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Fürbringer, Max
Untersuchungen zur Morphologie und Systematik der Vögel: zugleich ein Beitrag zur Anatomie der Stütz- und Bewegungsorgane ; mit 30 Tafeln (Band 2): Allgemeiner Theil, Resultate und Reflexionen auf morphologischem Gebiete, systematische Ergebnisse und Folgerungen — Amsterdam, 1888

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.15181#0579

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1405

Ähnlichkeiten mit den betreffenden Bildungen der Passeridae dar. Damit wird die hohe
Bedeutung der picinen Merkmale abgeschwächt, aber nicht beseitigt: eine Einreihung in die
Passeridae bei so charakteristischen Zügen, wie die Pscudoscines darbieten, würde den Thatsachen
Zwang anthun.

Ich bin somit geneigt, die Pseudoscines als besondere Abtheilung (Familie) zwischen
Pici und Passeridae zu stellen, und zwar in grösserer Entfernung von Erstcren als von Letzteren.
Zugleich aber erblicke ich in ihnen ein wichtiges Zwischenglied, welches den immerhin beste-
henden Gegensatz zwischen Pici und Passeridae ausgleichen hilft und sich damit meiner Auffas-
sung von der nahen Verwandtschaft dieser beiden Abtheilungen günstig erweist. Uber die
geographische Verbreitung der Pseudoscines in einem Gebiete, wo sich gerade die Pici nicht
rinden, sprach ich schon bei diesen (p. 14ul Anm. 2) und erblickte darin eine Art geographischer
Repraesentation, ohne übrigens auf diesen Umstand Gewicht legen zu wollen.

W. K. Parker hat auch auf die grössere Ähnlichkeit in der Gaumenstructur hingewiesen, welche
die Hemipodiidae und Menura verbindet; bei Beiden findet sich eine imperfeete Aegitho-
gnathie, wobei Menura in einzelnen Zügen selbst eine morphologisch tiefere Stelle einnimmt als
Hemipodius. Auch einzelne andere Charaktere bieten Berührungspunkte dar; doch sind dieselben
sehr wenig intimer Natur und allzu spärlich, um damit speciellcre Verwandtschaften begründen
zu können. Immerhin will ich diese Parallelerscheinungen nicht unterschätzen und bin nicht ab-
geneigt, in ihnen die letzten Andenken an eine in sehr früher Zeit bestandene nähere Nachbar-
schaft der Ancestralen beider Abtheilungen zu erblicken (vergl. auch p. 1249 f. sub Hemipodiidae).
An eine directe Ableitung der Mcnurinae von Hemipodius-artigen Vögeln ist aber nicht zu denken.

Einer ähnlichen Kategorie, aber mit noch geringerer Beweiskraft, gehört vielleicht das bei Gal-
linago scolopacina (cf. Wunderlich und p. 1089) beobachtete Vorkommen einer Syrinx-Musku-
latur an, welche in gewisser Beziehung an die betreffenden Bildungen bei den Pseudoscines erinnert.
Es kann sich hier lediglich um eine oberflächlichere Analogie handeln, es kann aber auch eine
Parallele vorliegen, welche — freilich in sehr mangelhafter Weise - auf eine ursprüngliche
Blutsverwandtschaft hinweist. In dieser Richtung scheint mir noch ein reiches Untersuchungs-
gebiet vorzuliegen welches bei genauerer Durcharbeitung manche wichtige Aufklärung ver-
sprechen dürfte; mir fehlten die geeigneten Objecte.

Die gegenseitige Stellung und den systematischen Rang der Men urinae und Atrichiinae
vermag ich nicht sicher zu bestimmen, da sich meine Untersuchungen nicht über Menura
erstreckten. Soweit ich nach Beobachtungen Anderer urtheilen kann, scheinen beide nahe ver-
wandte Subfamilien zu bilden ; doch ist auch möglich, dass ihnen ein höherer oder ein tieferer
Rang (als innig verwandte Familien oder als blosse Gattungen einer Subfamilie) zukommt.

59. Passeridae (Passeres)

Die Passeridae bilden die weitaus umfangreichste (aus etwa 6400 Speeies bestehende und
damit die Summe aller übrigen Vögel an Artenzahl übertreffende) Familie der Vogelclasse und

von derjenigen der echten Passeridae verläuft; aber das Verhalten ihrer Syrinxmuskulatur gewährt allerdings eine
interessante Parallele zu jenen ersten Differenzirungsstadien, die einstmals innerhalb der Passeridae zur Ausbildung
des oscininen fpolymyoden, diacromyoden) Syrinx geführt haben, deren directe Kenntniss uns aber noch fehlt.

') Vergleiche auch die von Gakkoii beobachtete kräftige Entwickelung der Kehlkopf-Muskulatur von Vanellus
•cayennensis.

*) Passeres, Passerinae der Autoren; Volucres Sundevall 1835; Coracomorphae Huxley; Aedor-
ninae Miene Edwards; Ose ine s Sindevall 1878. Keine dieser Umschreibungen entspricht genau den Passe-
ridae, wie ich sie nach Ausschluss der Pseudoscines auffasse. Bonaparte's Oscines weichen von diesem Begriffe
noch weiter ab, als die Oscines Sundevall's.
 
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