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Die Gartenkunst — 8.1906

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Heicke, C.: Kritische Betrachtungen zum Wormser Rosengartenwettbewerb
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https://doi.org/10.11588/diglit.22778#0089

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vii r, 4

DIE GARTENKUNST

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wurf sohr gut gefällt, ist die Behandlung derjenigen
Flächen, die aufserhalb dieser regeln)äfsigen Partien liegen.

Wie er diese Flächen frei von jeder Schablohe be-
handelt, sie mit Pfaden durchzieht, die keine Spur von
Ähnlichkeit mit den Kurven der meisten Gartenpläne
haben, dies in Vorbindung mit den Andeutungen, die sein
Berieht über die Bepflanzung dieser Partien enthält, läl'st
erkennen, dal's Bauer gerade für das, was wir Land-
schaftsgartenkunst nennen, eine besonders starke
Begabung besitzt. Anscheinend verrät sich das ganz
gegen seinen Willen. Aber es geht manchem so, dal's
ihm zwei Seelen in der Brust wohnen!

Der Dresdener P. Grossmann bringt in seinem Ent-
wurf: „Der Rosenzwinger i m Wor m so r R osengarten"
mehr, als man beim ersten Blick auf den Lageplan meinen
sollte.

Jedenfalls sollte man sich in Worms vor allen Dingen
einmal den Vorschlag Grossmanns, den Scherbenberg fallen
zu hissen, überlegen. Bekanntlich soll dieser 19 m hohe
Hügel, der ganz unvermittelt aus der Ebene sich erheben
würde, aus den Abfuhrstoffen der Stadt Worms gebildet
worden. Der Vorschlag, an Stelle des Berges einen Fest-
platz (Rosenzwinger) anzulegen, ist jedenfalls nicht ohne
weiteres von der Hand zu weisen. Wir verweisen wegen
der Einzelheiten auf den Bericht. Seine weitere Idee,
in der ganzen Anlage durch Häufung von farbigen
Blumen die grünen Wiesenflächen zu verdrängen — er
will sogar ausgedehnte Lupinenfelder ansäen — ist wohl
etwas weitgehend, immerhin kann (quem Uberwiegen der
Farben gegen das Grün an geeigneten Stellen wohl das
Wort geredet werden.

Potente-Sanssouci bringt eine gute Gestaltung des
Haupteinganges an der der Stadt zugekehrton nördlichen
Spitze des Geländes mit der sich anschliefsenden Zufahrt
zum Parkhaus und Ulmenplatz. Er hat die Einfahrt
selbst und die einzelnon Strecken des Zufahrtweges sehr
gefällig behandelt. Jedenfalls ist diese Lösung entschieden
denen vorzuziehen, die im Anschlufs an die bestehenden
Verhältnisse die von Osten her auf den Ulmenplatz hin-
führende stark gekrümmte Allee als Zufahrt beibehalten
haben. Das ist, abgesehen von anderen Gründon, schon
doshalb unhaltbar, weil dann der ganze Verkehr nach
dem Parkhaus über den Ulmenplatz geleitet werden mufs.
Der turnierplatzartige Festplatz Potentes hat einige Ähnlich-
keit mit dem Enckeschen, ohne ihn indessen zu erreichen.

Einen in drei Farbenabstufungen gehaltenen Garten
sieht der Entwurf von Reinhardt-Wiesbaden vor. Er will
den Tummelplatz der jüngsten Jugend — den Kinder-
spielplatz, — mit Pflanzungen umgeben, in denen weifse
Rosen und andere,' den verschiedenen Jahreszeiten ent-
sprechende weifse Blumen vorherrschen. Rosa soll den
Grundton da bilden, wo die heranwachsende Jugend
ihre Stätte hat (Tennisplätze usw.), während der Platz,
auf dem im friedlichen Ringen um den Siegespreis
gestritten wird, der Festplatz, durch Anpflanzung dunkel-
roter Rosen charakterisiert sein soll, und endlieh in lau-
schiger Abgeschiedenheit ein plätschernder Springstrahl
zu beschaulicher Ruhe einlädt.

