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Die Hauptkirche Beatae Mariae Virginis in Wolfenbüttel — Forschungen der Denkmalpflege in Niedersachsen, Band 4: Hameln: Verlag C.W. Niemeyer, 1987

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HEINRICH MAGIRIUS

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148 Freiberg, Jakobikirche, Altar von Bernhard Ditterich,
1610.

149 Freiberg, Jakobikirche. Kreuzigungsszene aus dem Mit-
telfeld des Altars.

die zusätzliche Marmorierung der Säulen und Ge-
simse sowie die Lüsterungen von edelsteinartigen
Einsätzen. Was hier Personalstil Bernhard Ditte-
richs ist oder was dem Wunsch des Auftraggebers
entsprach — der Altar ist den Traditionen des
16. Jahrhunderts weit mehr verhaftet als der Altar
von Strehla —, ist schwer zu entscheiden. Auffällig
ist immerhin, daß Bernhard Ditterich an anderen
Altären wie dem in Kleinschirma/Krs. Freiberg
von 1614 und an dem um 1614 bis 1618 für Prag ge-
arbeiteten und 1623 in Wolfenbüttel auf gestellten
Altar Lehren aus den Innovationen des Strehlaer
Altars gezogen hat. Andererseits ist deutlich, daß
Bernhard Ditterich bei dem großen Auftrag für
Prag offenbar monumentalen Ansprüchen zu ge-
nügen trachtete. Dafür spricht der vereinfachte Ge-
samtaufbau, den das Onament nicht überwuchert,
sondern umspielt. Den Figuren wird ein größerer
Eigenwert verliehen. Aus dieser Beoachtung
möchte man schließen, daß sich Bernhard Ditterich
hiermit den großen Werken Nossenis und seiner
Schule gewachsen zeigen möchte. Historisch ist
das allerdings nicht so sicher belegbar. Wenn Nos-
seni 1612 an der Spitze des Dresdner Bildhauer die
Ditterichs erneut in ihre Schranken als bloße
„Schnitzer“ wies,13’ heißt das zwar nicht, daß er sie
als Bildhauer nicht schätzte. Er hätte ihnen aber
gewiß nicht fast gleichzeitig ein in Marmor zu ferti-
gendes Altarwerk vermitteln wollen. So hat man
sich in Prag wohl bald für ein Altarwerk in Holz

entschieden. Für ein solches Werk kommt aber
eine unmittelbare Mitwirkung Nossenis nicht in
Betracht. Wenn Bernhard Ditterich 1614 „böhmi-
schen Herren“ die Freiberger Fürstengruft zeigte,
für die er einen Auftrag übernahm, so ist anzuneh-
men, daß zu dieser Zeit bereits mit ihm der Kon-
trakt zur Fertigung des Altars bestand, möglicher-
weise aufgrund der Vermittlung Nossenis.14’ Au-
ßer der Fürstengruft in Freiberg konnten der Altar
der Sophienkirche in Dresden von 1606/1608 — die
Plastiken gehen auf Sebastian Walther und Chri-
stoph Walther IV. zurück — und der Altar von der
Schloßkirche der Lichtenburg in Prettin — 1611/
1612 von Nosseni und Sebastian Walther — Vorbil-
der bei der Bewältigung vor allem des Figürlichen
sein. Die gleichsam szenische Repräsentation der
Kreuzigungsgruppe in einer Ebene vor der eigent-
lichen Architektur des Wolfenbüttler Altars erin-
nert an die Stellung des Altarkreuzes vor der Epi-
tapharchitektur der Freiberger Fürstengruft. Für
die Gruppe selbst ist offenbar die pathetische
Kreuzigungsgruppe der Lichtenburg das Vorbild
gewesen, ohne daß dem Schnitzer geglückt wäre,
die eigengesetzliche Körperlichkeit der Steinfigu-
ren Sebastian Walthers zu erreichen. Im Vergleich
der Details der Werke der Ditterichs mit denen
Nossenis wird aber auch deutlich, daß die Ditte-
richs von der Eleganz und Feinheit dieser Skulptu-
ren und der „Fürstengruft“ beeindruckt gewesen
sein müssen. Ihre Meisterschaft auf diesem Gebiet

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