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Fürbringer, Max
Untersuchungen zur Morphologie und Systematik der Vögel: zugleich ein Beitrag zur Anatomie der Stütz- und Bewegungsorgane ; mit 30 Tafeln (Band 2): Allgemeiner Theil, Resultate und Reflexionen auf morphologischem Gebiete, systematische Ergebnisse und Folgerungen — Amsterdam, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.15181#0710

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1536

um eine ernstliche systematische Verwerthung zn gestatten. Vielleicht, dass diese Methode
der genealogischen Vergleichnng später, wenn neue glückliche Funde uns eine ausreichendere
Kenntniss von Kopf, Brustgürtel Brustbein und Becken erschlossen haben werden, bessere
Resultate erzielen mag; zur Zeit müssen wir uns bescheiden und auf speciellere Anknüpfungen
verzichten. Es ist möglich, dass Archaeopteryx einen directen Ahnen gewisser noch lebender
Vögel darstellt, wenigstens finde ich in ihrer mir bekannten Configuration, wie bereits betont,
keinen Charakter, der eine solche Ableitbarkeit definitiv ausschlösse, — es ist aber ebenso gut
auch möglich, dass sie einem längst ausgestorbenen Zweige angehört.

Dass Archaeopteryx unter den bis jezt bekannten Vögeln den primitivsten Typus darstellt
der sich durch seine niedrigere Organisation (durchgehende Amphicoelie der Wirbel, kurzes
Sacrum, Schwanz, Bippen, Hand, Fibula, beginnende Ausbildung der Brimarien 3), intermaxillare
Bezahnung) 4) den anderen bekannten Vögeln gegenüberstellt, wurde bereits zur Genüge hervor-
gehoben. Gern wird man Haeckel (1866) zustimmen, der sie zum Vertreter der Saururae
erhob und ihr damit einen von allen anderen Vögeln, den Ornithin'ae, getrennten Flatz
anwies. Es sei aber hier nochmals hervorgehoben, dass es sich hierbei vorwiegend um graduelle
Differenzen handelt, dass aber der Nachweis einer fundamentalen qualitativen Verschiedenheit
noch nicht gegeben worden ist und dass darum die genealogische Absonderung der Saururae von
den Ornithurae nicht als eine endgültige betrachtet werden kann.

Cap. 6. Die grösseren Vogelabtlieilung-en und ihr g-eg-enseitig-er
Verband. Versuch eines genealogischen Vog-elsystemes.

(Mit Tabelle XU und IUI, sowie Taf. XXV11 — XXX).

A. E i n l e i t e x des.

Im Folgenden soll versucht werden, auf Grund der ausführlichen Behandlung des vorher-
gehenden Capitels, die einzelnen Familien der Vögel in systematischen und genealogischen
Verband zu bringen und zu Abtheilungen höheren Ranges zu summiren. Als solche dienen.

!) Samentli-ch die Unkenntniss des Coracoides erweist sich als ein sehr unangenehmer Mangel. Struthio auf der
einen Seite und die anderen Vögel auf der anderen zeigen, wie grosse und bedeutsame Differenzen selbst bei den
lebenden Formen noch existiren. Die Gestalt der Furcula von Archaeopteryx macht übrigens ein Struthio-ähnlicbes
Coracoid bei unserem Saururen nicht sehr wahrscheinlich.

2) Doch sei nicht übersehen, dass Struthio nicht in seiner Totalität, aber in vereinzelten Zügen (z. ß. Coracoid)
Zustände darbietet, die vielleicht nicht minder primitive, möglicher Weise noch primitivere sind als bei Archaeo-
pteryx. Ob diese Vermuthungen richtig sind, kann jedoch erst durch weitere Archaeopteryx betreffende Funcle
entschieden werden.

3) Die geringere Zahl der Primarien [6—7 bei Archaeopteryx gegenüber IC resp. 18 bei Struthio, 12 resp. 14
bei lihea, 9 resp. 10—12 bei den Carinaten] scheint a priori nicht für ein primitives Verhalten zu sprechen, da
bei den anderen Vögeln die Zahl derselben im Allgemeinen mit der Entwiokelungshöhe abnimmt. Ich vermuthe,
dass bei Archaeopteryx auch eine grössere Zahl von ttandfedern der Hand sich fand, dass aber von diesen eine
unbestimmte Anzahl vorderer noch nicht zu ansehnlicheren Contourfedern ausgebildet war und daher nur die hin-
teren ß—7 als deutlichere Schwungfedern in Erscheinung traten. Auch bei Struthio und Bhea fand ich die vor-
dersten Federn (allerdings nur 2) noch recht wenig entwickelt (vergl. auch p. 1011 Anm. 3 und 1440 Anm. 5).

4) Bei Ichthyornis ist noch nicht sicher entschieden, ob das Intermaxillare bezahnt oder bereits zahnlos gewor-
den war wie Letzteres bei Hesperornis der Fall ist.
 
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