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Die Gartenkunst — 8.1906

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Zur Umgestaltung des Willibrordi-Kirchplatzes in Wesel: Entwurf
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Winkler, Fr.: Rußlands berühmteste Gärten des 18. Jahrhunderts, [2]: ein Beitrag zur Geschichte der Gartenkunst in Russland
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134

DIE GARTENKUNS T

VIII, 7

am Niedorrhoin. Dor Kirchenbau erreichte seinen Ab-
schlul's mit der Fertigstellung des Chors nach den Be-
richten um das Jahr 1526. In den Jahren 1882—1896
ist die Kirche ausgebaut und restauriert und auch die
neue Turmhaube hinzugefügt worden. Zur Einweihung
wurde der an dor Westfront liegende, ungefähr 43 Ar
grofse Schmuckplatz hergestellt, er ist durch Zuschüttung
eines alten Festungsgraben gewonnen worden. Dor Platz
wird auf der Ostseite begrenzt von der Willibrordikirche,
deren gewaltiger Turm die Umgebung vollständig be-
herrscht, amder Südseite liegen unbedeutende gleichgültige
Häuser, auf der Nordseite der Bauplatz für ein neues
umfangreiches evangelisches Gemoindehaus und städtischer
Grundbesitz, auf der Westseite schliefst sich ein neuer
Stadtteil an mit der breiten, mit mehreren Baumreihen
bestandenen Hansaallee. Die umgebenden Strafsen liegen
ungefähr in gleichem Niveau, die Platzmitte mit Brunnen
erheblich vertieft. Zur Anlage des Platzes stand seiner-
zeit ein ziemlich erheblicher Botrag zur Verfügung, und
er ist daher in recht reicher Weise mit bedeutendem
Kostonaufwand hergestellt worden. Er wurde mit einem
Kranze von Bäumen umgeben. Die Wegeränder und der
ca. 45 m lange Brunnen waren mit behauenen Steinen
eingefal'st worden. Die Fundierung des Bassins hatte
wegen des nicht festlagernden Bodens besonders sorg-
fältig ausgeführt werden müssen. Die Wege hatten eine
Betondecke erhalten. Die übrigen freien Flächen waren
mit Rasen gedeckt worden. Gröfsere Anpflanzungen von
Gehölz waren noch nicht vorgenommen worden.

Die ursprüngliche Platzanlage krankte daran, dafs
ihre Hauptachse, welche infolge der scharfmarkierten
Linien noch ganz besonders deutlich hervortrat, mit der
Längsrichtung der Kirche divergierte. Die Achsenbe-
ziehungen waren derart mangelhaft gelöst worden, dafs
noch nicht einmal, was wohl recht naheliegend gewesen
wäre, die Längsachse des Platzes auf die Mitte des
Turmes und das Hauptportal aufstiel's. Der Gesamtein-
druck war daher ein in jeder Hinsicht unbefriedigender.
Aus dem beigegebenen Plane der alten Situation ist die
durchaus fehlerhafte Anordnung deutlich zu ersehen. Es
ist zum Glücke kein Versuch gemacht worden, mit kleinen
Mitteln eine Besserung zu erzielen und den Kardinalfehler
durch sogonannte landschaftliche Bepflanzung und ent-
sprechende Ausschmückung zu vortuschen.

Es ist der Initiative dos derzeitigen Vorstehers des
städtischen Bauamts in Wesel zu verdanken, dafs, als
seinerzeit ein Preisausschreiben orlassen wurde zur Er-
bauung eines evangelischen Gemeindehauses auf dem
der Kirchengemeinde gehörenden, an der Nordsoite des
Platzes gelegenen Terrain, gleichzeitig einer Umänderung
der Gartenanlage näher getreten wurde.

Bei der Aufstellung eines neuen Projektes war vor
allem Rücksicht zu nehmen auf das vorhandene Kanal-
system, welches in seiner Lage, Richtung und Gefällver-
hältnis auf jeden Fall erhalten bleiben mufste. Es waren
die Mittel disponibel zur eventuellen Umpflasterung der
vor dem Gemeindehause liegenden Strafse.

Bei der Disposition war hauptsächlich zu berück-

sichtigen, eine entsprechende Achsenlösung zu finden, welche
es ermöglichte, das früher geschaffene soweit als irgend
angängig zu erhalten, ferner zu erwägen, in welcher Form
der mit grofsen Kosten erstellte Brunnen möglichst in
seiner ganzen Gröfse, wenn auch mit geringen Aende-
rungen konserviert werden könne und endlich zu versuchen,
den in seiner öden Kahlheit unverhältnismäfsig grofs er-
scheinenden Platz durch geeignete Aufteilung in ent-
sprechende angemessene Verhältnisse zu bringen, um dem
bedeutenden Bauwerk die beste Wirkung zu verleihen.

Die Hauptachse wurde augenfällig bezeichnet durch
mehrere Baumreihen. Die Bäume sollen gekappt oder zu
Laubgängen vereinigt werden, um einen geschlosseneren
Eindruck zu inachen, die Aussicht auf den Kirchturm für
alle Zeiten frei zu halten, die Uebersichtlichkeit des
Platzes nicht zu beeinträchtigen und für den tief liegenden
Teil einen entsprechenden dunklen Hintergrund zu schaffen.

Die Stützung der Promenade erfolgt durch eine
Mauer, welche bei entsprechender Ausbildung und bei der
Wahl eines geeigneten Materials eine vorzügliche malerische
Wirkung ergeben kann.

Das Wasserbecken konnte hierdurch mit gering-
fügigen Abänderungen erhalten werden, nur wurde ihm
natürlich eine andere Rolle in der Platzordnung zugewiesen.

Die Querachse in genau nördlicher Richtung nimmt
Bezug auf den Hauptsaal oder Haupteingang des neuen
Gemeindehausos. Sie entsteht in einer Lichtung der Allee,
geht über einen Vorbau am Brunnen und klingt aus in
einer breiten Treppenanlage.

Die Gestaltung des Platzes ist in straffer, strenger
Weise durchgeführt. Den Linien des Bassins folgt eine
niedrige, ganz breite dunkle Hecke, die von Taxussäulen
unterbrochen wird.

Die Böschungen sind beibehalten worden, soweit nicht
die Umlegung der Wege Aenderungen bedingte.

Da die die Nordgrenze des Platzes bildende Strafse in
gleicher Richtung mit der Promenade gebracht werden
mufste, war ein Geländeaustausch zwischen der evan-
gelischen Kirchengemeinde und der Stadtverwaltung er-
forderlich geworden. Hierdurch wurde erst eine bessere
Bebauungsfähigkeit des der ersteren gehörenden Terrains
gegeben und eine geeignete Grundrifsausbildung nach der
Tiefe ermöglicht. Der malerische Einblick in die Nieder-
strafse wurde nicht beeinträchtigt durch das nunmehr
weiter vorspringende Gebäude.

Den Preisbewerbern um die Erbauung des Gemeinde-
hauses konnte noch rechtzeitig aufgegeben werden, bei
der Projektbearbeitung und Ausbildung der Hauptfront die
neugeschaffene Querachse des Platzes zu berücksichtigen.

A. Hardt.

Gärten des Auslandes.

Rufslands berühmteste Gärten des 18. Jahrhunderts.

Ein Beitrag zur Geschichte der Gartenkunst in Rufsland.

Von Fr. Winkler, Garteninspektor in Reval. (Forts.)

Moskau, das 5 Grad südlicher als Petersburg liegt,
hatte aufserdem noch viele andere Gärten, die in dem neuen
 
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