun in diese jämmer-
lichten Nußschalen aus das Alsterbassäng hin und her mit eine
Schnelligkeit von hundert Pferdekräfte in die Sekunde, welches
so rasch geht, daß man cs gar nicht glaubt. Es kommt dabei
vor, daß sich diese Hamburger Alstcrniatrosen durch die Schnel-
ligkeit des Luftzuges alle Haare von den Köbfen herunter rudern.
Auch ist es schon bassirt, daß sie sich den Kahn haben durch
die große Geschwindigkeit selbst unter ihre eichenen
Beine und Sitzplätze weggerudcrt.
Der Anblick ist allerdings recht verlockend, allein
ich kann das Wasser niemals nicht so recht leiden,
weder als Getränke, »och sondern als um darauf
herum zu fahren. Aber Kohle hat in allen Sache» j
ein sehr voreiligtcs und vorlautes Gcmithe, darum
that er auch so lange an mir herumreden, bis ich ;
mich auch zu eine solche Wasserbartie entschloß. Wir I
bestiegen also so ein kleines Kähnechen, welches mit !
seinen Taufnamen Marijahne hieß, aber von einen
sehr wacklichte» Baustiel war, denn es fehlte nicht
viel, so wäre ich gleich bei den erste» Schritte darin
umgckibft. Kohle redete aber mir immer zu und
sagte, daß er das Rudern wollte schon ganz alleine
besorgen. Nun gab cs jedoch auch wieder einige Streitig-
keiten zwischen uns, nämlich von wegen das sogenannte
Steierruder, wodamit man das Ganse lenkt. Ich
sagte: daß dic>cs müßte hinten sein, wie bei den Fischen
der Schwanz, aber Kohle sagte: cs müßte imGegen-
theilc blos vorne sein, denn es thäte sonst Keinen nichts
nitzen, weil man cs hinten nicht sehen könnte.
Ich that nicht weiter deswegen streiten, sondern ich kauerte
mich an das andre Ende so fest als möglich an den Boden
hin, weil diese Mamsell Marijahne so sehr wackcligtcr Natur
war. Nun ging es loö, das heißt nämlich, es ging nicht los,
denn Kohle konnte mit seine zwei langen Ruder auch so sehre
auf das Wasser schlagen, als wie er wollte, so thatcn wir uns
doch blos in einen Greise rund herumdrehen, daß Einen
ordentlich übel werden that. Dahinzu kam nun noch, daß sich !
die gansen Schwäne von das Alsterbassäng um uns herum !
versammelten und sehr zudringlich werden thatcn, so daß ich !
immer mit meine beiden Feiste um mich hcrumschlagen mußte.
Welches doch auch von der Bolezci nicht sollte erlaubt sein,
sich so incomandiren zu lassen.
Nach ein mehrstindliche Anstrengung waren wir schon ge-
wiß auf dreißig Schritt von das Ufer, aber wir thaten uns
immer noch in eins fort rund herumdrehcn, so daß mir schon
ganz grinlich und gilblich vor die Augen wurde. Da fihrte
uns nun das Unglick gar noch ein andres Schiff in die Nähe,
welches Kohle nicht bemerkte und an dieses deshalb »»fahren
that, worauf cs nun einen Haubtlcrm gab. Denn die aus
den andern Schiff riefen immer in ihre grebliche Landcssbrache:
„Dummcrhaftc Kerls, ji fahrt ja öberstür, wollt Ihr von unser
Boot ab, schlagt backboort oder stürboort ein!"
Dieses verstand aber Kohle nicht und i» seiner Todes-
vcrzwciflung sbicste er nun gar mit das eine Ruder den andern
Regatlcr driben den Hut von den Kobf. Das war jedoch das
Sinknal zu unsre Vernichtung, denn nun gab der Andre driben
Kohlen mit sein Ruder einen solchen Rippenstoß auf den Kobf,
daß gleich unser ganser Kahn hinten cinsank und wir bis an
Herr» Graf's Reisetagebuch über Hamburg und Helgoland.
ist nämlich ein großer rother Flasterstein, wo an die Fordcr-
scitc weiter nichts als
MEYER
daran steht, wo man also ganz in das Dunkle bleibt, welcher
Meyer bannt gemeint ist, weil es so viele Millionen von
dieses alte Geschlecht gibt. Da bleibt man also in Zweifel,
ob dieser Meyer ist ein alter remischer General, oder ein
griechischer Rathsbcamter, oder ein Minister oder sonst ein
Etwas gewesen. Also hätte man doch die Firma etwas
dcitlicher sollen hinsctzen.
Dahingegen hat diese einfache Einrichtung auch wieder
ihr sehr Angenehmes, da man darunter alle Meyers von
Hamburg oder von die ganse Welt verstehen kann.
Mau kennte diese schöne Erfindung auch mit andere Na-
men cinrichtcn und solche Denkmäler mit die einfachen Namen
SCHMIDT, SCHULZE, MILLER, WOLFF u. s. w. machen
lassen, wo dann jeder Einzelne von diesen Namen gewiß gerne
einen kleinen Beitrag geben wirde.
