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Die Hauptkirche Beatae Mariae Virginis in Wolfenbüttel — Forschungen der Denkmalpflege in Niedersachsen, Band 4: Hameln: Verlag C.W. Niemeyer, 1987

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KLAUS RENNER

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221 Gruftgewölbe im nördlichen Seitenschiff.

die alte herzogliche Grablege sowie die Gewölbe
der Grüfte sichtbar, die in der zweiten Hälfte des
17. Jahrhunderts bei den Unterfangungsarbeiten
im Bereich der Pfeiler entstanden waren und die zu
einem Bestandteil der an anderer Stelle beschriebe-
nen archäologischen Spurensicherung wurden.8'
Nähere Untersuchungen ergaben, daß die Ge-
wölbekappen an einigen Stellen durch Emporen-
stützen punktförmig belastet waren und dadurch
die Standsicherheit von Emporen und Gewölben
gefährdet wurde. Die Gewölbescheitel der Pfeiler-
umgangsgrüfte ragten außerdem in die neue Fuß-
bodenkonstruktion. Diese Zwänge erforderten
den Abbruch der aus Ziegelsteinen gemauerten
Gewölbekappen und den Einbau einer Stahlbeton-
decke, die sowohl für die Emporenstützen als auch
für alle übrigen Fußbodenbereiche eine einwandf-
reie Tragfähigkeit gewährleistet. Lediglich das aus
Natursteinen gemauerte Gewölbe der alten
herzoglichen Gruft blieb unversehrt.
Im nordwestlichen Seitenschiff war bereits in
den dreißiger Jahren dieses Jahrhunderts ein Hei-
zungskeller eingebaut worden. Die hier vorhande-
nen Grüfte wurden damals beseitigt und die Ge-


222 Punktweise Belastung des Gruftgewölbes durch Empo-
renstütze.

beine umgebettet. Zuletzt beheizte den Innenraum
eine ölbefeuerte Umluftheizung, die jedoch wegen
ihrer unzureichenden Luftführung eine unter-
schiedliche und für die hölzernen Ausstattungs-
stücke wie für die Orgel eine gefährliche Behei-
zungsart darstellte. Die Planungen für die Hei-
zungsverbesserung gingen zunächst von einer Fuß-
bodenumluftheizung aus, um ein möglichst opti-
males Raumklima zu erreichen. Aus Kostengrün-
den und wegen der beschriebenen Grabgewölbe
mußte auf die reine Umluftheizung mit einer ver-
besserten Warmluftführung unter Einbeziehung
einer elektronischen Regelung ausgewichen wer-
den. Bei der Führung der vorgefertigten Heiz-
kanäle, die bis in den Chorraum reichen, konnte
auf die Grüfte Rücksicht genommen werden. Die
Beheizung des Kessels wurde von Heizöl auf Stadt-
gas umgestellt. Auch für die Überspannung der
breiten Heizkanäle erwies sich die Fußbodenkon-
struktion aus Stahlbeton als notwendig. Darüber
wurde ein wärmedämmender Estrich mit hohem
Porenanteil in den Zugschlagstoffen gelegt, der den
Transport von Feuchtigkeit aus dem Untergrund
in Dampfform gewährleistet, jedoch in Tropfen-
form verhindert. Insofern konnte unter Verzicht
auf eine Feuchtigkeitssperre unter dem Mörtelbett
des Oberbelages ein Feuchtigkeitsregulativ er-
reicht werden.
Die im 19. Jahrhundert angelegten Chorstufen
mit einer ungünstigen Verkröpfung um den 1830
aufgestellten Vierungsaltar wurden geringfügig ge-
ändert und in Anpassung an das übrige Raumge-
füge leicht in das Mittelschiff vorgezogen. 218
Zur Restaurierung der Wände, Pfeiler und Ge-
wölbe mußte eine Totaleinrüstung des Innenrau-
mes erfolgen. Danach setzte eine gründliche Un-
tersuchung der Farbfassungen früherer Epochen an 133
allen Baugliedern ein. Aus dem Ergebnis entstand
das Konzept des Instituts für Denkmalpflege zur
farblichen Restaurierung. Am 28. Oktober 1982
stimmte der Kirchenvorstand dem Vorschlag zu,
nicht — wie zunächst beabsichtigt — die Farbfas-
sung der letzten großen Renovierung von 1889 zu
restaurieren, sondern aufgrund der Befundlage und
der geringeren Kosten die Raumpolychromie des
17. Jahrhunderts wiederherzustellen.
Vorher mußte allerdings das Natursteinmauer-
werk auch auf den Innenseiten überholt werden,
beschädigte Quader waren steinmetzmäßig aufzu-
arbeiten, gerissene und abgesackte Steine in den
Fensterbögen kraftschlüssig zu verankern, das ge-
samte Fugennetz von schädlichen Zementverfu-
gungen und losen Teilen zu befreien und mit einen
homogenen Mörtelmaterial neu zu verfugen.
Ein unvorhergesehenes Schadensbild trat an den
Turmpfeilern im Bereich des Orgelgehäuses auf.
An bisher weitgehend unzugänglichen Stellen wur-
den schalenartige Steinablösungen entdeckt, die

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