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Die Gartenkunst — 8.1906

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Salisch, Heinrich von: Geradlinige Wege in Garten und Park
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https://doi.org/10.11588/diglit.22778#0190

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vm, g

DIE GARTEN KUNST

177

sondere Aufmerksamkeit Wandelnden weicht stets mehr Schritte die neue Wegerichtung aufzunehmen. Diese Be-

oder weniger von der geraden Linie ab. Selbst dann, quemlichkeit ist von besonderem Wert, wenn zwei oder

wenn eine gerade Linie für einen neaanzulegenden drei Personen nebeneinander gehen. Wenn Schultze-

Pufspfad im Gelände vorgezoichnet ist, bleibt der Pfad Naumburg schreibt: „Ein Fufssteig kann im Winkel von

nicht gerade, es sei denn, dafs befestigte Kanten 90° umbiegen, ohne dem sich vorhältnismäfsig langsam

oder stete Aufmerksamkeit des Unterhaltungspflichtigen zu Puls fortbewegenden Menschen Schwierigkeiten in der

die Geradlinigkeit sichert. Dasselbe gilt von Fahrwegen. Benutzungzu machen," so stimmt das keineswegs immer, denn

Baut der Porstmann einen 0 m breiten Weg mit schnür- man wandelt nicht immer allein und nicht immer langsam,

geraden Kanten, so kann er bestimmt darauf rechnen, dafs Den Einwand, dafs geradlinige Wegführung un-

die Wagenspuren nicht parallel natürliclisei,bokämpftSchultzo-

langen will, und wenn er da- f -_r____ sieb in letzterem Falle weniger

bei nicht, wie z. B. der Sae- weit von der Natur entfernte,
mann, ganz besonderen Grund hat, geradeaus zu gehen als in ersteretn. Nun sagt allerdings Schultzo-Naumburg:
und wenn nicht seitliche Grenzen ihn einengen, dann „Das gilt vom Waldpfade. Ganz anders liegen die Verhält-
geht er niemals auf gerader Linie. Ks ist also künst- nisse bei der Stral'se, die man durch den Wald anlegte. Hier
lorische Idealisierung, wenn wir den Fufspfad gilt kein Ausbiegon, sondern herrisch schlägt sich die Men-
oder den Fahrweg geradlinig gestalten. Wir ent- schenhand den Hohlweg durch das grüne Dickicht." — Ich
fernen uns dabei weiter von dem, was der Mensch in frage, wer ist dieser „man", dessen Hand herrisch den Hohl-
Freihcit tut, als wenn wir, die unrogelmäl'sigon Krüm - weg durch das grüne Dickicht schlägt'? Das war zuerst die
niungen idealisierend, seinem Fufs wechselnde Jägerei, welche den Gang der Parforcejagd beobachten wollte,
Kurven vorschreiben. das waren die alten Jäger, welche für die eingestellten Jagen
Schultze-Naumburg fährt fort: „Der im Winkel ge- (len Wald in lauter gleichgroße Quartiere teilen wollten,
zogen« Weg entsteht, wenn ein Hindernis im Wego liegt, damit für jede Jagenseite die zugemessenen Bündel Lappen
das umgangen werden mul's. Man denke ein Haus." — ausreichten. Heutzutage pflegt der donkende Porstwirt
Mit Vorlaub, der Soldat macht auf Kommando auf dem so „herrisch" nicht mehr zu Werke zu gehen,
rechten Pulse linksum und auf dem linken Pulse rechts- Dafs auf bewegtem Gelände Kurven am Platze sind,
um; der Freiwandelnde rundet aber stets die Ecke ab. verkennt übrigens auch Sch-N. nicht. Aber wo ist denn
Der rechte Winkel entfernt sich von der naturgomäfsen ein Gelände ganz eben, wo gibt es nicht minder gang-
Wegeführung weit mehr, als ein eingeschalteter Kreis- bare (feuchte oder gar zu sandige oder verstrauchte)
bogen, welcher dem Wandelnden gestattet, mittelst mehrerer Stellen, die eine Kurve wohl rechtfertigen?
 
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