Auf diese Weise thäte man das Angenehme mit das Nitz-
liche verbinden. ———
Ich habe es doch immer gesagt, daß wenn ein Geschebfe
auf die Welt ist nicht mit Schwimmheiden zwischen die Finger
und Zehen geboren, so soll er seine Nase nicht in das Wasser
stecke», weil dieses keine Balken nicht hat.
Aber da sind die Hamburger ganz anderer Ansicht und
gehören so recht unter die Wasscrnazioncn. Denn wenn cs
da nur ein bischen hibsches Wetter ist, so ziehen sie rothc oder
blaue oder gelbe Jacken an, betreten hieraus kleine Kähne und
nennen sich Rcgata, welches man eigentlich nicht weiß, was
dieses Wort bcdeitct. Dann rudern sic nun in diese jämmer-
lichten Nußschalen aus das Alsterbassäng hin und her mit eine
Schnelligkeit von hundert Pferdekräfte in die Sekunde, welches
so rasch geht, daß man cs gar nicht glaubt. Es kommt dabei
vor, daß sich diese Hamburger Alstcrniatrosen durch die Schnel-
ligkeit des Luftzuges alle Haare von den Köbfen herunter rudern.
Auch ist es schon bassirt, daß sie sich den Kahn haben durch
die große Geschwindigkeit selbst unter ihre eichenen
Beine und Sitzplätze weggerudcrt.
Der Anblick ist allerdings recht verlockend, allein
ich kann das Wasser niemals nicht so recht leiden,
weder als Getränke, »och sondern als um darauf
herum zu fahren. Aber Kohle hat in allen Sache» j
ein sehr voreiligtcs und vorlautes Gcmithe, darum
that er auch so lange an mir herumreden, bis ich ;
mich auch zu eine solche Wasserbartie entschloß. Wir I
bestiegen also so ein kleines Kähnechen, welches mit !
seinen Taufnamen Marijahne hieß, aber von einen
sehr wacklichte» Baustiel war, denn es fehlte nicht
viel, so wäre ich gleich bei den erste» Schritte darin
umgckibft. Kohle redete aber mir immer zu und
sagte, daß er das Rudern wollte schon ganz alleine
besorgen. Nun gab cs jedoch auch wieder einige Streitig-
keiten zwischen uns, nämlich von wegen das sogenannte
Steierruder, wodamit man das Ganse lenkt. Ich
sagte: daß dic>cs müßte hinten sein, wie bei den Fischen
der Schwanz, aber Kohle sagte: cs müßte imGegen-
theilc blos vorne sein, denn es thäte sonst Keinen nichts
nitzen, weil man cs hinten nicht sehen könnte.
Ich that nicht weiter deswegen streiten, sondern ich kauerte
mich an das andre Ende so fest als möglich an den Boden
hin, weil diese Mamsell Marijahne so sehr wackcligtcr Natur
war. Nun ging es loö, das heißt nämlich, es ging nicht los,
denn Kohle konnte mit seine zwei langen Ruder auch so sehre
auf das Wasser schlagen, als wie er wollte, so thatcn wir uns
doch blos in einen Greise rund herumdrehen, daß Einen
ordentlich übel werden that. Dahinzu kam nun noch, daß sich !
die gansen Schwäne von das Alsterbassäng um uns herum !
versammelten und sehr zudringlich werden thatcn, so daß ich !
immer mit meine beiden Feiste um mich hcrumschlagen mußte.
Welches doch auch von der Bolezci nicht sollte erlaubt sein,
sich so incomandiren zu lassen.
Nach ein mehrstindliche Anstrengung waren wir schon ge-
wiß auf dreißig Schritt von das Ufer, aber wir thaten uns
immer noch in eins fort rund herumdrehcn, so daß mir schon
ganz grinlich und gilblich vor die Augen wurde. Da fihrte
uns nun das Unglick gar noch ein andres Schiff in die Nähe,
welches Kohle nicht bemerkte und an dieses deshalb »»fahren
that, worauf cs nun einen Haubtlcrm gab. Denn die aus
den andern Schiff riefen immer in ihre grebliche Landcssbrache:
„Dummcrhaftc Kerls, ji fahrt ja öberstür, wollt Ihr von unser
Boot ab, schlagt backboort oder stürboort ein!"
Dieses verstand aber Kohle nicht und i» seiner Todes-
vcrzwciflung sbicste er nun gar mit das eine Ruder den andern
Regatlcr driben den Hut von den Kobf. Das war jedoch das
Sinknal zu unsre Vernichtung, denn nun gab der Andre driben
Kohlen mit sein Ruder einen solchen Rippenstoß auf den Kobf,
daß gleich unser ganser Kahn hinten cinsank und wir bis an
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Herrn Graf's Reisetagebuch über Hamburg und Helgoland"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 27.1857, Nr. 648, S. 170
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg