Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Die Gartenkunst — 14.1912

DOI Artikel:
Ulrich, F.: Gedanken über Friedhofsgestaltung: Vortrag
DOI Artikel:
Singer, Wolfgang: Künstlerische Richtlinien für die Unterhaltung der Gartenanlagen: Vortrag
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.20815#0252

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
XIV, 16

DIE GARTENKUNST.

245

wirken und stetig gute Beispiele für das Einzelgrab,
auf das so vieles ankommt, an Ort und Stelle vor-
führen, nur so kann der Friedhof von jener Unkultur
erlöst werden, die gerade an dieser Stätte so peinlich
berührt.

Künstlerische Richtlinien
für die Unterhaltung der Gartenanlagen.

Vortrag, gehalten auf der Gartenbauwoche in Bonn von dem
kgl. Kurgarteninspektor Wolfgang Singer, Bad Kissingen.

Vieles, darunter manch Gutes ist in den letzten
Jahren über die künstlerische Gartengestaltung ge-
sprochen und geschrieben worden, heiß brannte um
die Prinzipien: hie „landschaftlich", hie „formal" der
Kampf, aus dem der geometrisch - architektonische
Stil zunächst wieder als Sieger hervorgegangen ist
Ausgestritten, ausgerungen ist der lange, schwere Streit!

Die D. G. f. G. K. darf sich rühmen, daß sie seit
Düsseldorf und Darmstadt viel für die Neubelebung
eines wirklich künstlerischen Ausbaues der Gärten und
Parke getan; der allerorts erkennbare Fortschritt in der
Gestaltung neuer Gärten ist selbstverständlich auch
der Unterhaltung und Pflege zugute gekommen,
denn ein richtig gebauter Garten muß von selbst
zu einer guten Unterhaltung anregen, wenn anders
dem Gärtner, dessen Obsorge die Pflege anvertraut
wird, die nötige Vorbildung und die Fähigkeiten inne-
wohnen, in den Geist des Erfinders d. h. des Gartenarchi-
tekten einzudringen.

Schwieriger, viel schwieriger liegt die Unterhaltungs-
frage bei älteren oder alten Gärten, namentlich bei
jenen, deren ursprüngliches Aussehen durch Natur und
Menschenhand, Verstand und Unverstand mehr oder
minder große Veränderungen erfahren hat.

Zieht man die Geschichte der Gartenkunst zu
Rate, so bietet sie ein Bild öfteren Wechsels des Ein-
flusses der landschaftlichen auf die ursprünglich regel-
mäßigen Gartenformen, wodurch auch die Unterhaltung
der Gärten nicht unberührt blieb. Deshalb ist uns von
den alten Kunstgärten der Renaissance- und Barock-
zeit nur weniges unverfälscht erhalten geblieben, fast
überall hat die in unaufhörlicher Bewegung sich er-
neuernde Mode, vor allem die Zeit der Romantik und
der Siegeszug des sogenannten „Englischen Gartenstils"
einschneidende Änderungen an den großartigen Kunst-
werken der formalen Gartenstile verursacht.

Ist es denn überhaupt erlaubt, bei der Pflege und
Unterhaltung kunstgerechter Stilgärten wesentliche Än-
derungen an ihrer Form und Gestalt vorzunehmen, sind
auch sie dem Auf und Ab der Mode zu unterwerfen,
oder müssen sie vielmehr wie Museumsbildwerke
vor jeder fremden Einwirkung bewahrt werden?

Diese Frage möchte ich nur für solche Meister-
werke der Gartenkunst, die in der Hauptsache als
Schaustücke und typische Repräsentanten der einzelnen

Stilperioden zu gelten haben, ohne Einschränkung
bejahen, hier nehme ich — die Anfechtbarkeit meiner
Ansicht zugebend — einen ganz puritanischen
Standpunkt ein. Dagegen müssen Anlagen, die prak-
tischen Bedürfnissen — ganz gleich ob öffentlichen
oder privaten — dienen, ihrem jeweiligen Zweck ent-
sprechend, unterhalten werden. Deshalb ist der Zweck
— ich sage nicht der höhere oder niedere, sondern
schlechthin der Zweck — ausschlaggebend für die
Art der Unterhaltung und auch für die künstlerische
Form; da werden also neue Bedürfnisse, Zeitgeist und
Volkssitte einen berechtigten Ausdruck in der Unter-
haltung und wenn nötig in der Umgestaltung der
Gärten finden müssen.

Verhältnismäßig einfach scheint die Pflege der
Gärten der formalen Stile, besonders jener, die auch
im Aufrisse nur Kunstformen tragen. Wenn da durch
den Baum- und Gehölzschnitt immer ein gutes Ver-
hältnis in räumlicher Hinsicht, d. h. nach Höhe und
Breite gewahrt wird, so ist wohl die Hauptsache für
ihre architektonische Wirkung getan. Noch aber fehlt
dem Körper der Geist, noch bleibt auf schönen Blumen-
schmuck, auf eine malerische Verteilung von Farbe
hinzuwirken. Das erfordert nicht geringe künstlerische
Tätigkeit und Fähigkeit, da dem in den Kunstformen
erstarrten, der Raumbildung dienenden Gehölzmaterial
durch die Blumen immer neues, frisches Leben einge-
flößt und so erst zu einer richtigen Gartenstimmung
der notwendige farbenfrohe Einschlag gegeben werden
muß. Viel köstliches Material für die wechselnden
Motive stehen dabei dem Gartenkünstler zur Verfügung.
Von dem Zauber schönheitprangender Einzelpflanzen
bis zur Massenwirkung der Farben-Gärten oder -Beete
und der Symphonie buntgemischter Sommerblumen-
oder Staudenpflanzungen gibt es alle möglichen Kom-
binationen, die alle, wenn nur feinsinnig angewandt, ihre
volle Berechtigung haben.

Wir Älteren kennen noch die Zeit, in der nicht
die Gehölze, sondern die Blumen, die zarten Kinder
Floras grausam mit Messer und Scheere in strenge
Formen gezwungen wurden, die Zeit der ausschließ-
lichen Teppichbeete zunächst aus buntblätterigen
Pflanzen, die dann den blühenden Teppichen weichen
mußten. Bald genügten nicht mehr flache Arabesken;
in den tollsten Formen und Farben wurden Orgien der
Scheußlichkeiten gefeiert und den armen Blumen und
dem guten Geschmacke Gewalt angetan. Wir lächeln
heute darüber und verurteilen das als öde Geschmack-
losigkeit, was zeitweise in allen Kulturländern be-
wundert wurde und leider heute mancherorts noch
bewundert werden will, ich erinnere nur an einen
bekannten Schaugarten, der früher als Muster der
Teppichgärtnerei gelten konnte. Die immer unsinniger
gewordenen Auswüchse falscher Teppichbeetverwendung
führten naturgemäß zur Übersättigung, so daß die Pre-
diger einer Rückkehr zur Einfachheit in Form und
Farbe leicht willige Ohren fanden.

So regten besonders die Farbengärten Olbrichs
 
Annotationen