Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Gartenkunst — 14.1912

DOI Artikel:
Arnold, R.; Hoemann, Reinhold: Die künstlerische Ausbildung des Gartenarchitekten: eine Äußerung zum Vortrage des Gartenarchitekten Herrn Reinh. Hoemann, Düsseldorf; [und Erwiderung von Hoemann]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.20815#0265

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
258

DIE GARTENKUNST.

XIV, 17

dessen wird zunächst die Frequenz der Gartenkunstabteilung
der Aachener Hochschule und der Düsseldorfer Kunstgewerbe-
schule angeführt. Ich weiß nicht, ob die diesbezüglichen Be-
hauptungen der Wirklichkeit entsprechen, aber wenn sie das
auch tun, so ist damit kein Beweis zu führen, der meinen
diesbezüglichen Forderungen den Boden entzieht. Ich selbst
habe vermutet, daß in Aachen nicht auf eine genügende An-
zahl von Hörern gerechnet werden kann, und ich verweise
auf meine diesbezüglichen Ausführungen in der August-Nummer
der Gartenkunst 1911; wenn meine Vermutungen sich bestä-
tigen, so beweist das nur, daß ich die Sachlage durchaus
richtig beurteilt habe. Daß die Abt. Gartenkunst der Düssel-
dorfer Kunstgewerbeschule zurzeit wenige Schüler aufweist,
liegt teils daran, daß der Unterricht in Gartengestaltung,
Materiallehre usw. auch hier noch nicht genügend ausgebaut
ist, es liegt an den Aufnahmebedingungen, es liegt daran, daß
die Ausbildungskosten nach vorhergegangenem Besuch einer
Gärtnerlehranstalt nur von wenigen getragen werden können,
und es scheint mir auch daran zu liegen, daß man in ge-
wissen Kreisen erfolgreich von dem nachträglichen Besuch
der Kunstgewerbeschule abrät.

Aber all das ist keinerlei Beweis für oder gegen die
praktische Durchführbarkeit meiner Vorschläge oder derjenigen
des Herrn Arnold; es beweist nur, daß die jetzt üblichen
Methoden Mängel haben und daß diese beseitigt werden
müssen.

Nach meiner Auffassung wird das Übel am leichtesten
radikal beseitigt, wenn man die Ausbildung des Pflanzen-
züchters und des Gartentechnikers von Grund auf trennt von
der Ausbildung des Gartenarchitekten. Die 3- oder 4-jährige
praktische Ausbildung des zukünftigen Gartenarchitekten ist
meines Erachtens durchaus nicht notwendig, es wäre besser,
er würde diese Zeit zur Vervollkommnung der allgemeinen
Ausbildung benutzen und dann mit dem Abiturientenexamen
in die fachliche Hochschule (wie ich sie einmal nennen will)
kommen. An und für sich wäre es nun völlig gleichgültig,
ob diese fachliche Hochschule, die noch nicht existiert, einge-
richtet wird durch entsprechenden Ausbau einer der bestehen-
den Fachschulen oder durch Ausbau einer bestehenden tech-
nischen Hochschule. Was am leichtesten möglich ist und mit
geringsten Kosten den größten Erfolg verspricht, das wird
wohl das Beste sein.

Prüfen wir daraufhin die jetzige Gartenbaufachschule und
die technische Hochschule oder höhere Kunstgewerbeschule.
Bauen wir einmal theoretisch die Gartenbauschule als Garten-
bauhochschule aus. Vorbildungserfordernis: Abiturienten-

examen. Der jetzigen Schule wären ergänzende Lehrkräfte
für Architektur, technische und künstlerische Darstellung, all-
gemeinen Kunstunterricht usw. einzufügen. Die Kräfte für
Gartenkunst wären selbstverständlich noch zu ergänzen und,
wenn man erste Kräfte dauernd erhalten will, weit höher zu
besolden. Das scheint alles sehr leicht und ist doch sehr
schwer. Ich bin fest überzeugt, daß die Gartenbauschule, die
dem Landwirtschaftsminister untersteht, erste Kräfte für
diese Disziplinen nicht erhält, daß sie sich vielmehr mit zweiten
oder gar dritten Kräften begnügen muß, schon der Gehalts-
frage wegen.

Es ist weiter wahrscheinlich, daß das Material für den
notwendigen Anschauungsunterricht, welches auf guten Hoch-
schulen und auch auf Kunstgewerbeschulen zur Erziehung,
als Ergebnis jahrzehntelanger Sammlung zur Verfügung steht,
in dieser Vollkommenheit kaum von den Gartenbauschulen
beschafft werden wird und beschafft werden kann.

Was wäre dann das Resultat? Unterricht im künst-
lerischen Schaffen mit minderwertigen Lehrern und minder-
wertigem Anschauungsmaterial, dafür aber bessere Einsicht
in den eigentlichen Gartenbau. Eine Fühlung mit anderen
Künstlern, Architekten und Städtebauern, Bildhauern ist kaum
für den Lehrer, gar nicht für den Schüler durchführbar und diese
gemeinsame Erziehung halte ich für letztere besonders fördernd.

