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Fürbringer, Max
Untersuchungen zur Morphologie und Systematik der Vögel: zugleich ein Beitrag zur Anatomie der Stütz- und Bewegungsorgane ; mit 30 Tafeln (Band 2): Allgemeiner Theil, Resultate und Reflexionen auf morphologischem Gebiete, systematische Ergebnisse und Folgerungen — Amsterdam, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.15181#0038

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864

Cap. 5. Fascien, Apori eur osen, Sehnen, Ankerungen
und andere hierher gehörige Gebilde.

A. Einleitende Bemerkungen.

Während im Vorhergehenden speciell diejenigen bindegewebigen Bildungen behandelt wurden,
welche in erster Linie die Bedeutung haben, Skelettheile zu verbinden, zeigen die jetzt zu be-
sprechenden Gebilde das Gemeinsame, dass hier die Beziehungen zur M u skulat u r das Vornehmste,
das Maassgebende sind. Eine scharfe Scheidung beider Bildungen ist gleichwohl nur begrifflich
durchführbar. Die Natur in ihrem Reichthume feinster Nuancirungen zeigt die mannigfachsten
Übergänge zwischen beiden.

Interstitielles, ursprünglich indifferentes Bindegebe füllt alle Lücken zwischen dem Skelete nebst
den Ligamenten, der Muskulatur, den Gefässen, Nerven und der Haut und repraesentirt ein alle
diese Theile unter einander verbindendes Element von wechselnder Ausbildung. Diejenigen
Easerzüge, welche die Muskulatur zusammenhalten und umhüllen, werden zu E a s c i e n , die-
jenigen, welche die Anheftungen an das Skelet (oder an sonstige Ursprungs- und Insertionsstellen
vermitteln, werden zu Aponeurosen und schliesslich zu Sehnen. Letztere treten mit den
Enden der Muskelfasern wie mit dem Perioste des Skeletes in einen sehr innigen und festen
Zusammenhang; da sie von der Zugrichtung der sich contrahircnden Muskelfasern beherrscht
werden, entwickeln sie sich zu straffem Bindgewebe, dessen Eibrillen in der Richtung der Muskel-
fasern, also longitudinal verlaufen. Das die Eascien constituirende Bindegewebe dagegen verbin-
det sich nicht mit den Enden der Muskelfasern etc., sondern umhüllt dieselben in ihrer ganzen
Länge, und da eine feste Umschnürung die Muskulatur in ihrer Contraction hindern würde, so
muss diese Umhüllung eine minder feste, das Bindegewebe zugleich ein an elastischen Elementen
reicheres sein. Nur da, wo grössere Muskeln oder Muskelgruppen umhüllt werden und wo die
sich bei der Contraction verdickende oder die Tendenz zum Auseinanderweichen zeigende Musku-
latur in kräftigerer Weise auf das umhüllende Bindegewebe reagirt, bilden sich in diesem deutlichere
Lagen und bestimmtere und festere Züge aus, die natürlich einen zu der Richtung des Muskels
senkrechten, meist transversalen, ringförmigen Faserverlauf zeigen. Erst dann kann man von
Eascien im engeren Sinne des Wortes sprechen l), während die primitiveren bindegewebigen Gebilde
zweckmässig unter dem Namen interstitielles, intermuskuläres Bindegewebe zusammengefasst
werden. An ihrer Conhguration nehmen natürlich nicht allein die Muskeln, sondern alle anderen
durch sie verbundenen Weichtheile Antheil. Wie die Muskelfasern, werden auch die Sehnen
durch Bindegewebe verbunden resp. umhüllt; hier wird die Verbindung im Ganzen eine festere
sein; sie kann aber auch da, wo es sich namentlich um die gesonderte Wirkung der einzelnen
Sehnen handelt, eine ganz besonders lockere, mit partieller Gewebstrennung und Verflüssigung
Hand in Hand gehende werden (synoviale Sehnenscheiden, Synovialbeutel etc.). Selbstverständlich
stehen alle Fascien auch mittelbar oder unmittelbar mit dem Skelete im Zusammenhang und an
den muskelarmen Strecken wird derselbe besonders deutlich in Erscheinung treten. Sie bilden
somit Bänder, welche aber zum Unterschiede von den speciell die Knochen verbindenden und von
den Muskeln bedeckten Ligamenten über die Muskeln und Sehnen hinwegziehen und diese in-
direct an das Skelet anheften.

*) Bardeleben beschränkt den Begriff der Fascien noch mehr, indem er als solche nur diejenigen Ge bildebe-
zeichnet sehen will, an welchen Muskeln inseriren. Ich vermag ihm darin nicht zu folgen. So sehr ich auch hin-
sichtlich der ausserordentlichen Verbreitung dieser Verbindung von Muskel und Pascie mit ihm übereinstimme, kann
ich darin doch nichts Integrirendes und Unerlässliches für den Begriff Fascie erblicken. Nach der Definition
Barbeleben's würden z. B. die sogenannten Ligg. carni dorsale, annulare, vaginalia der Finger und Zehen etc.
von dem Begriffe der Fascien auszuschliessen sein.
 
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