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Die Gartenkunst — 8.1906

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Bauer, Fr.: Gartenbau und Landschaft
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https://doi.org/10.11588/diglit.22778#0121

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I

HO DIE GARTENKUNST VTII. Ii

Abb. 1. Roethen b. Diesdorf (Magdeburg). Aufgen. von V. Bauer, Okt. 1900.

lieh werten will, ein Hauptstück zur
Lösung der Gartenfrage.

Zunächst sei offen ein Bekenntnis
ausgesprochen: Auch ich halte den
landschaftlichen Gartenstil trotz seines
Alters und seiner langen Entwickelung
für einen für die gesunde Ausbildung
der Gartenkunst verhängnisvollen Irr-
tum und möchte mit aller Kraft darauf
hinwirken, dafs vor allem dieses fal-
sche Ideal überwunden werde. Ich
verurteile ihn nicht nur als Garten- und
Kunstfreund, sondern auch aus war-
mer Liebe und Sympathie für heimische
Kultur, für die echte Heimatslandschaft,
zu der seine Erzeugnisse in krassem
Widerspruch stehen, ja die sogar zu-
weilen unter der Maske der Landesver-
schönung und -aufschlicfsung viel
natürlich Gewordenes, daher Lebens-
volles in der Landschaft zerstören und
gefühllos „Landschaf tsgärtnerischos"
an dessen Stelle treten lassen. Es
handelt sich wahrhaftig nicht darum,
1 »iese Worte halte ich für schlecht gewählt, wenn man ob mit geraden oder krummen Wegen vorgegangen
den wirklichen Kern der Gegensätze treffen will, und ich werden soll, ob architektonischer oder landschaftlicher
möchte sie bei Auseinandersetzungen über die Gartenfrage Grundrifs den Vorzug verdiene, sondern es müfste streng
nach Möglichkeit vermieden wissen. Denn derGarten, der
uns nottut, müfste architektonisch und landschaftlich sein,
landschaftlich freilich in anderem Sinne, als wie dieser
Begriff heute im Berufe verstanden wird. Auch in Schultze-
Naumburgs wertvollem Buch über Gärten liegt der Schwer-
punkt der Ausführungen meinem Gefühl nach in ganz
anderer Richtung, wie diese Schlagworto zum Ausdruck
bringen. Die Gartenfrage hängt zweifellos aufs engste zu-
sammen mit allen anderen Kulturproblemen, die unsere
Zeit beschäftigen und gewissenhafte, gründliche Menschen
zur Anteilnahme drängen. Gerade jetzt ist das Verständnis
für den Vollwert der Kulturwerke vergangener Zeiten er-
freulicher Weise im Zunehmen begriffen, die Gründungen
des Dürerbundes und des Bundes für Heimatsschutz be-
weisen das. Hiermit geht Hand in Hand das Erkennen der
tiefgehenden Mifsgriffe und grundsätzlichen Fehler, die
unsere oberflächliche und doch so kulturstolze Zeit sich
hat zuschulden kommen lassen. Es ist ein grofses, un-
schätzbares Verdienst Schultze-Naumburgs und einiger
Gleichgesinnter, mit allem Nachdruck die Aufmerksamkeit
aller feinfühligeren Menschen hingelenkt zu haben auf die
krassen, schreienden Widersprüche, die, was Ausdruck und
Wesen anbelangt, zwischen Werken unserer Vorfahren
und unseren eigenen bestehen. Wenn ich hierauf noch-
mals hindeute, geschieht es darum, weil man, wie
Schultze-Naumburg es in seinen „Kulturarbeiten" tut, an
Stätten alter, gediegener Kultur besonders gut die auch
für uns wichtige Frage studieren und lösen kann: „Wie
fügen sich Menschenwerke harmonisch der Natur ein, wie

werden sie Eins mit ihr?" Hierin liegt sicher, wenn man Abb. 2. Roethen b. Diesdorf (Magdeburg). Aufgen. von
sich dem Besonderen zuwendet und den Garten landschaft- F. Bauer, Nov. 1905.
 
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