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Die Gartenkunst — 8.1906

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Trip, Julius: Vortrag über Friedhofsanlagen in kleineren Städten mit Bezug auf einen der Stadt Einbeck überreichten Plan, [1]
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Einiges vom Walde und der Waldschönheitspflege: Vortrag im Gartenbauverein Darmstadt gehalten am 8. Dezember 1905
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https://doi.org/10.11588/diglit.22778#0016

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6

DIE GARTENKUNST

VIII, I

über don Eindruck der langen Reihen von Grabstätten auf
den breiten Flächen hinwegbringen. Die Regelmäfsigkeit
der Einteilung hat die Übersichtlichkeit über die Massen-
ansammlung von Grabstätten gleich beim Eintritt auf den
Friedhof zur Folge und das wenige regelmäl'sig verteilte
Grün kann uns darüber in keiner Weise hinwegtäuschen.

Aus solcher Erwägung heraus beschritt man einen
zweiten extremen Weg, den der rein landschaftlichen
Anlage der Friedhöfe. Man ging dabei von dem Gedanken
aus, die Anordnung von Anlagenpflanzungen und Grab-
flächen so zu treffen, dafs nach Belegung des Friedhofes
bezw. nach Schliefsung desselben allmählich ein Park
entstehen könne. So kam es, dal's die aus solchen Ge-
sichtspunkten angelegten Friedhöfe fast ganz die Formen
unserer öffentlichen landschaftlichen Anlagen" annahmen,
nur mit dem Unterschiede, dafs die Rasonflächen zur
Aufnahme von Reihengräbern und Erbbegräbnissen dienten
und Grabfelder mit einem häl'slichen Gewirr von Leichon-
steinen und ganz willkürlich bepflanzten Grabhügeln den
künstlerischen Zweck der Rasenbahnen übernehmen sollen.
Dafs solche Friedhofsanlagen in keiner Weise den Er-
wartungen entsprachen, welche man in sie gesetzt hatte,
liegt auf der Hand. Man erreicht auf diesem Woge nicht
mehr und nicht weniger, als dafs die schematischo frühere
Einteilung mit geometrischer Linienführung durchgekrümmte
Weglinien ersetzt wird. Eine Besserung gegenüber dem
Eindruck der alten regelmäl'sigen Friedhöfe konnte nicht
erreicht werden, weil das Prinzip dasselbe geblieben war
und nach wie vor die Übersichtlichkeit der weiten Gräber-
felder störend emfunden wurde.

Auch mit der gewii's lobenswerten Absicht, aus einem
solchen landschaftlichen Friedhofe in Zukunft einen Er-
holungspark entstehen zu lassen, hat man sich entschieden
versehen und einer Täuschung hingegeben!!

Denn selbst wenn man im Verlaufe eines halben Jahr-
hunderts nach Schliefsung des Friedhofes in diesem Sinne
weiter vorgehen wollte, wie es ja in manchen Städten auch
tatsächlich geschehen ist, so wird meines Erachtens doch
niemals im Volksbewufstsein die ursprüngliche Bestimmung
der Parkfläche vergessen; es wird im Sprachgebrauch,
man mag wollen oder nicht, immer „der alte Friedhof"
bleiben, abgesehen davon, dals es ein Mangel an Pietät
wäre, mit den Resten der Grabmonumente, namentlich der
künstlerisch hervorragenden, in einem beschleunigten
Tempo aufzuräumen, um das Ziel zu erreichen.

Man wird auch tatsächlich wohl niemals so weit gehen
und wird immer eine Anzahl wertvoller Monumente, Grab-
stätten berühmter Leute, angesehener Mitbürger in diesem
Park stehen lassen. Der Friedhof mufs eben Friedhof
bleiben und es mufs ein Weg gefunden werden, der die
Vorzüge der architektonischen und der rein landschaftlichen
Behandlung miteinander vereinigt.

Vor allen Dingen darf man dann bei der Anlage dos
Friedhofs nicht parkmäfsig denken, sondern mufs die
Formgebung, die allgemeine Anordnung dorn Bogriff' dos
Friedhofs unterordnen.

Die Hauptrücksicht, welche dabei leiten mufs, ist vor
allen Dingen möglichste Einschränkung des Gesichtsfeidos,

Einbettung kleiner Grabflächen in waldartiges Grün dor
Gesamtanlage und leichte Orientierung durch eine zweck-
mäfsige Wogeanlage, die man am besten durch Wechsel
von architektonischen und landschaftlichen Linien in der
Einteilung orreicht.

Vor allem ist jener vorfehlte Gedanke, an Stelle der
Rasenflächen dos Parkes Gräberfelder zu schaffen, aufzu-
geben, und da man schon aus rein wirtschaftlichen Gründen
auf das System der Reihengräber im allgemeinen nicht
wird verzichten können, so wird man diese auch im
modernen Friedhofe regelmäl'sig anordnen müssen. Dem-
gemäß wird die Haupteinteilung auch eine regelmäfsige
sein müssen und man wird die Aufgabe zu lösen haben,
Bäume und Gehölzmassen so zu verteilen, dal's das Auge
von keinem Standpunkte aus frei über gröl'sere Grabflächon
schweifen kann. (Schlüfs folgt.)

Waldästhetik.

Einiges vom Walde und der Waldscliönheitspfleft'e.

Vortrag im Gartenbauverein, zu Darmstadt gehalten
am^8. Dezember 1906
von Ceh. Obevforstrat Dr. Walther.

Zu allen Zeiten gab es Völker, die den Wald besonders
verehrten, aber keinem Volke ist er so ans Herz gewachsen
als uns Deutschen, [was sich in zahlreichen Waldliedern
kundgibt. Einst im Kampfe gegen die kriegskundigen
Römer eine unbezwingbare Festung und ein Mittel zum
Sieg, schützt der Wald uns heute gegen die giftigen Dämpfe
der Fabriken, ist unser Erholungs- und Genesungsheim,
bewahrt uns vor Entnervung und erhält uns einen gesunden,
heiteren, frommen Sinn. Dankbar hierfür suchen wir dieses
kostbare Erbstück unserer Vorfahren nicht nur zu erhalten,
sondern auch zu mohren.

Schon den Griechen war der Wald, namentlich im
Gebirge und in der Nähe der Städte, heilig. Homer
bezeichnet ihn als den Göttersitz. Niemand solle die
sterblichen Bäume mit dem Eisen fällen. Pausanias und
Strabo zählen eine Reihe der heiligen Haine auf.

Gleichzeitig mit den Bäumen entstehen Nymphen und
vergehen mit ihnen. Baum- und Quellnymphen stehen in
Wechselbeziehung. Im Hymnus an Ceres singt Homer:
„Die Nymphen freuen sich, wenn der Regen die Eichen
wachsen läl'st, sie weinen aber, wenn die Eichen keine
Blätter mehr haben." Ist darin nicht wundervoll der
innige Zusammenhang zwischen Wasser und Wald ange-
deutet'' Der Wald sammolt die ihm durch Regen und
Schnee gespendete Feuchtigkeit auf; hier entstehen die
Quellen. Cicero bezeichnet es als eine schimpfliche Hand-
lung, wenn jemand sich an grol'sen Waldabschlachtungon
beteiligt.

Und doch ist der Wald in jenen Ländern des Südens
geschwunden und mit ihm das gesunde Klima, der Quellon-
reichtum, die Kultur. Was nützt es, wenn es dorten heute
nicht weniger regnet als vor 1000 und mehr Jahren, der
Regen aber nur zerstörend wirkt, anstatt zu befruchten.
 
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