ÜBER EINIGE BRONZESTATUETTEN VOM
RHEIN UND DER RHONE
(BONNER JAHRBÜCHER HEFT 90
Tafel II. III [= Tafel 35 und 36])
1. BRONZE DER SAMMLUNG FORST IN KÖLN
| ie auf Taf. II [35] in der Größe des Originales in drei Ansichten mit- 49
geteilte Statuette der Sammlung Forst in Köln1 gehört zu den ver-
hältnismäßig seltenen feineren kleinen Bronzen, welche kunstgeschicht-
liches Interesse haben. [Furtwängler, Sammlung Somzee, Text zu Tafel 32.]
Sie stellt einen bärtigen völlig nackten Mann dar, welcher mit der gesenkten
Linken einen Gegenstand umschloß, der jetzt verloren ist, während er seine Rechte
geöffnet vorstreckt. Der Daumen dieser Hand ist abgebrochen; er scheint etwas
nach dem Inneren der Hand zu bewegt gewesen zu sein. Der Zeigefinger ist
nach unten verbogen. Diese Haltung der Hand wird am passendsten durch die
Annahme erklärt, daß sie einst eine flache Schale trug, welche auf der Fläche
der Hand und den ausgestreckten Fingern ruhte, während der Daumen den Rand
derselben festhielt. Der Mann trägt langes Haar, dessen Enden jedoch um eine
Binde herum aufgerollt sind. Die Haare sind in langen welligen Linien gebildet
und zwar so, daß sie alle gleichmäßig vom Wirbel ausgehen. Nur die auf-
gerollten Enden sind vorne in der Mitte über der Stirne gescheitelt.
Sowohl diese Tracht wie diese Stilisierung des Haares sind charakteristisch
für die Epoche des strengen Stiles in der ersten Hälfte des fünften Jahrhunderts,
und zwar besonders für die peloponnesische Kunst dieser Zeit. Später ver-
schwinden sie allmählich beide. Die langen Haare werden nicht mehr so faden-
artig einförmig behandelt, sondern naturwahrer gebildet und auch die Mode der 50
aufgerollten Enden weicht mehr lockeren und freieren Anordnungen. Doch unsere
Statuette weist durch die Behandlung der Körperformen und auch die Bildung
des Gesichtes mit seinem geraden Profile vielmehr in die zweite Hälfte des
fünften Jahrhunderts. Hier können wir jene einfache Haarrolle an männlichen
1 Gefunden nach Angabe des Herrn W. Forst im Sommer 1886 in Köln an der
nördlichen Seite der Aachener Straße, etwa 150 Meter von der Ringstraße entfernt, an der
nämlichen Stelle, an welcher kurz vorher die B. Jahrbuch LXXXV S. 55 ff. besprochene
Senecabüste entdeckt ward.
RHEIN UND DER RHONE
(BONNER JAHRBÜCHER HEFT 90
Tafel II. III [= Tafel 35 und 36])
1. BRONZE DER SAMMLUNG FORST IN KÖLN
| ie auf Taf. II [35] in der Größe des Originales in drei Ansichten mit- 49
geteilte Statuette der Sammlung Forst in Köln1 gehört zu den ver-
hältnismäßig seltenen feineren kleinen Bronzen, welche kunstgeschicht-
liches Interesse haben. [Furtwängler, Sammlung Somzee, Text zu Tafel 32.]
Sie stellt einen bärtigen völlig nackten Mann dar, welcher mit der gesenkten
Linken einen Gegenstand umschloß, der jetzt verloren ist, während er seine Rechte
geöffnet vorstreckt. Der Daumen dieser Hand ist abgebrochen; er scheint etwas
nach dem Inneren der Hand zu bewegt gewesen zu sein. Der Zeigefinger ist
nach unten verbogen. Diese Haltung der Hand wird am passendsten durch die
Annahme erklärt, daß sie einst eine flache Schale trug, welche auf der Fläche
der Hand und den ausgestreckten Fingern ruhte, während der Daumen den Rand
derselben festhielt. Der Mann trägt langes Haar, dessen Enden jedoch um eine
Binde herum aufgerollt sind. Die Haare sind in langen welligen Linien gebildet
und zwar so, daß sie alle gleichmäßig vom Wirbel ausgehen. Nur die auf-
gerollten Enden sind vorne in der Mitte über der Stirne gescheitelt.
Sowohl diese Tracht wie diese Stilisierung des Haares sind charakteristisch
für die Epoche des strengen Stiles in der ersten Hälfte des fünften Jahrhunderts,
und zwar besonders für die peloponnesische Kunst dieser Zeit. Später ver-
schwinden sie allmählich beide. Die langen Haare werden nicht mehr so faden-
artig einförmig behandelt, sondern naturwahrer gebildet und auch die Mode der 50
aufgerollten Enden weicht mehr lockeren und freieren Anordnungen. Doch unsere
Statuette weist durch die Behandlung der Körperformen und auch die Bildung
des Gesichtes mit seinem geraden Profile vielmehr in die zweite Hälfte des
fünften Jahrhunderts. Hier können wir jene einfache Haarrolle an männlichen
1 Gefunden nach Angabe des Herrn W. Forst im Sommer 1886 in Köln an der
nördlichen Seite der Aachener Straße, etwa 150 Meter von der Ringstraße entfernt, an der
nämlichen Stelle, an welcher kurz vorher die B. Jahrbuch LXXXV S. 55 ff. besprochene
Senecabüste entdeckt ward.