Bei Ausbau der technischen Hochschule ergäbe sich etwa
folgendes Bild:

Vorbildung, Abiturientenexamen und der Nachweis einer
ausreichenden künstlerischen Begabung.

Neueinrichtung einiger Lehrstühle für Gartenkunst (Mate-
rialkunde müßte von diesen Lehrern mitgegeben werden),
Technik, Feldmessen etc. ist nur für die Bedürfnisse des
Gartenarchitekten etwas auszubauen.

Es ist anzunehmen, daß es leichter gelingen wird, für
diese Lehrstühle unter gleichen oder ähnlichen Voraussetzungen
und Bedingungen, wie sie jetzt auf der Hochschule üblich, erst-
klassige Lehrkräfte zu gewinnen.

Für die Hilfsfächer: Zeichnen, Skizzieren, Malen, Model-
lieren, Farbenlehre, Kunstgeschichte, Architektur usw. kurzum
für die allgemeine künstlerische Bildung sind diese Kräfte
schon da. Der Unterricht oder das Kolleg für diese Fächer
wird zusammen mit den jüngeren Architekten etc. gehalten.

Der Einblick in die Fächer des praktischen Gartenbaues,
also der Pflanzenzucht, würde nicht so gut sein, wie auf der
Gartenbaufachschule, er ist aber auch nicht so notwendig.
Der andere Unterricht würde nach meinem Dafürhalten gründ-
licher und besser, Lehrer und Schüler (Hörer) der verschie-
denen Fakultäten würden sich gegenseitig befruchten und wert-
volle Verbindungen für das spätere Leben anknüpfen.

Mir selbst scheint die letztere Methode, wenn ich mich
bemühe, die Sache ganz unbefangen zu beurteilen, ein besseres
Erziehungsresultat zu gewährleisten und auch keine größeren
Kosten zu beanspruchen wie der Ausbau der Dahlemer Anstalt
oder ihr Anschluß an eine Universität. Es würde diese Ein-
richtung auf einer derartigen Hochschule, etwa in Berlin oder
in München auch für Jahrzehnte genügen.

Ich bin fest überzeugt, wenn man in dieser Weise eine
technische Hochschule für die Gartenkunst ausbaute, sie würde
von Anfang an Hörer haben, deren Zahl etwa in 4 oder 5
Jahren des Bestehens den Normalstand erreicht haben würde.
Die Gartenkunstklasse der Kunstgewerbeschule betrachte ich
teils als ein Durchgangsstadium auf dem Wege zur Hoch-
schule, teils als eine Möglichkeit künstlerisch befähigten jungen
Leuten ohne das Abiturium diese Laufbahn nicht zu verschließen,
ähnlich wie es jetzt bei der Ausbildung zum Architekten der
Fall ist. Wer von den letzteren die fehlende Allgemeinbildung
durch Selbststudium oder in einer eigens hierfür zu errichten-
den Unterrichtsstelle ergänzt, der wird im Leben denselben
Wert haben, wie der Akademiker. Mir ist die Akademie nicht das
Mittel zum Zweck, für den jungen Techniker Titel und Diplom zu
erlangen, sondern lediglich die Erkenntnis, daß hier eine bessere
Ausbildung gegeben werden kann wie auf einer einseitig be-
triebenen Fachschule, läßt mich der technischen Hochschule vor
der ausgebauten Gartenbaufachschule den Vorzug geben.

„Wie ist’s nun im nachherigen Leben?“ so etwa fra°t
Herr Arnold 1 Es wird etwa so seinl Die Oberbeamtenstellen
würden wohl in solchem Falle fast ausnahmslos den Absol-
venten dieser Hochschule zufallen. Die frei schaffenden Garten-
architekten werden sich aus gleichem Material rekrutieren
aber vielleicht stark ergänzen aus Leuten, die aus den Garten-
kunstklassen der Kunstgewerbeschulen hervorgegangen sind.
Daneben werden immer einige hervorragende Leute stehen
welche ihre Erziehung nur dem praktischen Leben, ihrer
eigenen Begabung und ihrem eigenen Selbststudium verdanken.
Diesen 3 Klassen werden wohl alle bedeutenden Aufgaben zu-
fallen und tüchtige lechniker und Männer der Praxis werden
diese Arbeit unter Leitung dieser Künstler ausführen und die
Künstler werden Achtung vor den Praktikern und die letzteren
solche vor den Künstlern haben und die Laienwelt wird beide
Kategorien achten und wertschätzen.

Bei dieser Arbeit werden die Techniker und Garten-
fachleute sehr viel von den Künstlern lernen, sie werden auch
auf ihren Fachschulen lernen einfache Aufgaben schlicht und
sachlich zu lösen, sie werden lernen keine Dummheiten zu
machen, die ein mangelhaftes unverdautes Kunstwissen viel
mehr begünstigt, wie das Fehlen dieses Kunstwissens. Diese
 
Annotationen