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Fürbringer, Max
Untersuchungen zur Morphologie und Systematik der Vögel: zugleich ein Beitrag zur Anatomie der Stütz- und Bewegungsorgane ; mit 30 Tafeln (Band 2): Allgemeiner Theil, Resultate und Reflexionen auf morphologischem Gebiete, systematische Ergebnisse und Folgerungen — Amsterdam, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.15181#0146

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dig in das Gebiet des schwindenden Nachbars auszubreiten vermag ') und dass er zugleich, da
es sich hier um gleich functionirende Muskeln oder Muskelabschnitte handelt, mehr oder minder
vollkommen die Gestalt des degenerirenden Theiles repetirt. Es entsteht somit eine vica-
r i i r e n de Muskelbild ung, welche die Form der früheren imitirt und ihre Functionen
übernimmt, aber ihr nicht mehr homolog ist. Ich stimme somit Rüge vollständig bei,
wenn er den M. tibialis anticus und den medialen Theil des M. extensor hallucis longus von
Ornithorhynchus den gleichnamigen Muskeln der anderen Säugethiere nicht homolog erklärt, ver-
mag dagegen Cunningham's Einwände gegen diese Auffassung, sowie Gadow's Zweifel an der
unbeschränkten Bedeutung der Innervation nicht zu theilen. l ud wenn bei den Monotremen
der M. infraspinatus in dem 1. Falle vom N. suprascapularis, in dem 2. von diesem und von
dem N. axillaris und in dem 3. vom N. axillaris allein versorgt wird, so handelt es sich zwischen
1 und 2 oder 2 und 8 um incomplet nichthomologe, zwischen 1 und 3 aber um complet nicht-
homologe vicariirende Muskeln, für deren Ausbildung 2 den Schlüssel giebt; bei 1 ist der meta-
zonale, bei 3 der prozonale Antheil vollständig zurückgebildet. Ebenso ist ein vom N. cruralis
allein innervirter M. pectineus einem M. pectineus, der vom Nn. cruralis und obturatorius ver-
sorgt wird, nicht vollkommen gleichwerthig, indem dieser eine diazonale Portion besitzt, welche
bei jenem durch die höhere Ausbildung der prozonalen ersetzt wird.

Wenn die prozonale Muskulatur ein mehr stabiles oder zur Reduction neigendes Verhalten
darbietet, die metazonale dagegen durch erhöhte Aufgaben zu einer kräftigeren Ausbildung ver-
anlasst wird, so können oberflächliche Schichten der dorsalen und ventralen Abtheilung der letz-
teren eine selbständige und ansehnliche Entfaltung gewinnen, dabei gleichzeitig oberflächlich
über die prozonalen Muskeln hinweg nach vorn sich ausbreiten und vor (praeaxial von) der Extre-
mität in Berührung und selbst engere Verbindung treten. In dieser Weise schieben sich der
dorso-humerale und metazonale M. deltoides über den prozonalen M. infraspinatus und der ven-
tro-humerale und metazonale M. pectoralis über den prozonalen M. supracoraeoideus nach vorn
und kommen hier mit einander in Contact; es ist bekannt, dass Beide mitunter hier sehr innig
verbunden sind, und die oben erwähnten Variirungen in der gegenseitigen Vertheilung der Nn.
pectoralis (thoracicus anterior) und axillaris, von denen der erstere mitunter in das dorsale, der
letztere in das ventrale Gebiet greift, erklären sich durch die höhere Entwickelung des M. del-
toides auf Kosten des M. pectoralis oder durch die Ausbreitung des M. pectoralis in das Gebiet
des zurückweichenden M. deltoides Also auch hier ein V i c a r i i r e n der Muskeln, keinesfalls
aber eine Vertauschung der Innervation.

C. Über die Verschiebung (Wanderung) der Extremitäten.

Die folgende Darstellung beabsichtigt keineswegs, ausführlicher auf die Frage von der Ver-
schiebung der Extremitäten längs des Rumpfes einzugehen. Eine breitere Ausführung der bereits
im Speciellen Theile mitgetheilten Untersuchungen würde eine überflüssige Wiederholung bedeu-
ten ; eine erschöpfende Behandlung der Materie aber muss von einer unendlich breiteren Basis
ausgehen, als in diesen Untersuclmngcn gegeben ist. Ich beschränke mich daher hier nur auf die
Besprechung einiger wenigen hierher gehörigen Punkte.

Des Speciellen mochte ich auch auf die Beschreibung der Mm. latissimi dorsi (p. 533—563) hinweisen, aus

welcher hervorgeht, dass in gewissen Fällen der M. latissimus dorsi anterior sich auf den dorsalen Bereich der

Wirbelsäule beschränken, der M. latissimus dorsi posterior aber selbst auf den cervicalen übergreifen kann, — also
förmliche l 'berkreuzungen.
 
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