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Die Gartenkunst — 8.1906

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Heicke, C.: Die Nachahmung der Natur in der Gartenkunst, [2]: Vortrag gehalten auf der Nürnberger Hauptversammlung der D.G.f.G. am 19. August 1906
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https://doi.org/10.11588/diglit.22778#0243

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230

DIE GARTENKUNST

VL1I, 12

Vorbilder halten, sondern indem wir die Wesenszüge der natürlichen Verhältnisse halber nicht gedeihen können und

Natur bei ihrem Schaffen offenen Auges und Sinnes in also nicht am Platze sind.

uns aufnehmen, um sie nachher künstlerisch am gege- Das Studium der Natur lehrt uns ferner, dafs es,
benen Platze wieder in Erscheinung treten zu lassen. auch abgesehen von den Licht- und Schattenverhältnissen,
Um nicht mifsverstanden zu werden, will ich einen gar nicht einerlei ist, was für Blumen im einzelnen Falle
kleinen Ausschnitt aus dem grofsen Gebiet herausgreifen, angewendet werden, dafs nur ganz bestimmteZ usammen-
Wir sehen in der Natur, dal's, abgesehen von ganz Stellungen , aber nicht jede beliebige Auswahl zusammen-
wenigen bestimmten Arten, die Blumen nicht im tiefen passen. Es gibt Blumen, die nur am Wasser, andere, die
Schatten und unter dem Druck von Bäumen ihre farbigen nur im Zusammenhange mit Gestein befriedigen, wieder
Blüten entfalten, sondern da, wo sie in ihrem Lebens- andere, die erst im Zusammenhang mit Rasen und Wiesen
eletnent, im andere wie-

selbst wenn wenden, der
es gelingt, Wasserpartie mit Gesteirigruppierung und Stauden in den Erfurter Stadtanlagen, wh'dsich ein
und man aasgeführt von Gartendirektor Linne, Erfurt. feines Ge-
könnte fühl dafür
sich ja mit häufigem Wechsel von Pflanzen, die vor- aneignen, sie so zu verwenden, dal's stets alle ihre
her zur Blüte gebracht sind, helfen, so ist die Wirkung zierenden Eigenschaften ausgenutzt werden,
doch eine sehr bedingte; der feinfühlige Beobachter Wem es Befriedigung gewährt aus Strauchwerk
empfindet ohne weiteres, dafs die Blumen da im Schatten lebendige Hocken zu schneiden, dem allerdings genügt es,
gar nicht am Platze sind, es ist ein Verstol's wenn das Material grün ist und dicht bleibt, alles andere
gegen die Naturwahrhoit, sie so zu vorwenden. So ist gleichgültig, ebenso wie es bei den in bestimmten
empfinde ich es immer sehr störend, wenn ich auf einem Eormen geschnittenen Bäumen nicht von Belang ist, welche
Gang über den Frankfurter Friedhof den Eifer sehe, mit Arten man vor sich hat. Wenn sie sich nur schneiden lassen!
dem die Gärtner die Grabhügel, obschon der Baumbestand Im landschaftlichen Garten, der die Wesenszüge der
sehr viel Schatten verbreitet, mit allen möglichen Blumen Natur künstlerisch idealisiert wieder geben soll, sprechen
ausstatten. Man sieht da alles, was die Jahreszeit bringt, alle Eigenschaften der zur Verwendung gelangenden
in reichem Wechsel ohne Rücksicht auf die Eigenartigkeit Pflanzen mit; ihre Form, Wuchs, Gröfso, Verträglichkeit
der Lage angepflanzt in den buntesten F'arben. mit anderen Firmen, ihre Verwendbarkeit im Zusammon-
Leute mit wenig entwickeltem Peingefühl mögen hang mit der ganzen Umgebung geben den Ausschlag,
nichts dabei empfinden. Dagegen muls ich mich über Man pflanzt nicht Bäume, sondern man pflanzt Eichen,
Künstler wie Olbrich, Behrens, Billing u. a. wundern, wenn Ahorn, Linden, ebenso wie man nicht schlechtweg immer-
sie, wie jetzt in Köln in der Floräi Blumen in reicher grünes Gehölz, sondern ganz bestimmte Arten für die
Fülle an Plätzen unter Bäumen verwenden, wo sie der jeweiligen Zwecke und Gelegenheiten im Auge hat.
 
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