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Die Gartenkunst — 8.1906

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Schneider, Camillo: Die Gartenkunst auf der dritten deutschen Kunstgewerbeausstellung in Dresden
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https://doi.org/10.11588/diglit.22778#0204

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VIII, 10

DIE GARTENKUNST

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wird. Wenn wir einen solchen Pavillon, noch dazu be-
gleitet von einem mit weil'sem Spaliorwerk und ebensolchen
Gartenbänken eingesäumten Sitzplatz, mitten in die land-
schaftliche Anlage hineinsetzen, dann sollten wir erst recht
ihn sich scharf abheben lassen, und wir werden gerade
durch Farbenkontraste eine Harmonie mit der Umgebung
erreichen!

Die Ausgestaltung des den Pavillon begleitenden Ruhe-
platzes war von Prof. Tscharmann, Dresden, und des-
wegen sehr wohl beachtenswert, weil die Bänke in recht
hübscher Weise mit dem sie überragenden Spalier ver-
bunden und durch Lattenwerk mit Blumenschmuck von
einander geschieden sind. Man sitzt auf diese Art wirklich
zwischen Blumen und die Tracht des Ganzen ist eine sehr
reiche und gefällige.

Nicht übergehen möchte ich einen sog. „Schulgarten".
Auf der Ausstellung ist ein wundervolles Schulgebäude
mit anschliefsender Wohnung usw. zu sehen, bezeichnet
als „Schule der Gemeinde Neu-Eibau in der Oberlausitz".
Der Entwurf stammt vom Architekten E. Kühn, Dresden.
Das Ganze war, wie gesagt, einfach entzückend. Ich
kann aber hier nicht darauf eingehen. Nur der „Schul-
garten" fiel mir auf. Er soll nach Angaben Dresdener
Lehrer, also nicht vom Architekten entworfen sein. Das
Ganze stellt ein von Wogen umrahmtos kleines Rasen-
plätzchen rundlich-rechteckiger Form dar, mit einem vier-
eckigen Rosenbeotchen und 2 runden Gruppen von Calceo-
larion und Pelargonien. Aufserdom langweilt sich daneben
auf dem Rasen eine kleine Tsuga. Am Hause zieht sich
eine schmale Rabatte lang, die sich einseitig am Rasen-
platz fortsetzt. Hier unterbricht sie ein von Efeukästen
eingerahmtos, in den Weg vorspringendes Viereck, das
eine „Klasse im Freien" umschliefst. Sonst zeigt die
Rabatte Steinhaufen mit trivialer Bepflanzung. Sollte es
ein Alpinum sein? Wo aber um alle Welt sind hier
Schulgartenmotive??

Doch wieder zu erfreulicheren Vorbildern.

Architekt Max Hans Kühne, Dresden, hat den
Versuch gemacht, einen kleinen Landfriedhof stimmungsvoll
auszugestalten. Es wäre wohl wert, über diese Friedhofs-
kunst zu sprechen, allein mir fehlen gute Bildbeigaben
und ohne solche könnte ich wenig mehr sagen, als in
der Erläuterung der Anlage im Kataloge steht. Wenn
wir bedenken, dal's alles eine schnelle Äusstollungsarbeit
ist, so müssen wir zugeben, dal's dem Erbauer sehr nette
Wirkungen gelungen sind. Seine Grundgedanken sind
sehr gute und er verfolgt die gleichen Ideen, die wir in
Friedhöfen, wie dem Ohlsdorf er u. a., seit Jahren ent-
wickelt sehon. Es ist aber sehr nachahmenswert, auf
solchen Ausstollungen gerade zur künstlerischen Aus-
arbeitung kleiner und kleinster Kirchhöfe anzuregen und,
wie es hier geschieht, vor allem auch gute Grabdenkmal-
motivo aller Art zu bieten. An der Schöpfung solcher
haben sich eine ganze Reihe tüchtiger Künstler mit Erfolg
beteiligt, und ich erinnere mich nicht, Arbeiten gesehen
zu haben, die mir direkt miisfallen hätten.

