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Fürbringer, Max
Untersuchungen zur Morphologie und Systematik der Vögel: zugleich ein Beitrag zur Anatomie der Stütz- und Bewegungsorgane ; mit 30 Tafeln (Band 2): Allgemeiner Theil, Resultate und Reflexionen auf morphologischem Gebiete, systematische Ergebnisse und Folgerungen — Amsterdam, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.15181#0170

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996

II. Abschnitt.

Systematische Ergebnisse und Folgerungen.

Ein nicht zu unterschätzender Gradmesser für die Bedeutung einer vergleichend-anatomischen
Arbeit liegt in ihrer Verwerthbarkeit für die Systematik. Zahlreiche comparative Untersuchungen,
darunter solche ersten Ranges, haben sich allerdings lediglich oder ganz vorwiegend morphologische
Aufgaben gestellt; in ihnen tritt das systematische Moment nur als ein ganz nebensächliches zu
Tage, — wenn auch nie übersehen werden darf, dass auf falschen systematischen Bahnen ein-
hergehende morphologische Folgerungen immer das rechte Ziel verfehlen werden. Bei anderen
vergleichenden Arbeiten verschiebt sich der Schwerpunkt der Aufgabe nach der taxonomischen Seite.

Zu den Letzteren möchte ich auch die vorliegende Untersuchung rechnen, deren allgemeinere
morphologische Bedeutung ich nach den früheren Erörterungen gewiss nicht zu hoch gestellt
habe. Dass behandelte Gebiet schloss von vorn herein und für immer sanguinische Hoffnungen
in dieser Hinsicht aus. Dagegen ergab sich bei dem weiteren Fortschreiten der Untersuchung eine
Zunahme der systematischen Ausbeute, die ursprünglich kaum von mir erwartet wurde, nun aber
zu einem tieferen Eradringen in die gestellte Aufgabe und zu einer immer weiteren Ausdehnung
der Beobachtungen veranlasste. Dieses Streben nach einer umfangreichen und sicheren Basis
möge als Entschuldigung für die unverhältnissmässige Breite dienen, zu welcher der Specielle
Theil angewachsen ist; hätte ich all das mitgetheilte Detail nicht für durchaus nöthig gehalten,
so würde ich es gewiss zurückgehalten haben.

Glaube ich somit, dass die mitgetheilten osteologischen, neurologischen und myologischen Unter-
suchungen eine Reihe brauchbarer Folgerungen gestatten, so liegt es mir doch fern, die Bedeutung
derselben zu überschätzen. In den durch sie geförderten anatomischen Merkmalen liegen syste-
matische Charaktere vor, welche gewiss von nicht geringem Werthe sind, aber eine durchaus pri-
vilegirte Stellung vor den zahlreichen anderen Kennzeichen, welche durch diese oder jene allge-
meiner durchgeführte Forschung gewonnen wurden, kaum beanspruchen dürften. Wenn sie
taxonomisch doch etwas mehr leisten als die meisten anderen mir bekannten Merkmale, so beruht
dies in erster Linie auf dem grösseren Umfange der vorliegenden Untersuchung, erst in zweiter
auf dem Quäle der untersuchten Organsysteme.

Es würde mir daher auch ein sehr bedenkliches Unterfangen erscheinen, auf sie allein ein
ornithologisches System aufzubauen; und wenn ich aus leicht begreiflichen Gründen mich in der
F'olge auch vornehmlich auf sie berufe, so möchte ich doch der Mithülfe nicht entbehren, welche
die übrigen morphologischen Verhältnisse und sonstigen Lebenserscheinungen der Vögel gewähren.

Die erste Aufgabe der folgenden Darstellung wird danach die sein, die Ergebnisse der bis-
herigen Forschungen und die damit gewonnenen systematischen Merkmale auf ihre taxonomische
Verwerthbarkeit zu prüfen, wobei sich auch die Gelegenheit ergeben wird, zahlreiche Resultate
eigener Untersuchung und Überlegung in die Darstellung einzuflechten und im Allgemeinen über
systematische Methode zu sprechen. Daran soll sich der Versuch einer systematischen Gruppirung
der einzelnen Familien und Ordnungen der Vögel anschliessen und endlich wird über die Ab-
stammung derselben aus dem gemeinsamen Sauropsidenstamme zu handeln sein.
 
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