Basel
werksmäßig betriebene Werkstätten mit nicht allzu schwer ins Gewicht fallenden techni-
schen Abweichungen zurückgehen, für die der endgültige Nachweis des Produktionsortes
noch aussteht, die sich erst durch Vergleichung mit noch zu besprechenden Behängen Basel
endgültig zusprechen lassen, sind naturgemäß nur das Glied einer langen Kette der „knaben
und tiere" wie sie Jakob Fröwlers Inventar von 1414 mit naiver Kürze bezeichnet.
b) Die Beziehungen der profanen Ateliers zu den Klosterwerk-
stätten. Kloster Gnadental.
Die religiösen Wirkereien standen bislang außerhalb unserer Betrachtung. Die in der
Einleitung erörterte, urkundlich unzweideutig belegte textile Tätigkeit des Basler Klarissen-
klosters Gnadental legt naturgemäß den Versuch einer Überweisung der aus dem Besitz
der Gottesstätte stammenden, uns erhaltenen Behänge an diese Werkstatt nahe. In erster
Linie kommt ein Teppich mit Szenen aus dem Leben der Madonna (Kunstgewerbemuseum
zu Köln [Abb. 12, H. 0.95 m, L. 0,85 m], Sammlung des Fürsten von Fürstenberg auf Schloß
Heiligenberg bei Überlingen [H. 1,00 m, L. 2,40 m]) in Betracht. Die Darstellung be-
handelt ein literarisch bekanntes Thema, das legendenhaft ausgeschmückte Sterben der
Mater dolorosa; als Leitfaden diente nach B. Kurths Feststellungen64) das von Schoen-
bach65) veröffentlichte Bruchstück einer im niederösterreichischen Benediktinerstift Seiten-
Stetten niedergelegten Handschrift: zum mindesten stimmen die Verse und die Legenden
des Teppichs einigermaßen überein66). Im übrigen ist es nicht verwunderlich, daß die in
einem Kloster gewirkten Behänge sich in weit höherem Maße nach den Angaben und Wün-
schen der auftragerteilenden Priorin zu richten pflegten, als die Erzeugnisse der freien
bürgerlichen Werkstätten. Der gleiche Vorgang findet sich als stehende Begel bei der Her-
stellung der religiösen mittelalterlichen Wirkereien Frankreichs und der Niederlande67).
Das Heiligenberger Fragment, die Fortsetzung des Kölner Stückes, zeigt als Stifterin eine
Klarissennonne mit dem beigefügten Spruchband „Gnadedal". Josef Clauß unterzog die
Darstellung einer ausführlich religiös-historischen Betrachtung68); er gelangte zu dem Er-
gebnis, das m. E. kaum anzuzweifeln ist, daß der Teppich aus dem Kloster Gnadental oder
St. Paul zu Basel stammt, mit der Äbtissin Anna Peyerin und ihren Frauen 1529 — nach
Aufhebung von Gnadental — nach Freiburg i. Br. abwanderte, nach dem Erlöschen des Klo-
sters St. Clara (1782) in der Kirche zu Pfaffenweiler jahrzehntelang eine Stätte fand, um
schließlich in die Heiligenberger Sammlung überzugehen. In dem Kölner Fragment erteilt
Johannes der im Bette aufrecht sitzenden Maria die Kommunion. Sieben Tauben (die 7 Ga-
ben des Heiligen Geistes) schweben über dem gekrönten Haupte der Madonna; Engel halten
die Stola, bringen Palme, Fackel, Totenhemd, Weihwedel, schwingen das Weihrauchgefäß
und spielen himmlische Weisen. Die Personenstaffage wird ergänzt durch Martha, Maria
Magdalena, Susanna und die im Vordergrunde knienden Heiligen. In den Wolken schwebt
Christus mit dem nur unvollständig erhaltenen Spruchband ,,fruwe d. . .". Den dunkelroten
Hintergrund decken breitlappige Ranken, denen winzige Blüten entsprießen, ähnlich dem
uns aus den Tierteppichen bereits bekannten Motiv. Im Heiligenberger Teppich empfängt
Johannes die von Engeln nach dem Sterbehause getragenen Apostel, er faßt die Hand des
herabsteigenden Petrus; die Episode wird durch das Spruchband erläutert. Als dritte, in
sich abgeschlossene Gruppe folgt die Grablegung der Jungfrau, in Gegenwart des Heilandes
und der Apostel unter dem üblichen Aufwand assistierender Engel; die Legende streckt sich
zu Häupten der Szene69). Die Himmelfahrt — die Madonna reicht Thomas ihren Gürtel, in
der Höhe empfängt der gekrönte Heiland die Mutter, Spruchbänder in unvollständiger Er-
haltung glossieren den Vorgang — greift als letzte Episode unmittelbar in die Grablegung
ein. Die Stifterin kniet als winziges Figürchen unter dem äußersten Apostel der zweiten
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werksmäßig betriebene Werkstätten mit nicht allzu schwer ins Gewicht fallenden techni-
schen Abweichungen zurückgehen, für die der endgültige Nachweis des Produktionsortes
noch aussteht, die sich erst durch Vergleichung mit noch zu besprechenden Behängen Basel
endgültig zusprechen lassen, sind naturgemäß nur das Glied einer langen Kette der „knaben
und tiere" wie sie Jakob Fröwlers Inventar von 1414 mit naiver Kürze bezeichnet.
b) Die Beziehungen der profanen Ateliers zu den Klosterwerk-
stätten. Kloster Gnadental.