Vor dem „sächsischen Haus", einer sehr interessanten
und wirkungsvollen Schöpfung von Prof, Wilh. Kreis,

Dresden, hat dieser als Gartengestaltor bekannte Künstler eine
Naturtheater geschaffen. Das helfet, der dem Hause vor-
gelagerte halbkreisförmige Platz ist vertieft und steigt
nach den Seiten amphitheatralisch in drei Terrasson an,
die gleichsam die Galerien eines Theaters bilden, dessen
Bühne in der Mitte am Fufse der geraden Hauptterrasso
liegt. Der Gedanke ist recht gut und die architektonische
Gliederung ist wohl gelungen. Aber die gärtnerische Aus-
stattung des Ganzen ist eine derart magere und die
wenigen vorhandenen tonangebenden Bäume und Sträucher
sind so schlecht, dafs das Naturtheater nur allzu kahl
und öde vor dem Beschauer liegt. Es fehlt ihm auch
in der Rundung nach aufson ein Abschlufs, wie ihn eine
schöne Taxushecke z. B. bilden könnte. Und dieser wieder
sollte man innen eine breite üppige Stauden- oder Sommer-
blumenrabatte vorlegen, um dem Ganzen einen lebens-
frohen Rahmen zu geben, der, vom Haus aus gesehen,
sehr freundlich wirken müfste.

Auf joden Fall sollte man solche Anlagen nicht durch
eine allzu geringwertige „Ausstellun£>'sbepflanzung" direkt
schädigen. Und das ist hier nicht nur im Naturtheater,
sondern auch im Innonhofe des sächsischen Hauses ge-
schehen, dessen Gliederung und Bepflanzung gleich un-
schön ist. Das einfache Mittelstück hätte wenigstens eben
gelegt oder mit Böschungskanten vorsehen werden müssen
und aufser einem ordentlichen Buchssaum (nicht nur solch
millimeterhohen Pflänzchen) auch reicher Blumenrabatten
bedurft. Das einzige Beetchen war derart vorwildert,
dafs es mehr störte als nützte.

Ich gebe gern zu, dafs es auf Ausstellungen, wenn
die Anlagen nicht allzu kostspielig werden sollen, oft
nicht möglich ist, völlig gute Pflanzencffekte zu erzielen.
Allein zu kümmerlich darf man nie werden, zumal
wenn der Besucher sieht, dafs für die Architektur daneben
genug Mittel da waren! Und dafs man auch gärtnerisch
etwas recht Gutes bieten, Blumen und Grün in Hülle und
Fülle zeigen und einen recht „farbigen" Eindruck erreichen
kann, das hat mir der „deutsche Garten" des Garten-
ingeniours J. P. Grofsmann, Dresden-Leipzig, bewiesen,
dem ich mich nun als dem besten Gartenkunstwerk der
Ausstellung zuwende.

Der Garten ist zu einem Einfamilienhaus gehörig,
welches der Architekt Oswin Hempel, Dresden, erbaut
hat. Dieser hat auch bei der Gartonherstollung insoweit
mitgewirkt, als er die Entwürfe für die Laubo, den Zaun,
den Torbogen und das Spalierwerk geliefert hat. Ehe ich
nun zur Kritik des Gartons übergehe, möchte ich Grofs-
mann selbst das Wort geben und hier wiederholen, wie
er in einer Nummer der Ausstellungszoitung die Ideo,
die ihn leitete, skizziert. Wenn dor Leser dazu die Bild-
beigaben vergleicht, so wird er ein klares Bild dessen,
was der Schöpfer gewollt und erreicht hat, erhalten. Ich
werde meine Randbemerkungen amSchlul's zusammenfassen,

Grofsmann schreibt: „Die gestellte Aufgabe ist un-
gefähr folgende: Ein gut situierter Bürger besitzt vor den
Toren der Stadt Dresden im idyllisch gelegenen Dorfo
Kemnitz ein grölsoros Wiesenareal und beabsichtigt hier-
von ein kleines Terrain von ca. 650 qm abzutrennen und

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