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Die Gartenkunst — 8.1906

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Salisch, Heinrich von: Geradlinige Wege in Garten und Park
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https://doi.org/10.11588/diglit.22778#0191

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178 DIE GARTENKUNST VIII, 9

Wenn nun die gerade Linie in der Kegel nicht natur- allein und fhufs auch als solcher in die Er-

gemäl'ser und ai.ch nicht zweckmäfsigcr ist. als die Bogen- scheinung treten "

linie, so könnten doch violleicht im Gärten besondere Das hat nun aber mit der Streitfrage, die uns be-
Verhältnisso vorliegen. Das wollen wir jetzt unter- schäftigt, nichts zu tun; denn wohlbefestigto, mit Rasen-
suchen. kanten versehene Wege kennzeichnen die Anlage als
Auf die Frage: „Ja, wie sollen wir denn unsere Kunstprodukt ausreichend, ob sie nun in schönen Kurven
Wege anlegenV" antwortet Sch.-N.: „Ich kann nur das oder geradlinig verlaufen. In beiden Fällen sind sie, wie
eine antworten: immer dem Sinne nach. Gorado wie oben bewiesen wurde, idealisierte Linien; denn weder die
bei einem Hausbau. .Man besehe sich zunächst sein einen noch die anderen findet man vor, wo nicht der
Terrain und dann mache man Mensch künstlerisch waltote,
sich klar, was man auf diesem Ja, aber die bretzel- und dio
Terrain haben möchte — hier nierenförmigen Wege, dio wirst
eine Laube, dort ein Gartonhaus, du doch nicht verteidigen wollen?
dort einen Spielplatz. Und dann — so höre ich meine Herren
überlege man sich: wie gelangt, Gegner mir zurufen. Ich ant-
man am einfachsten von der Haus- worto: warum denn nicht? Eben
tür zum Gartenhaus, wo ist eine komme ich vom Feld, wo die
Treppe notwendig, wo erleich- Kartoffeln mit dem Jäter be-
tört eine Futtermauer die Ge- fahren worden; sie stehen in
staltung des Terrains und wo sind recht sauber gezogenen langen
nun Verbindungen der einzelnen Reihen. Darüber tummelten sich
Organe des Gartens notwendig. etwa 20 Möven, um Engerlinge
Diese Verbindungen sind die zu erhaschen, sobald die Äcker-
Wege. l'nd s<> w erden sie ;ii[rll |g arbeit dies.- Srliüdlinsrf bloßlegte.

am schönsten sein." — Das HRHNPk 1 <-1 i nal-r d<-n M.".wn lautre zu-
wäre einwandfrei, wenn der & iBbflhir - -""^SHbHbHI gesehen und ihren herrlichen

Garten weiter keinen a.ndeivn <!*"***4flHUK~ •• \ wSSSBm beigen bewundert. Verfolgte ich

Zweck hätte, als dal's man sich eine Einzelne mit den Augen,

von der Haustür „am einfach- jjdBuBMtLF r 'LT' ~ ,4 - *'*\S8KI dann war ihre Hahn entweder
sten" zum Gartenhaus zur Laube, HHBH T 1 Jr y^^W^b^WKr^lj^Ewff nii'ivn förmig oder broizelförmig.

zum Spielplatz bewegte. Man HH^^t^"^''*«!*' J^^SBS^ — Ich höre den Einwurf: was

will doch im Garton auch lust- Ji*«*............... gehen uns die Möven an, wir

wandeln! Man will sieh im B9HHB I wandeln als Menschen auf der

Garten bewegen, nicht nur darin |9Bf Erde und fliegen nicht in der

ausruhen, und deshalb ist der ^b^^* . atiA jBBB Luft. — Ganz recht, aber aucn

längere Weg, wenigstens in -^-_«.*~**'**' uns Menschen sind diese Bahnen

kleinen und mittelgrofs'en Gärten, geläufig. Denken wir uns, der

dem kürzeren oft vorzuziehen. , ': Hosiizer einm' neuerbanli'u Villa,

Die Wcgevorlängorung mufs I, _"__■ - _■ , i fahre hinaus, wenn der Vorplatz

allerdings motiviert erscheinen, nach Abräumung der Baureste
aber dazu gibt es ja viele Mittel, so z. H. hinsichtlich frei daliegt, dos Gartenkünstlers harrend. Nun mag er zu
des Weges, der vom Gartentor zur Haustür führt. Den seinen Kindern sagen : jetzt tummelt euch einmal nach Herzens-
iege man breit genug an, um darauf fahren zu lust. Wird dann wohl einer geradeaus laufen, und dann
können. Dann leuchtet es jedem ohne weiteres ein, dal's im Winkel rechts oder links abbiegen? Gewifs nicht,
der Weg sich nur im Bogen vom Tor zur Türe auch im Kreise worden die Kinder nicht laufen, sondern
bewegen darf; denn der Kutscher kann sonst nicht vor nierenförmigund brotzolförmigwerdondieSpuron derjugend-
der Haustür vorfahren, es sei denn wies vor Palästen ein liehen Läufer sich auf dem Boden abzeichnen. Wandelt
üborgrol'ser Kiesplatz zum Wenden vorhanden. aber der Bauherr selbst im Gespräch mit Gästen, dann
In gewissem Sinne vorlangt Sch.-N. ein Abweichen wird er auch ähnliche Pfade dem frischen Boden ein-
von der Natur. Ganz zutreffend schreibt er: „Bs wird prägen.

clor Menschonweg nicht seinen Stil verleugnen dürfen, der Geschwungene Wego dürfen allerdings nicht wider-

sich als Monschenwork in einen gewisson Gegensatz zu sinnig verlaufen. Solche, die ohne Grund bald nach rechts

der aul'sermenschlichen Natur setzt, indem er diese und bald nach links abweichen, hat schon Fürst Pü ekler

meistert und sie seinen Zwecken unterwirft." Das ist als „Korkziohorwege" bekämpft.

nun in der Tat sehr hübsch und ganz im-Pü ekler sehen Es bleibt dio Frage offen, ob nicht vielleicht, von

Sinno geschrieben; denn schon im Jahre 1833 schrieb aller Zweckmäl'sigkoit abgesehen, die gerade Linie schöner

Fürst Pückler in seinen „Andeutungen für Landschafts- sei als die geschwungene? Wenn ich an meine geraden

gärtnorei": „Ein Garten ist Gegenstand der Kunst Kartoffelfurchen und an den Flug der Möven denke, so
 
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