Die religiösen Wirkereien standen bislang außerhalb unserer Betrachtung. Die in der
Einleitung erörterte, urkundlich unzweideutig belegte textile Tätigkeit des Basler Klarissen-
klosters Gnadental legt naturgemäß den Versuch einer Überweisung der aus dem Besitz
der Gottesstätte stammenden, uns erhaltenen Behänge an diese Werkstatt nahe. In erster
Linie kommt ein Teppich mit Szenen aus dem Leben der Madonna (Kunstgewerbemuseum
zu Köln [Abb. 12, H. 0.95 m, L. 0,85 m], Sammlung des Fürsten von Fürstenberg auf Schloß
Heiligenberg bei Überlingen [H. 1,00 m, L. 2,40 m]) in Betracht. Die Darstellung be-
handelt ein literarisch bekanntes Thema, das legendenhaft ausgeschmückte Sterben der
Mater dolorosa; als Leitfaden diente nach B. Kurths Feststellungen64) das von Schoen-
bach65) veröffentlichte Bruchstück einer im niederösterreichischen Benediktinerstift Seiten-
Stetten niedergelegten Handschrift: zum mindesten stimmen die Verse und die Legenden
des Teppichs einigermaßen überein66). Im übrigen ist es nicht verwunderlich, daß die in
einem Kloster gewirkten Behänge sich in weit höherem Maße nach den Angaben und Wün-
schen der auftragerteilenden Priorin zu richten pflegten, als die Erzeugnisse der freien
bürgerlichen Werkstätten. Der gleiche Vorgang findet sich als stehende Begel bei der Her-
stellung der religiösen mittelalterlichen Wirkereien Frankreichs und der Niederlande67).
Das Heiligenberger Fragment, die Fortsetzung des Kölner Stückes, zeigt als Stifterin eine
Klarissennonne mit dem beigefügten Spruchband „Gnadedal". Josef Clauß unterzog die
Darstellung einer ausführlich religiös-historischen Betrachtung68); er gelangte zu dem Er-
gebnis, das m. E. kaum anzuzweifeln ist, daß der Teppich aus dem Kloster Gnadental oder
St. Paul zu Basel stammt, mit der Äbtissin Anna Peyerin und ihren Frauen 1529 — nach
Aufhebung von Gnadental — nach Freiburg i. Br. abwanderte, nach dem Erlöschen des Klo-
sters St. Clara (1782) in der Kirche zu Pfaffenweiler jahrzehntelang eine Stätte fand, um
schließlich in die Heiligenberger Sammlung überzugehen. In dem Kölner Fragment erteilt
Johannes der im Bette aufrecht sitzenden Maria die Kommunion. Sieben Tauben (die 7 Ga-
ben des Heiligen Geistes) schweben über dem gekrönten Haupte der Madonna; Engel halten
die Stola, bringen Palme, Fackel, Totenhemd, Weihwedel, schwingen das Weihrauchgefäß
und spielen himmlische Weisen. Die Personenstaffage wird ergänzt durch Martha, Maria
Magdalena, Susanna und die im Vordergrunde knienden Heiligen. In den Wolken schwebt
Christus mit dem nur unvollständig erhaltenen Spruchband ,,fruwe d. . .". Den dunkelroten
Hintergrund decken breitlappige Ranken, denen winzige Blüten entsprießen, ähnlich dem
uns aus den Tierteppichen bereits bekannten Motiv. Im Heiligenberger Teppich empfängt
Johannes die von Engeln nach dem Sterbehause getragenen Apostel, er faßt die Hand des
herabsteigenden Petrus; die Episode wird durch das Spruchband erläutert. Als dritte, in
sich abgeschlossene Gruppe folgt die Grablegung der Jungfrau, in Gegenwart des Heilandes
und der Apostel unter dem üblichen Aufwand assistierender Engel; die Legende streckt sich
zu Häupten der Szene69). Die Himmelfahrt — die Madonna reicht Thomas ihren Gürtel, in
der Höhe empfängt der gekrönte Heiland die Mutter, Spruchbänder in unvollständiger Er-
haltung glossieren den Vorgang — greift als letzte Episode unmittelbar in die Grablegung
ein. Die Stifterin kniet als winziges Figürchen unter dem äußersten Apostel der zweiten
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