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Die Gartenkunst — 14.1912

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Röhne, Marius: Der Rathausgarten in Kopenhagen
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https://doi.org/10.11588/diglit.20815#0125

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XIV, 8

DIE GARTENKUNST.

117

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Rathausgarten in Kopenhagen: Grundriß. Gartenarchitekt Glaesel, Kopenhagen.

Der Rathausgarten in Kopenhagen.

Von cand. hört. Marius Rohne, Kopenhagen.

Immer wieder sehen wir hier oben in den skandi-
navischen Ländern Beweise der starken Entwickelung,
in der die deutsche Gartenkunst sich befindet; und
obwohl diese Entwickelung sich in höchstverschiedener
Weise äußert, fällt es doch dem fremden Beobachter
auf, daß etwas Eigenartiges sie zu durchströmen scheint,
etwas das dem Ganzen sein Gepräge oder einen der-
artig nationalen Zuschnitt gibt, daß man mit Recht von
deutscher Gartenkunst sprechen kann. Doch nicht nur
in unserer Zeit hat dies sich geltend gemacht, sondern
sehr, ja vielleicht noch mehr, in früheren Zeiten. Einen
bestimmten Eindruck erhält man davon, wenn man das
hinterlassene Material studiert anfangend bei Fürst
Pückler-Muskau und Meyer bis zu den ideenreichen
und tüchtigen jetzigen Gartenkünstlern Deutschlands.
Deutschland hat seine großen Männer gehabt und hat
sie noch, die als Bahnbrecher für neue Ideen und neue
Gedanken auf der Arena der Gartenkunst ihren Einzug
gehalten haben. Wenn man einen Blick auf die kleinen
Länder wirft, so erscheint hier der Entwickelungsgang
der Gartenkunst etwas anders. Es sind ja dort die
Verhältnisse im großen ganzen viel kleiner und infolge-
dessen können die großen Ideen schwieriger realisiert
werden, wenn sie auch in ihrer Tendenz ebenso genial
sind wie die der größeren Länder.

Bis zum Ende des vorigen Jahrhunderts stand die
Gartenkunst Dänemarks auf keiner hohen Stufe. Man
folgte hier, wie in allen kleinen Ländern, dem Beispiel
der großen Kulturländer, ohne daß das Resultat ein
günstiges wurde. Es ist dies auch verständlich, denn
man brachte es nicht fertig, das Importierte in die
vorhandenen Verhältnisse einzufügen und sinngemäß
umzugestalten. Von einer heimischen, das heißt natio-
nalen Gartenkunst in Dänemark kann daher kaum die
Rede sein, ehe der Landschaftsgärtner Edv. Glaesel
hervortrat. Durch diesen Gartenkünstler ist aber eine so
eingreifende Veränderung herbeigeführt worden, daß
Dänemark mit einem Schlage in die vorderen Reihen
heraufgerückt worden ist.

Mit ungestilltem Interesse folgt man der raschen
Entwickelung der Gartenkunst Deutschlands; da aber
die großen Kulturländer wegen ihrer großen Verhältnisse
leicht die kleinen Länder unbeachtet lassen, so habe
ich gedacht, es würde die Leser der „Gartenkunst“
vielleicht interessieren ein wenig von den vorzüglichen
Arbeiten zu erfahren, die auch in Dänemark in Er-
scheinung traten. Als Beispiel soll der Rathausgarten
in Kopenhagen dienen.

Der ganze Garten ist nicht besonders groß —
etwa 126 m lang und 31,5 m breit. Die eine Längs-
seite ist vom Rathaus begrenzt, während an der anderen
Längsseite entlang eine breite, schöne Straße, Wester-
Boulevard, sich hinzieht. Die Aufgabe des Garten-
künstlers war es, innerhalb diesen engen Rahmens eine
möglichst große Üppigkeit und Abwechslung in rhyth-
mischer, organischer Gliederung hervorzuzaubern. Hier
kann das Auge nicht weit ausschauen — auch stehen
dem Künstler keine großen Linien und Luftperspektiven
zur Verfügung — hier ist alles in die nächste Nähe
des Beobachters gerückt.

Wie es sich aus dem Grundplan ergibt, wird der
Platz erst von einem breiten, asphaltierten Haupt-
eingang in zwei gleiche Teile geteilt. Bepflanzungen
und Laubgänge teilen ihn ferner in eine Reihe von
kleinen Gartenpartien, durch einen Mittelgang und zwei
Außengänge verbunden, von welchen derjenige längs
der Vorderseite des Rathauses schlechthin zum Durch-
gang bestimmt ist. An diesen und den beiden Seiten
des Haupteinganges entlang findet sich ein Säulengang
von Arkadenbäumen (Tilia grandifolia), der nicht nur
einen herrlichen Rahmen um den eigentlichen Garten
bildet, sondern diesen gleichzeitig sozusagen fester mit
dem Gebäude verbindet.

Durch zwei Laubgänge, von denen der eine von
Ampelopsis hederacea und Schlingrosen, der andere
von Carpinus betulus gebildet wird, und worin zierliche
weißgestrichene Bänke im Empirestil aufgestellt sind —
wird der Garten noch außerdem in drei Partien geteilt,
die, obwohl verschieden im Charakter und Wesen, eine
harmonische Gesamtheit von außerordentlicher Wirkung
bilden. Da der Stil ein ausgeprägter Renaissancestil
 
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