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Göbel, Heinrich
Wandteppiche (III. Teil, Band 1): Die germanischen und slawischen Länder: Deutschland einschließlich Schweiz und Elsass (Mittelalter), Süddeutschland (16. bis 18. Jahrhundert) — Leipzig, 1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.13167#0018
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Frühes Mittelalter bis zum Ausgang des 13. Jahrhunderts

die von Abt Adalbert II. zwischen 1200 und 1220 zur Ausschmückung des Münsters in Auf-
trag gegebenen, überaus reichen Bildwirkereien beziehen — Apokalypse, Leben der Heiligen
Petrus und Paulus mit beigefügten Schriftbändern in leoninischen Hexametern —, sind zu
bekannt, um weiterer Ausführungen zu bedürfen. Nach Leopolder waren auch der Stifter
„Albertus Abbas" und der entwerfende Künstler oder Wirker „Sibot Chenich de Hohemos"
in den Teppichen porträtartig wiedergegeben. Die Tatsache, daß des ausführenden Meisters
in so ganz ungewöhnlicher Weise gedacht wurde, erweckt immerhin recht erhebliche
Zweifel, ob es sich tatsächlich um Arbeiten des beginnenden 13. Säkulums gehandelt haben
kann. Im übrigen läßt der terminus technicus, unter dem Leopolder die Arbeiten führt
.,tapetia sive vela, mirabilis picturae ac variae texturae", nicht ohne weiteres mit Sicherheit
auf Wirkereien schließen. Bischof Hermann I. schmückt (etwa 1138—1165) den Chor des
Liebfrauen-Münsters zu Konstanz mit „tapetis"; über die Motive der Darstellung finden sich
keine näheren Angaben17).

J. A. Enders18) behandelt in ausführlicher Weise, an Hand des von dem Abte Wilhelm
Witwer in den neunziger Jahren des 15. Jahrhunderts zusammengestellten Catalogus, die
angeblich unter den Abten Udalskalk und Heinrich II. (1174 bis 1179) ausgeführten großen,
durch lateinische Legenden glossierten Folgen, die ikonographisch, als Musterbeispiele der
für das 12. Jahrhundert so charakteristischen didaktisch-allegorischen Lebens- und Heils-
auffassung, außerordentlich interessant sind, die für unser Gebiet jedoch nicht in Betracht
kommen, da es sich um ausgesprochene Stickereien handelte. Als Entwerfer und ausführen-
der Künstler wird ein Klosterbruder Beretha genannt.

Anders liegen vielleicht die Verhältnisse bei einer genealogischen Folge, die sich 1464 in
der Abtei Musbach im Oberelsaß befand. Zur Darstellung gelangte die lange Reihe der
Gründer und Wohltäter des Klosters — mit Graf Eberhard beginnend, mit Kaiser Hein-
rich V. endend — und der von ihnen bedachten Äbte — von dem Patron der Kirche
St. Leodegar bis zu dem Abte Erlolfus. Die Datierung wird naturgemäß mit den beiden zu-
letzt dargestellten Personen in Verbindung gebracht und durch die eingewirkte Inschrift
erhärtet.

Franz Xaver Kraus19) brachte dankenswerterweise die ganze „Epistola de Tapecijs anti-
quis in monasterio Morbacensi", die den Text der Schriftbänder und die Legenden in leoni-
nischen Versen zu Häupten der Behänge wiedergibt. Da der der Beschreibung vorauf-
gehende erläuternde Bericht vom 7. Juni 1464, den Bruder Sigismund dem Abte Bartholo-
maeus von Andlau übermittelt, ausdrücklich von „intexta pannis" spricht, ist der Gedanke
an Wirkereien nicht von der Hand zu weisen, eine Annahme, die allerdings durch die Be-
merkung des Schreibers, er habe seinen Katalog an Hand der sehr hoch hängenden
Teppiche verfaßt, nicht gerade unterstützt wird.

Boehmer20) erwähnt eine ganz ähnliche Arbeit, einstmals zum Bestände des Wormser
Domes gehörig, die auf Nibelung, den Domkustoden und Präpositus von St. Paul zurück-
gehen soll: ,,In antiquissimis tapetis ecclesie maioris Wormaciensis (im Dom), datis a Nibe-
lungo dicte ecclesie custode ac sancti Pauli preposito, quibus primi episcopi dicte ecclesie
Wormaciensis i n t e x t i sunt hec habentur carmina." Anschließend folgt der Text der be-
gleitenden Legenden mit einem Ausspruche des St. Petrus beginnend. Als Gegenstück zu
dem Teppich mit dem heiligen Petrus und den ersten Bischöfen der Diözese Worms wird
sodann ein Behang mit den Aposteln und Evangelisten erwähnt. Die starke Wahrschein-
lichkeit, daß es sich um Wirkereien handelte, ist gegeben.

Weitere Serien genealogischen Inhalts verzeichnete nach Johann SchoefTer (gest. 1652)21)
die Benediktiner-Abtei Maria Laach. Es handelte sich einmal um eine Folge, unter Abt
Albert (1199 bis 1217) entstanden, die wiederum neben die Gründer — Pfalzgraf Heinrich
und seine Gemahlin Adelheid — die Gönner stellt — mit Pfalzgraf Wilhelm beginnend —
 
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