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Die Gartenkunst — 8.1906

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226

DIE GARTENKUNST

VIII, 11

In den Satzungen der Vereinigung ehemaliger Wildparker
steht zu lesen, dafs sie einen Zusammenschluß bezweckt. Wir
wollen mehr als die Pflege kameradschaftlichen Sinnes. In
einer Zeit, in welcher unser Beruf schwer ringt, um sein gutes
Recht vor der grofsen Welt zu behaupten, dünkt es uns Pflicht,
mit eigner Arbeit dazu mitzuhelfen. Wir wollen uns fördern
und unsern Beruf, und wenn uns der Ausschufs der Hörer-
schaft braucht, auch ihn, denn wir werden ihn verstehen, weil
er ein Werk unserer Hände ist. Es ist unser herzlicher Wunsch,
Dahlems Lehranstalt und gärtnerische Arbeit überhaupt ge-
deihen zu sehen, und in jenes soziale Ringen, das hierzu nötig
ist, wollen wir uns mit einstellen.

Alles neue in der Welt wird angefeindet. Gesundes
bricht sich Bahn, Schlacken fallen von selbst. Wohlan! Wir
wagen die Probe.

Rühmend hören wir so oft von älteren Berufsgenossen
hervorheben, dafs sie der jungen Generation zu. Stellen ver-
helfen. Das ist durchaus natürlich, und im Leben immer so.
Aber stets sind die Menschen ihrer Tüchtigkeit wegen be-
schäftigt worden — von besonderen Gründen abgesehen<
Lafst uns Jungen die warme Begeisterung für unsern Beruf.
Wir wären vielleicht weiter, wenn sie immer sorgsam gepflegt
worden wäre, und das Leben schleift schon nach und nach
davon ab. Solch aufrichtige Freude hat für „Unbescheidenheit"
keine Stätte. Starkes gutes Wollen war es, was den Ausschufs
der Hörerschaft und die Autographische Gesellschaft Dahlemer
a. H. a. H. ins Leben rief. Es soll uns auch fernerhin Trieb-
kraft bleiben. Jede Hilfe ist uns hierzu willkommen !

Rudolf Körte. Carl Kanig.

Gartenkunst am Teltowkanal. Am Teltowkanal haben
Ingenieurwissenschaft und Baukunstgemeinschaftlich gearbeitet,
und beide haben ihr bestes für dieses Werk erdacht. Doch
auch der Gartenkunst Aufgabe soll es sein, wo es nur angeht,
der Öffentlichkeit zu dienen. Gartenanlagen sind es ja gerade,
die dem Nützlichen oft das Angenehme beifügen können. In
der richtigen Erkenntnis dieser hohen Bedeutung der Garten-
kunst hatte man es nicht versäumt, am Teltowkanal auch sie
zur Mitarbeit aufzufordern. Es lag ja nun dem Zwecke dieses
Unternehmens wohl nicht nahe genug, etwa ausgedehnte
öffentliche Parkanlagen an dem Ufer dieser Wasserstrafse ent-
stehen zu lassen. Aber wenigstens hielt man an der wohl
bevorzugtesten Stelle des ganzen Kanals die Mitarbeit des
Gartenkünstlers für notwendig und erbat seine Hilfe.

Dort, wo die Wasserhöhe der Havel mit jener der Spree
durch die sogenannte „Machnower Schleuse" ausgeglichen
wird, sehen wir ein stattliches Bauwerk emporragen. Ein
kunstsinniger Architekt hat diese Schleusenanlage mit einem
architektonischen Kleide versehen, das durch Struktur und
Bauart vollkommen seiner Umgebung sich anpafst. Hier war
auch dem Gärtner eine dankbare Aufgabe gestellt — und wie
hat er diese gelöst'?

Für die dekorative Ausstattung des eigentlichen Restau-
rationsgartens wollen wir ihn nicht verantwortlich machen.
Die war wohl hier, wie in den meisten Fällen, Sache des be-
treffenden Gastwirtes. So finden wir denn auch hier den
üblichen Restaurationsgarten genau so, wie er meistens den-
selben Typus zeigt: Lorbeerbäume, Palmen, Efeu-Wände, süd-
ländische Nadelhölzer und andere Kübelpflanzen. Doch der
„clou" dieser Garten anläge im weiteren Sinne sollte jedenfalls
die Ausgestaltung der dortigen Böschung werden. In diese
Böschung hat der Gärtner mit „Thüringer Grottensteinen" auf-
gemauerte Nischen eingebaut. „Thüringer Grottensteinc" —
märkische Landschaft, wie reimt sich das zusammen!

