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Furtwängler, Adolf
Kleine Schriften (Band 2) — München, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.836#0139

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EIN WIRTSHAUS
AUF EINEM ITALISCHEN VASENBILDE

(MELANGES NICOLE 1905)

|0 or nicht langer Zeit tauchte im Kunsthandel, leider ohne Fundangabe,
das merkwürdige Gefäß auf, das hier abgebildet wird. [Jetzt in Frank-
furt a. M.] Es ist ein Trinkbecher (von 0,158 Höhe, von vorzüglicher
Erhaltung, ungebrochen) mit zwei hohen Henkeln und einem Fuß. Am untern
Ansatz der Henkel befindet sich je ein aus einer Form gepreßter, schwarz-
gefirnißter, unbärtiger Kopf von idealen unbestimmten Zügen und von rein grie-
chischem Typus im Stile des* vierten Jahrhunderts.

Doch so sehr diese Köpfe durchaus griechisch sind, so wenig ist es die
gemalte Dekoration. Sie ist ganz mit roter Farbe auf den schwarzen Firniß
aufgemalt, oder, genauer gesagt, sie ist mit dicker weißer Farbe aufgesetzt,
über welche eine dünne dunkelrote Lasurfarbe gelegt ist. Diese Technik ist
an und für sich durchaus nicht ungriechisch; es gibt attische Vasen genug, die
in dieser Weise bemalt sind. Allein hier läßt der Stil nicht den geringsten
Zweifel, daß die Malerei italisch ist und daß das Gefäß in die große Klasse der
besonders in Etrurien und Campanien häufigen Vasen mit rot aufgemalter Deko-
ration gehört.

Diese Klasse ist noch wenig studiert; die in Berlin befindlichen Stücke habe
160 ich in meinem Kataloge S. 966 ff., Nr. 3636 ff. zusammengestellt; und in den
Lokalsammlungen Etruriens und Campaniens habe ich mir Mengen von Gefäßen
dieser Technik in den verschiedenen lokalen Gruppen notiert. Die im Neapler
Museum befindlichen, zumeist aus Campanien stammenden Stücke dieser Technik
hat Patroni zusammengestellt,1 die im British Museum Walters.2

Allein das hier veröffentlichte Stück ist kein gewöhnliches. Unter den Ber-
liner Exemplaren kommt ihm am ersten nahe Nr. 3664, aus Nola, wo die unteren
Enden der Henkel ebenfalls mit schwarz gefirnißten, unbärtigen Reliefköpfen
geziert sind; doch ist die Form des Bechers eine andere und viel plumpere; die
rot aufgemalte Dekoration besteht nur aus Lorbeer und Mäanderornamenten.

1 Patroni, La ceramica antica nell' Italia meridionale (1897), S. 148 ff. [= Atti dell'
Accademia di Archeologia, Lettere e Belle Arti XIX, Neapel 1897].

2 Catalogue of vases, British Mus., IV (1896), S. 221.
 
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