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Die Gartenkunst — 8.1906

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Hoemann, Reinhold: Betrachtungen zum Ergebnis des Hamelner Friedhofswettbewerbs
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https://doi.org/10.11588/diglit.22778#0250

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VIII, 12

DIE GARTENKUNST

237

liegt, erschlossen. Will ich nun etwa zu einem der höher frieden werden die Toten ruhen. Die Grabstätte des
gelegenen Gräber-Quartier, so mufs ich im Zickzack armen Mannes wird dann in trauter abgeschlossener
hin- und herlaufen. Ist das richtig?! Dafs dieser ei- Heimlichkeit der des Reichen an Schönheit nicht nach-
förmige Umgangsweg mit dem unteren Umgangsweg zu stehen, friedliche Harmonie wird dem ganzen Friedhof
einem einheitlichen bequemen Wegezug sich nicht ver- sich eignen. Gerado auf diesen Punkt, als einen der
einigt, halte ich ebenfalls für einen groben Fehler. Ich wichtigsten bei Friedhofanlagen, möchte ich die besondere
könnte noch weiter kritisieren und kleinere Fehler, etwa Aufmerksamkeit aller Beteiligten lenken. Viele andere
die unschönen Wegeabzwoigungen von den beiden Kreis- Entwürfe zeigen übrigens in diesem Punkte eine ähnliche
plätzen bemängeln, will aber darüber hinweggehen, weil Auffassung.

es neben dem bisher Gesagton nebensächlich erscheint. Doch nun zur Betrachtung der mit dem 2. Preiso

Aber eines möchte ich noch erwähnen, weil es mir ausgezeichneten Arbeit mit dem Kennwort „Kunst und

wesentlich, sehr wesentlich zu sein scheint. Es ist Natur". Das Kennwort bezeichnet die Auffassung des

Hamelner Wettbewerb. Perspektive zum Entwurf dos Gartendirektors Trip-Hannover.

die Anordnung der Reihengräbor auf den grol'sen Grab-
feldern. Nehmen wir irgend ein Quartier. Umschlossen sind
die Gräber von einer heckonartigen Pflanzung, daran Grab
an Grab der armen Leute. Baum und Strauch fehlt,
trostlose Nüchternheit starrt einem entgegen. Seht euch
einmal die grofsen Stadtfriedhöfe an, wo man in dieser
Weise verfährt Schön ist das nicht, das scheinen auch
die Herren Verfasser des Campo santo zu wissen, sonst
würden sie nicht diese „Schönheit" zu verdecken suchen.
Ja verdecken, übertuschen will man die starre Öde der
Massengräber, anstatt die Öde selbst zu beseitigen. Ist
es denn so schwer, diese Öde zu bannen'' Geht doch
nach Hamburg, seht zu, wie Meister Corres jene Gräber
behandelt und tut ähnliches! ff

Ja, wird man mir entgegenrufen, das kostet zu viel
Platz, nunwohl, das kostet Platz, aber hier ist der Einsatz
des Lohnes wert.

Übrigens kann man dies auch auf andere, sparsamere
Weise erreichen. Pflanzt doch auf die Gräber, welche
von den Angehörigen nicht unterhalten werden, es gibt
deren leider genug (durch eine Klausel in der Begräbnis-
ordnung liefse sich dies wohl erreichen), Bäume, in
lockerer hainartiger Anordnung, etwa Birken auf den
Kinderquartieron (wie Olbrich euch in Darmstadt lehrte).

Es wird alsdann über den Grabfeldern ein hainartiger
Baumbestand erstehen und in dämmerig heimlichem Wald-

Verfassers. Der Verfasser macht jeder Richtung ihre
Konzessionen (wie es das Programm übrigens verlangt);
ich möchte es fast ein Kompromil'sprojekt nennen und in
diesem Sinne scheint es auch von der Jury beurteilt zu
sein. Das Projekt steht nach meiner Auffassung höher,
wesentlich höher als die Arbeit, welche mit I. zensiert
wurde. Dennoch scheint mir für die Praxis auch dieser
Plan unbrauchbar. Warum?! Weil die Grabverteilung
unrichtig ist. Das Projekt zeigt 5507 Kaufgräber, 5575
Reihengräber. Dies Mißverhältnis mufs jedem Friedhof-
praktiker sofort in die Augen springen. Das Projekt läfst
auch ohne einschneidende Dispositionsänderungen nicht die
Möglichkeit zu, dies Verhältnis aufzuheben. Ich war
höchst überrascht, als ich diese Zahlen las, dachte aber,
es kann eine ehrendo Eigenart der Hamelner Bürger sein,
soviel Kaufgräber und so wonig Roihengräbor zu benötigen.
Ich erkundigte mich sofort bei einem gerade anwesenden
zuständigen Beamten der Stadt, ob ein solches Verhältnis
dort herrsche, wurde aber klar und präzise eines anderen
belehrt. Das Mifsverhältnis bleibt also bestehen. Also
rund 11 100 Gräber sieht der Entwurf vor, die Grabgröl'se
für Erwachsene beträgt normal 1,1 X 2,2, also rund
2,5 qm (Kindergräber 0,8 X L60 will ich gar nicht in
Rechnung ziehen). Mithin belegt der Entwurf 11100X2,5
= 27 750 qm mit Gräbern. Also da die Gröfse des Friedhofes
15'/2 ha beträgt, nicht einmal den fünften Teil (ca. 18 °/0).
 
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