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Fürbringer, Max
Untersuchungen zur Morphologie und Systematik der Vögel: zugleich ein Beitrag zur Anatomie der Stütz- und Bewegungsorgane ; mit 30 Tafeln (Band 2): Allgemeiner Theil, Resultate und Reflexionen auf morphologischem Gebiete, systematische Ergebnisse und Folgerungen — Amsterdam, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.15181#0068

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894

Sehr häufig hängen Sehnen verschiedener Muskeln durch schwächere oder stärkere Sehnen-
fascikel (T endin es c o mmun ic a n t e s s. Copulae s. Vincula tendinnm) ') mit einander
zusammen, ein Verhalten, das wohl in der Mehrzahl der Fälle eine unvollständige Sonderung
ausdrückt, nicht so selten aber auch durch secuudäre Verbindung ursprünglich getrennter
Gebilde entstanden ist.

Beispiele.

Sehne, Te n d o, Teuon.

1. Autogene Sehne: Mehrzahl der Sehnen.

2. Taeniogene Sehne: Zahlreiche Sehnen.

3. Paraten ontoge n e Sehne: Zweiter Ursprungszipfel des M. rectus femoris der Sänge-
thiere etc.; Humeraler Kopf des Biceps brachii der Carinaten etc. etc.

4. Perimysiogene Sehne: Zahlreiche und höchst wechselnde Fälle von Sehnenverlänge-
rung bei sich rückbildendem Muskelbauche (z. B. die Sehne der Mm. palmaris longus,
omohyoideus etc. etc.).

Tendo lata. Eine einfache gleichmässige Lage bildend: Aponeurosen der breiten Bauchmuskeln
und der meisten anderen breiten Muskeln des Menschen etc.; Propatagialis brevis der Anseres,
Gruidae, Galli etc. etc. — In schwächere und kräftigere Züge differenzirt: Propatagialis brevis
der Colymbidae, Steganopodes, Accipitres, Psittaci etc. — In schlanke Sehnen gesondert: Pro-
patagialis brevis der meisten Vögel.

Tendo s. str. s. T. coartata: Sehnen der dickeren Muskeln.

Tendines communicantes (Copulae s. Vincula tendinum) 2): Verbindungen der Strecksehnen
an Hand- und Fussrücken, der langen Beuger an Vorderarm und Hand, der Sehnen des Flexor
hallucis longus und Flexor digitorum communis longus in der Fusssohle 3); der Zusammenhang
der gleichen Muskeln am Fusse der Vögel etc. etc., die Verbindung der Sehnen der Mm. lum-
bricales und interossei mit den Dorsalaponeurosen der Finger und Zehen, Verbindung der Sehne
des M. ambiens mit dem M. flexor perforatus bei vielen Vögeln.

B. Die Muskulatur und ihr Verband mit dem Nervensystem.

Cap. 8. AIlg-emeines.

In dem vorhergehenden Abschnitte ist zu wiederholten Malen der Bedeutung des Muskel-

*) Diese Vorkommnisse fallen in die von Welcker als Conjugatio musculorum bezeichnete Kategorie. Andere
Autoren, z.B. Garrod und Gadow, nennen die bezüglichen Gebilde „Vincula tendinum" (nicht zu verwechseln mit der
gleichen von anderen Autoreu für die Fila nutritiva gebrauchten Bezeichnung). Testut führt sie als vFaisceaux
anastomotiques" auf.

2) Diese Gebilde bieten hinsichtlich ihrer genetischen Bedeutung ein besonderes Interesse dar; doch sind wir von
einer Entscheidung der Frage, was hier primärer Zusammenhang, was secundäre Vereinigung ist, noch weit ent-
fernt, wenn auch manche sehr anerkennenswerthe Versuche in diesem Sinne (z. B. von Testut) gemacht worden
sind. Mir scheint bei den erst angeführten Beispielen ein mehr primärer Zusammenhang, bei den letzten eine
mehr secundäre Verbindung vorzuliegen; Sicherheit kann nur durch eine gründliche Untersuchung gewonnen
werden. — Dieser Kategorie reiht sich übrigens die Verbindung zweier ursprünglich ganz heterogener Muskel-
biiuehe durch eine Zwischensehne (verschieden innervirte Mm. digastrici, z. B. der M. digastricus mandibulae, M.
ambiens-flexor perforatus vieler Vögel, M. pectoralisanconaeus coracoideus der Oceanitidae cf. p. 712. 713 etc. etc.) an.

3) Diese Verbindung ist von den menschlichen Anatomen mit besonderer Vorliebe behandelt worden (vergl. die
mehr oder minder umfangreichen Veröffentlichungen von Wood, Turner, F. E. Schulze, Gies, Macalister,
Testut u. A.). Bei den Vögeln haben namentlich Sundevall und Garroü die bezügliche Verbindung untersucht
und in systematischem Sinne verwerthet (vergl. auch Gadow, Vögel).
 
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