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Die Gartenkunst — 8.1906

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Virchow, Ernst: Wilhelmsmühle in alter und neuer Zeit
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Zeitschriftenrundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.22778#0059

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VIII, 3

DIE GARTENKUNST

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von der Richtigkeit des Planes überzeugt hatte, im Jahre
1904 eine neue Pflanzung an Stelle der alten ausgeführt.

Hoffen wir, dal's spätere Generationen mit gleichem
Genüsse wie wir zuvor das Bild mit dem düstern Fichten-
rahmen bewundern werden und ihre Augen über Kaskaden,
Bassins und Fontänen hinauf lenken werden zu dem alten
Helden, der dort oben auf seiner Pyramide in behaglicher,
selbstbewußter Ruhe ein Bild krönt, welches wir nur dem
I mstande verdanken, dal's die phantastischen Pläne des
Architekten Guernieri nicht verwirklicht werden konnten.

Zeitschriftenrundschau.

Schnitze -Naumburg und der Biedermeierstil Im

„Kunstwart", Jahrg. 19, Heft 3, verteidigt sich Schultze-
Naumburg gegen die Unterstellung, als sei es ihm darum
zu tun, den ,,Biedermeierstil" wieder einzuführen. Es ist
ihm eben ergangen, wie manchem anderen, der eine gute
Sache verficht und nun von oberflächlichen Freunden und
versteckten Gegnern ein Schlagwort angehängt bekommt,
das geeignet ist, seinen Bestrebungen einen komischen
Anstrich zu geben.

Wenn wir auch nicht in allen Punkten mit Sch. N.
einverstanden sind — wir meinen, was er über Gärten
und Gartenkunst gesagt hat — so steht doch zweifellos
fest, dal's er durch seine Kritik am Garten ganz hervor-
ragend dazu beigetragen hat, eine Läuterung und künst-
lerische Neubelebung der Gartenkunst einzuleiten.

Wir haben von seinen „Gärten" schon wiederholt
gesagt, dal's wir jedem Gartenkünstler empfehlen möchten,
dieses Buch mindestens einmal im Jahre aufmerksam
durchzulesen.

Sch. X. verwahrt sich dagegen, ihn mit der im Kunst-
gewerbe und noch mehr im Überbrettl vorkommenden
Manier zu identifizieren, die mit dem anmutig-feinen Ge-
schmack der sogenannten Biedermeier-Zeit kokettiert,
um dabei das was man zu bewundern sich den Anschein
gibt, zu ironisieren. Er sagt:

„Wenn ich empfahl, sich beim Aufnehmen der Über-
lieferung an die Formen zu halten, deren innerer Sinn unserer
Zeit am nächsten steht, so mul'ste natürlich der Anfang des
19. Jahrhunderts, soweit damals auf unserem Gebiete selbst-
ständige Werte geschaffen wurden, in den Vordergrund rücken.
Denn es ist die uns zeitlich nächste Epoche, weiche die äufseren
Formen eines vergeistigten neuen Bürgertums geschaffen hat.
Wenn man heute immer wieder betont, was uns von der Zeit
unserer Grufsväter unterscheidet, so sollte man sich doch auch
endlich einmal gründlich auf das besinnen, was uns mit ihr
gemeinsam ist. Man wird dann mit Erstaunen erkennen, dafs
uns kein Abgrund von ihr trennt, und dafs besonders in bezug
auf unsere Lebensformen damals die Grundlagen festgelegt
wurden, die sich bis heute doch nur sehr wenig verschoben
haben."

Die Errungenschaften der neuesten Zeit sind nach
seiner Auffassung nicht so tief einschneidend, dal's dadurch
die Grundlage unserer ganzen Wohnkultur über den
Haufen geworfen werden müfsten. Den vorhandenen
Unterschied, soweit er nicht auf anderem Gebiete liege,

i

Schematische Darstellung der Kaskaden mit den von Hofg.
Virchow gepflanzteri Fichten im herangewachsenen Zustand.

künstlerisch zum Ausdruck- zu bringen, sei die Aufgabe
unserer Zeit.

„Wenn die Gegner unserer Bewegung den Fehler begehen,
die Kultur vom ersten Drittel des 19. Jahrhunderts gering ein-
zuschätzen, so begehen sie zugleich den zweiten Fehler, indem
sie uns nachsagen, dal's wir ausschliei'slich ein "Wiederanknüpfen
an jene verhältnismäl'sig kurze . Zeitspanne von 1815—35 be-
fürworten. Die „Tradition", auf der wir bauen können, ist ein
Gefüge, das in Jahrhunderten entstanden ist, dem allerdings
in den uns nächstliegenden Zeiten die für uns wichtige Gestalt
gegeben wurde. Aber sie bleibt ein organisches Ganzes, aus
dem unsere Zukunft lebendig herauswachsen mul's."

Wir können nicht an dieser Stelle den ganzen Inhalt
des Aufsatzes reproduzieren, wir führen nur einzelne be-
zeichnende Stellen an, um zu seinem Studium anzuregen,
möchten aber wörtlich aus dem Schlul'ssatz noch folgendes
anführen:

„Ich hülfe, dal's meine kurzen Andeutungen etwas dazu
 
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