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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — N.F. 2.1937

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Thiel, Viktor: Die Beziehungen der Kupferstecher Georg Peham und Daniel Höfner zueinander
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https://doi.org/10.11588/diglit.6337#0156

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Heimatort Nellingen bei Ulm im Jahre 1584 hatte über München geführt. Hier hauste seit
etwa zwei Jahrzehnten sein Vetter Georg Widmanstetter, der seit ungefähr 1568 im Dienste
des Hofes beim Buchdrucker Adam Berg war und sich mit einer Münchener Bürgerstochter
Barbara Daser verheiratet hatte; so lernte Daniel Höfner deren Schwester Begina kennen.1 Im
November 1584 hielt er mit ihr Hochzeit. Noch war ein Jahr hernach nicht verflossen, als im
Oktober 1585 sein Vetter und Schwager — wohl durch die Vermittlung Höfners — zum Hof-
buchdrucker in Graz ernannt wurde. Zweifellos sind sich Höfner und Peham persönlich ein-
ander nahegekommen, um so mehr, als Peham vermutlich aus Augsburg stammte,2 also wohl
auch zur schwäbischen Landsmannschaft gehörte. Er dürfte etwa die Gastfreundschaft Höfners
genossen haben und aus Erkenntlichkeit hiefür die unfertig vorliegenden oder mangelhaft ge-
arbeiteten Stiche Höfners überarbeitet haben. Gleichwohl hielt sich Höfner für befugt, die
Arbeiten geschäftlich auszunützen, ohne eine Mitwirkung Pehams hervorzuheben. Tatsächlich
weisen weder die Blätter des Leichenzuges noch jene des Castrum doloris eine Signierung auf.

Es verdient Beachtung, daß die Blätter des der Stadt Graz gehörigen Frieses (des Leichen-
zuges) numeriert sind mit den Nummern 1—43 bzw. rücknumeriert mit 48—6, wobei die wohl
später erst zum Beginn und zum Schluß beigefügten Blätter: Aufbahrung in der Burgkapelle
und Grazer Ansicht, außerhalb der Numerierung 1—43 erscheinen; die Blätter der Grazer
Ansicht zeigen bloß die Bücknummern 5 und 4. Die Art der Numerierung läßt schließen,
daß ursprünglich noch fünf numerierte Blätter angeschlossen waren, etwa das Castrum doloris
(3 Ell.) und eine Grazer Ansicht (2 Bll.).3

Zweifellos ist auch die Grazer Ansicht in sachlicher Hinsicht als ein Bestandteil des Leichen-
zuges aufzufassen; hiefür spricht die trauermäßige Verhüllung des Wagens und seiner Bespan-
nung. Bei dieser Auffassung dürfen wir wohl mit gutem Grunde annehmen, daß auch für die
Gruppe im Vordergrunde dem Georg Peham bereits eine Vorarbeit Höfners vorlag, daß er nur
die Ansicht der Stadt im Mittelgrunde und den landschaftlichen Hintergrund als vollkommen
eigene Arbeit beifügte. Hiemit hat er, wie bereits Wastler hervorhebt, eine genau nach der
Natur gezeichnete Aufnahme von Graz gegeben, die beste der ältesten Ansichten der Stadt.
In der Meinung, daß Peham im übrigen an der Bilderreihe des Leichenzuges, die künstlerisch
nicht allzu hoch zu werten ist, nur einen geringen werktätigen Anteil genommen habe, am
Castrum doloris vielleicht überhaupt nicht, werden wir bestärkt durch eine Betrachtung seiner
Nadelarbeiten, deren elf (hievon drei Doppelstücke) in der Albertina in Wien sich befinden;
sie lassen ein feines Auge und eine sichere Hand, eine künstlerische Gestaltungskraft erkennen.

Das Leben und Wirken Georg Pehams, der 1595/96 mit der malerischen Ausschmückung der
Bürgerspitalskirche in Salzburg beschäftigt gewesen ist,4 bedarf noch einer gründlichen quellen-
mäßigen Klarstellung. Nach den dürftigen Angaben Lipowskys und Naglers soll er kurze Zeit
vor dem Tode Herzog Wilhelms V. (f 1597) als Hofmaler in dessen Diensten gestanden, vom
Nachfolger, Herzog Max I. nicht übernommen worden und schon 1604 gestorben sein.5

1 V. Thiel, Geschichte der Offizin Widmanstetter in Graz, in: Jahrbuch der Gutenberg-Gesellschaft 1935,
S. 193 ff.

2 Auf einem von Chr. Fr. Boetius nach einer alten Handzeichnung radierten Blatte mit Bildnissen augsbur-
gischer Künstler kommt auch das Porträt Georg Pehams vor (Andresen, a. a. O., S. 154).

3 In einem Frauenholzschen Auktionskatalog von 1791 wird der Leichenzug als ein sehr seltener Fries von
43 Platten in Folio angezeigt, das von Georg Pöhm (sie!) radiert worden sein soll (N agier, Monogrammisten III, 75).

Andresen fand 1874 in der Graphischen Sammlung in Koburg den Leichenzug als eine Reihe von 43 unten nume-
rierten Blättern ohne Künstlerbezeichnung und ohne Titel vor, auch ohne die Grazer Ansicht.

4 Österr. Kunsttopographie IX, 221.

5 Für freundliche Förderung danke ich dem H. Kustos Dr. R. Meer aus in Graz.

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