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Die Gartenkunst — 8.1906

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Heicke, C.: Kritische Betrachtungen zum Wormser Rosengartenwettbewerb
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https://doi.org/10.11588/diglit.22778#0087

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VIII, 4

DIE GARTENKUNST

TT

ist eine Idee gegeben, die dem Werk von vornherein
ein Gepräge von hoher Eigenart aufdrückt, und den
Künstlern ist zugerufen: Seht zu, was ihr daraus machen
könnt! —

Dafs diese Idee zündende Kraft besitzt, das haben
nicht nur die in der Festschrift zum zweiten Wormser
Rosenfeste niedergelegten Zustimmungsäul'serungen von
etwa 60 Künstlern und Schriftstellern bewiesen, das hat
vor allem die Beteiligung am Wettbewerb selbst dar-
getan.

Wäre die Idee an sich nicht so besonders reizvoll
und lockend, die ausgesetzten Preise würden es nicht
vermocht haben, annähernd 50 Teilnehmer an dem Wett-
streit auf den Plan zu rufen.

Es ist von mancher Seite mifsbilligt worden, dafs der
Wormser Ausschufs nicht höhere Preise ausgesetzt habe!
Nun, ich meine, bei keinem Wettbewerb wird jemals die
Höhe der Preise sich mit der Summe der durch den
Wettbewerb hervorgerufenen geistigen und werktätigen
Arbeitsleistung auch nur annähernd decken. Wer nur
durch den in Aussicht stehenden pekuniären Gewinn ge-
reizt wird, bei einer Konkurrenz mitzutun, auf den kann
gern verzichtet werden. Ein gut Teil jugendfrische Be-
geisterung für die Sache und der Idealismus, der sich
auch durch die Möglichkeit des Leerausgehens die Freude
an der Arbeit nicht verkümmern läfst, müssen jedem
eigen sein, der in solchem Wettstreit seine Kräfte messen
will. Das sind Momente, die auch durch höhere Preise
nicht ersetzt werden können.

Die Richtigkeit hiervon hat auch der Rosengarten-
wettbewerb dargetan. Und der Ausschufs kann mit dem
Erfolg seiner Veranstaltung zufrieden sein.

Freilich, der Entwurf, den man nun ohne weiteres
auf das Gelände übertragen könnte, ist nicht dabei heraus-
gekommen. Aber die Erlangung eines solchen war ja
auch gar nicht der Zweck dos Ausschreibens.

Der Ausschufs wollte Vorschläge, Anregungen, Ge-
danken hervorrufen, vielleicht auch, um selbst Iber
den Begriff „Rosengarten" zunächst etwas klarer am-
rissene Vorstellungen zu gewinnen, als manchem bei
diesem Worte vorschweben. Und Anregungen, Gedanken
und Vorschläge sind in krauser Mannigfaltigkeit eine
reiche Fülle eingegangen. Leere Spreu fehlt natürlich
auch nicht darunter; aber selbst in mancher anscheinend
tauben Ähre findet sich bei genauerem Hinschauen ein
keimfähiges Korn.

Nach solchem zu spüren und dabei die Arbeit, die die
Jury geleistet hat, etwas zu bekritteln, macht manchmal
besonderes Vergnügen. Das ist nun freilich oft leicht,
denn man wandelt als einzelner und unbeeinilufst von
der Ansicht anderer durch die Reihen der an Wänden
und Staffeleien ausgebreiteten Arbeiten; man ist, äufserst
leicht geneigt, sich der Unterlegenen besonders an-
zunehmen und über die Entscheidung der Jury den Kopf
zu schütteln. Aber die Gerechtigkeit erfordert, dal's man
sich dabei eingedenk bleibt, wie verschiedenartige Auf-
fassungen oft in den Köpfen der Jurymitglieder vertreten
sind — und ganz besonders bei der Zusammensetzung

der Wormser Jury dürfte dies der Fall gewesen sein.
Dann wird man verstehen, dafs deren Urteil eigentlich
ein Kompromifs zwischen gegensätzlichen Anschauungen
darzustellen und in mancher Hinsicht anders auszufallen
pflegt, als wenn mau allein und unbeeinflußt eine Begut-
achtung vornehmen wollte.

Unter diesem Gesichtspunkte wird es auch verständlich,
dafs bei der Prämiierung eine Arbeit mit an erster Stelle
steht, die an sich eigentlich nichts Beachtenswertes bietet,
die im Gegenteil als gartenkünstlerische Leistung sehr
viel zu wünschen übrig läfst. Ich bin davon überzeugt,
dafs der Stulpescho Entwurf „Bitte schön" glatt
durchgefallen wäre, wenn nicht der mitbeteiligte Architek t
J. Bollert eine Reihe außerordentlich origineller Detail-
zeichüungeu beigegeben hätte, die rückhaltloseste An-
erkennung verdienen.

i Unverständlich scheint es , und ist zu bedauern, dafs
der Künstler, welcher diese Skizzen entworfen hat, nicht
mehr Einflul's auf die Gestaltung des zugehörigen Lage-
planes zu gewinnen gewufst hat, von dem man auch,
ohne dal's er abgebildet ist, sich eine Vorstellung an
Hand des zum Abdruck gebrachten Erläuterungsberichtes
machen kann. Wie der Bericht, so der Entwurf.

Das Ergebnis dieser gemeinsamen Arbeit läfst wieder
einmal deutlich erkennen, wie verfehlt es ist, wenn ein Künstler
glaubt, zurLösungeiner bedeutsamen Aufgabe auf dem Gebiete
der Gartenkunst genüge es, sich einen „Fachmann" zu neh-
men, um mit dessen Hilfe über alle Schwierigkeiten der ihm
ungewohnten Materie hinwegzukommen!! Es genügt eben
nicht, einige gute Melodien im Kopfe zu haben und diese
einem Notenschreibor vorzupfeifen!

Von den Bollertschen Motiven gefällt mir das Eingangs-
tor am besten, aber auch die anderen sind sehr gut
und enthalten eine Fülle poetischer Gedanken, die sich,
was sehr wesentlich ist, unschwer praktisch verwerten
lassen.

Im Gegensatz zu dieser Arbeit bringt der Kölner Garte n-
diroktor Encko in seinem „Turnierplatz" eine Arbeit,
die auch als Park auf der Höhe steht. Sie hat vor
anderen den Vorzug, dal's die an sich gar nicht Ubele,
in manchen Teilen sogar recht malerische vorhandene Pflan-
zung, die im besten Wachsen ist, in der Hauptsache ge-
schont wird. Ziemlich energisch korrigiert Encko die Füh-
rung der vorhandenen Wege, die tatsächlich sehr
verbesserungsbedürftig ist. Man weifs wirklich
nicht, ob man sie für ein Zeichen von Ratlosigkeit halten
oder die Absicht annehmen soll, den Besucher des Wäld-
chens eine Zeitlang in der Irre umherzuführen. — Meinem
Dafürhalten nach geht Encke hierbei noch nicht energisch
genug zu Werke, sein Entwurf hat immer noch reichlich
genug Wege!

Seine Auffassung von der „Rosengarten"idee geht aus
dem Entwurf selbst nicht genügend hervor, man muls
den Bericht dazu nehmen. Was er da sagt, ist richtig:
Es muls in dieser Beziehung dem Ausführenden viel über-
lassen bleiben, was sich planmäl'sig und zeichnerisch nich
festlegen läfst. Er will Rosen in reicher Fülle durch die
Anlage streuen und behandelt den „Turnierplatz'' als den
 
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