Man mufs gestehen, dal's der Gedankengang nicht
übel ist, und die Jury hat das ja auch anerkannt, indem
sie den Entwurf zum Ankauf empfohlen hat, aber es hätte
diese Grundidee auch aus der Planverfassung etwas zum
Ausdruck kommen sollen, nicht nur im Bericht. Qewifs
kommt es ja bei jedem grofson Gartonprojekt sehr Wesent-
lich auf die praktische Durchführung an, ob die fdee, die
der Verfasser hineingelegt haben will, Geltung gewinnt,
aber einigermafsen mufs doch auch schon im Grundril's
sich aussprechen, was er will. Das ist aber hier nicht
der Fall.

Ganz eigenartig berührt der Entwurf von Taut-
Stuttgart. Zunächst schüttelt man wohl den Kopf über
die barrok anmutenden Ideen, aber wenn man sieh das
Bild betrachtet, welches den Blick über den Festanger nach
dem Berg hin von dem mit Spaliorgowölben überspannten
Weg iistlich vom Ulmenplatz darstellt, so muss man
einräumen, dass es von eigenartigem Reiz ist. Im Ein-
zelnen wird man berechtigte Einwendungen erheben können.
Ob sich auf dem Hügel, dessen Plateau zu einem kreis-
runden Fostplatz ausgebildet ist, ein zur Abhaltung von
Festspielen geeigneter Raum wird gewinnen lassen, er-
scheint zweifelhaft: An sich ist die Behandlung dieses
Hügels aber nicht übel. Auch die unregelmässig auf dem
Anger zwischen Ulmenplatz und Hügel zerstreuten Spring-
brunnen können recht originell wirken, zumal dann, wenn
man sie mit Rabatten niedriger Monatsrosen anstatt der
Hochstämme innsäumt. Auch den gewölbten Laubon-
gängen, mit denen der Ulmenplatz an seiner Nordseito
umgeben werden soll, kann man einen grossen Reiz nicht
absprechen. Jedenfalls ist das Projekt das eigenartigste
unter den seitens der Jury ausgezeichneten.

Diesen prämiierten und zum Ankauf empfohlenen Ent-
würfen stehen einige Sachen gegenüber, bei denen man
nicht recht weil's, ob die Verfasser ernst genommen sein
wollen. Aufserdem sind aber noch eine Reihe von
Arbeiten vorhanden, die1 Beachtung verdienen, wenn sie
auch nicht prämiiert worden sind. „In Hosen" bringt eine
sehr hübsche Lösung der Eingangspartie, bei der der
Gartenabschlul's etwas in den Park hineingeschoben ist
und einen guten Einblick gewährt. Die Behandlung, von
Festplatz, Hügel und Hagendonkmal erscheint von einheit-
lichem Zuge beherrscht. Der ganze Entwurf charakterisiert
sich aufserdem als ruhige Parkanlage, wenig von Wegen
durchschnitten und mit geschlossenen Pflanzpartien durch-
setzt.

In dieser Beziehung fällt auch „Dornröschen" ange-
nehm auf. Der Entwurf weist in sonstiger1 Hinsicht ein
in strengen Formen gehaltenes Rosariuni auf, welches
Eingang, Ulmenplatz und 19 m-Hügel durch Betonung
der Längsachse in Beziehung zu einander' setzt, auch das
Hagendenkmal in diese Achse rückt und noch eine
Querachse betont. Im Ganzen macht die Sache aber
den Eindruck eines grol'sen Rosariums und gerade das
ist es wohl, was nicht der liosengartenidoe entspricht.

Der Entwurf „Dieterich", bei dem der mit Pergola
ausgestattete Eingang einen reizvollen Einblick gewährt,
bringt gleichfalls eine ruhige Parklandschaft mit gutge-
 
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