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Flechsig, Eduard
Albrecht Dürer: sein Leben und seine künstlerische Entwickelung (2. Band) — Berlin: G. Grote'sche Verlagsbuchhandlung, 1931

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https://doi.org/10.11588/diglit.30442#0163

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Die Landschaften

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tina L. V, 463—465, an die Maria mit den vielen Tieren von 1503 in
Paris L. VI, 709, an die bekanntere in der Albertina L. V, 460. Etwas
fremdartig wirkt die Zeichnung trotzdem für Dürer. Ich setze sie, in
Ermanglung genauerer Anhaltspunkte, in das Jahr 1500.
Legt man neben den Trockensteg die Ansicht des Dorfes
Kalchreut in Bremen L. II, 105, so wird es einem fast schwer zu
glauben, daß diese von demselben Künstler sein soll. Auch hier, wenn
man will, eine aquarellierte Federzeichnung. Aber welch ein Unter-
schied! Der Trockensteg hätte schon fertig gewirkt als bloße Feder-
zeichnung, ohne die Farbe, hier aber ist die Farbe alles, die Feder-
zeichnung verschwindet ganz, sie hat nur die nötigsten Formen an-
gegeben, wie bei anderen Landschaftsaufnahmen der Metallstift. Ich
finde in keiner Beschreibung des Blattes diese Federvorzeichnung er-
wähnt, Lippmann spricht nur vom Pinsel, er sieht sogar auf dieser
reinen Sommerlandschaft hinten auf den Bergen Schnee. Über diese
Federvorzeichnung ist der Pinsel in großen, breiten Flächen hinweg-
gefahren, alles Detail ist vermieden. Viele Jahre müssen zwischen
dem Trockensteg und der Ansicht von Kalchreut liegen. Die Zeichnung
ist ohne Beispiel in Dürers Schaffen, und darum ist es so schwer, sie
an die richtige Stelle in seiner Entwicklung zu setzen. Nur die Schrift-
formen des Namens Kalkrewt könnten etwas Greifbares bieten, tun es
aber nicht, da gerade Buchstaben darin Vorkommen, die sich in den
letzten 25 Jahren, aus denen wir Schriftproben von Dürer haben, fast
gar nicht verändert haben. Das 1 und k kämen allein in Betracht.
Dann aber der allgemeine Charakter der Schrift, der zierlich genannt
werden darf. Jedenfalls ist es nicht die Schrift der 20er Jahre, am
wahrscheinlichsten die um 1510. So setze ich auch die Ansicht von
Kalchreut bis auf weiteres an.
Deckt man die untere Hälfte des Blattes zu, so hat man dieselbe
Landschaft, wie auf der Berliner Zeichnung I, 14, nur daß der Stand-
punkt des Malers bei dieser höher liegt und etwas nach der Seite ver-
schoben ist. Dargestellt ist das Tal bei Kalchreut, eine weite
Fernsicht in reiner Pinselzeichnung, also technisch ganz abweichend
von der Bremer Ansicht des Dorfes. Ich sehe keinen Grund, trotz ihrer
verschiedenen farbigen Erscheinung, die das Ergebnis der verschie-
denen Technik ist, die beiden Landschaften voneinander zu trennen.
Die Art, wie auf beiden Blättern die oberen Umrisse der Baumkronen
im Vordergrund rechts mit dem Pinsel so leicht und frei gezeichnet
sind, als wäre es mit der Feder oder dem Stift, ist ganz dieselbe, ein
 
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