Fand man keine märkischen Findlingsgesteine an Stelle

der „Thüringer"? — Und über diesen Grottensteinen und in
diese hineingezwängt sehen wir einen botanischen Garten en
miniature. Allerlei Pflanzen in vielerlei Arten sind dort hinein-
gepflanzt. Nun ist es ja sicherlich lobenswert, dafs man jetzt
mehr als bisher, und besonders an einem so viel besuchten
Orte wie die „Machnower Schleuse", der grofsen Masse des
Publikums Gelegenheit bietet, die Pflanzen in ihren mannig-
faltigen Formen kennen zu lernen. Das ist praktisch vorge-
führte Pflanzenkunde.

Aber vor allen Dingen ist es dann notwendig, dafs die
Pflanzen wenigstens annähernd auch nur auf einem solchen
Standorte und in solchen Vegetationsverhältnissen gezeigt
werden, wie es die Natur verlangt! Derartige öffentliche An-
lagen sollen dann doch wirklich auch in dieser Beziehung als
Muster dienen können. Wer nun die Absicht hat, Gestalt und
Namen dieser oder jener Pflanze aus der botanischen An-
pflanzung bei der „Machnower Schleuse" sich einzuprägen, der
wird in den meisten Fällen ein ganz falsches Bild von dem
natürlichen Standort der betreffenden Pflanze in sich auf-
nehmen. Dort sind z. B. die ausgesprochensten Sumpfpflanzen,
die in feuchtem Boden stehen wollen, oben auf der Böschung
in die trockenen Steine hineingeprefst, wo nie ein Tropfen
Wasser ihre durstige Seele erquicken wird.

Fein säuberlich hat man in jener Anlage am Teltowkanal
die Pflanzen mit Porzellanschildern versehen, auf denen die
botanischen Namen in lateinischer Sprache notiert sind. Die
deutschen Namen hat man nicht hinzugesetzt. Und dadurch
geht sicherlich der Hauptzweck dieser ganzen Anpflanzung
verloren. Hier soll doch nicht der Botaniker und Gärtner
lernen, sondern die breite Masse der Besucher! Es gibt doch
glücklicherweise genug Pflanzen, deren deutscher Name immer-
hin schon genügend üblich ist, um angeführt zu werden, und
den werden sich alle leichter merken als den botanischen.
Vom „Leberblümchen", „Edelweifs" und von vielen, vielen
anderen Pflanzen hat ein jeder wohl schon gehört. Unter
diesen Namen haben wir sie liebgewonnen, und wir würden
uns freuen, sie in der Pflanzung an der „Machnower
Schleuse" wieder kennen zu lernen. Aber an deren botanischen
Namen Hepatica triloba, Leontopodium alpinum werden sich
die meisten Leute, die dorthin kommen, unnütz ihre Zunge
zerbrechen, und die Pflanzen selbst werden ihnen als Fremd-
linge erscheinen.

Wir treten nun zum Wirtschaftsgarten hinaus auf die
Brücke, die hier den Kanal überspannt. Weit wird uns hier
das Herz, wo wir unseren Blick gleiten lassen können auf der
blanken Fläche des Wassers bis dorthin, wo in der Ferne
dunkle Kiefern diesem reizvollen Bilde den Rahmen geben.
Wie kleinlich erscheint uns dagegen nun die „Gartenan-
lage", die an der anderen Seite der Brücke ebenfalls bei Ge-
legenheit des Teltowkanals an dessen Ufer „hergestellt" wurde!

Ja — sind denn dort aber nicht ganz nette Wege, ein
paar Sitzplätzchen und vielerlei Pflanzen in vielerlei Grup-
pierungen? — Trotzdem oder vielmehr gerade deswegen ist
es nur ein „Alltagsgarten", den wir dort finden! Es ist eine
von jenen Gartenanlagen, wie man sie in derselben Art, mit
demselben Durcheinander von Pflanzen, mit denselben Wegen
überall sehen kann, eine von den „Gartenanlagen", die sich immer
gleichen, ob sie nun beim herrschaftlichen Wohnhause, oder
bei einem öffentlichen monumental wirkenden Gebäude, ob sie
in der Umgebung Berlins oder auf Thüringer Bergen liegen!
Es ist jenes Schema, nach dem mindestens 90 v. H. unserer
heutigen Gärten gemacht werden! Und wie hätte gerade hier
an dieser Stätte, der Gärtner arbeiten können!

Der Architekt hatte die Situation richtig erfafst, der Gärtner
 
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