Franken
Die beiden Streifen43) (H. 1,37 m, L. 3,70 m; H. 0,85 m, L. 8,13 m) mit den zehn Episoden
aus dem Katharinenleben aus St. Lorenz stellen eine teilweise, wenig spätere Kopie der
Teppiche in St. Sebald dar. Die Zeichnung ist schwächer und unbeholfener, die Flora etwas
strenger stilisiert, im übrigen aber dieselbe. Der über den Szenen fortlaufende Spruchbalken
glossiert die einzelnen Bilder44). Die letzte Episode bringt die von Engeln vollzogene Bei-
setzung auf dem Berge Sinai; die Inschrift ist ziemlich schlecht erhalten, merkwürdiger-
weise ist ein Stück in Spiegelschrift ,,a • perk ■ hi" angesetzt. Es ist durchaus nicht aus-
geschlossen, daß die vorliegende zweite, abgeänderte Kopie im tief litzigen Verfahren durch-
geführt ist, das Schrift und Bild naturgemäß im Spiegelsinne wiedergibt, so daß der Zeich-
ner entsprechende Vorsicht bei Auftragung des Kartons üben mußte. Eine vereinzelte ab-
gewandelte Wiederholung45) der letzten Szene, der Grablegung, ohne Legende (Abb. 122,
H. 0,75 m, L. 1,00 m) verzeichnet das Germanische Nationalmuseum. Der Vordergrund ist
beschnitten, der dunkelblaue Fond durch vier schematisch aufgelegte Bäume alten Typs
interessanter gestaltet. Das wirktechnische Können ist gegenüber dem ersten Katharinen-
leben zweifelsohne schwächer.
Der Werkstatt des Katharinenklosters, in der, wie gesagt, Kräfte verschiedenen Könnens
tätig waren, schließt B. Kurth zu Recht46) ein Fragment (H. 0,84 m, L. 1,22 m) aus der
St.-Lorenz-Kirche an, das in Material, Textur, Stil und Technik übereinstimmend ist.
Eine Reihe von Heiligen ist gegen den tiefblauen, fast schwarzen Grund gestellt.
Heinrich und Kunigunde halten das Modell des Bamberger Doms; auf der Rasenbank vor
dem kaiserlichen Paar sitzen Agnes und Dorothea; ein heiliger Dominikaner blickt, ver-
zückt kniend, gen Himmel, eine Hand (einer nicht mehr vorhandenen Figur — ob die der
Madonna? —) reicht ihm ein Gewand, St. Dominikus steht in ruhiger Haltung, den Stern
auf der Stirn, Lilie und Stab in Händen, neben einem heiligen Ordensbruder, der im Bre-
vier liest47). Die Farbengebung ist, wie üblich, kräftig; neben dem typischen Rot und Blau
finden sich gelbe und grüne Töne. Die Technik ist übereinstimmend mit dem Wirkerei-
verfahren der Werkstatt des ersten Katharinenlebens, dessen geschickterer Zeichner dem
Entwerfer des vorliegenden Fragments nahe steht.
Auf eine andere Hand geht der Teppich mit der Legende der heiligen Walpurga in der
Fürstlich Öttingen-Wallersteinschen Sammlung auf Schloß Maihingen zurück, der die
gleiche Flora des Katharinenlebens zeigt, der die klar gegliederten Episoden durch schmale
Leisten trennt, durch Balkenschriftbänder erläutert. Material (Wolle, weißes Leinen, Me-
tallfäden) und Gefüge (6 Kettfäden) stimmen überein. Die kastenartigen Architekturen er-
innern im Konstruktionsprinzip an das fast ein halbes Jahrhundert frühere Sebaldusleben
aus der Nürnberger Sebalduskirche. Der Stifter des Behanges, Johann von Eych, Bischof
zu Eichstätt (1445 bis 1464), kniet in vollem Ornat in der vierten Szene vor dem Grabmal
der heiligen Walpurga. Die Entstehungszeit dürfte, dem Stile nach, nicht vor 1450 anzu-
setzen sein. Wie in fast allen Nürnberger Teppichen bildet auch hier ein durchlaufender
Laubstab (grünes Eichenlaub mit roter Blattuntersicht um einen weißgelben Stock) den
seitlichen Abschluß. Die Geschichte der heiligen Walpurga vollzieht sich in sechs Szenen,
zu je drei übereinander geordnet. Die ungewöhnliche Disposition (Abb. 123, H. 1,49 m,
L. 2,66 m) dürfte sich aus dem Verwendungszwecke erklären, der den Teppich nicht als
langes Chorstuhllaken vielmehr als Sonderstück, vielleicht über einen Altar, bestimmte. Die
Geschichte der Heiligen aus englischem Königsgeschlecht, beginnt mit dem Abschied von
der Mutter (oben rechts): ,,füia ■ Richardi ■ walpurga ■ anglie ■ regis". Die Königin steht
mit zwei Frauen des Gefolges vor dem Stadttor, über dem das Wappen Englands prangt.
Die eingehend detaillierte Stadtansicht ist von einer turmbesetzten Wehrmauer umschlossen.
Im Hintergrund tauchen hinter Hügeln Kirchtürme auf, im blauen Himmel segeln seltsame,
zackige, Muscheln ähnliche Wolkengebilde. Der Fortschritt gegenüber dem Katharinen-
154
Die beiden Streifen43) (H. 1,37 m, L. 3,70 m; H. 0,85 m, L. 8,13 m) mit den zehn Episoden
aus dem Katharinenleben aus St. Lorenz stellen eine teilweise, wenig spätere Kopie der
Teppiche in St. Sebald dar. Die Zeichnung ist schwächer und unbeholfener, die Flora etwas
strenger stilisiert, im übrigen aber dieselbe. Der über den Szenen fortlaufende Spruchbalken
glossiert die einzelnen Bilder44). Die letzte Episode bringt die von Engeln vollzogene Bei-
setzung auf dem Berge Sinai; die Inschrift ist ziemlich schlecht erhalten, merkwürdiger-
weise ist ein Stück in Spiegelschrift ,,a • perk ■ hi" angesetzt. Es ist durchaus nicht aus-
geschlossen, daß die vorliegende zweite, abgeänderte Kopie im tief litzigen Verfahren durch-
geführt ist, das Schrift und Bild naturgemäß im Spiegelsinne wiedergibt, so daß der Zeich-
ner entsprechende Vorsicht bei Auftragung des Kartons üben mußte. Eine vereinzelte ab-
gewandelte Wiederholung45) der letzten Szene, der Grablegung, ohne Legende (Abb. 122,
H. 0,75 m, L. 1,00 m) verzeichnet das Germanische Nationalmuseum. Der Vordergrund ist
beschnitten, der dunkelblaue Fond durch vier schematisch aufgelegte Bäume alten Typs
interessanter gestaltet. Das wirktechnische Können ist gegenüber dem ersten Katharinen-
leben zweifelsohne schwächer.
Der Werkstatt des Katharinenklosters, in der, wie gesagt, Kräfte verschiedenen Könnens
tätig waren, schließt B. Kurth zu Recht46) ein Fragment (H. 0,84 m, L. 1,22 m) aus der
St.-Lorenz-Kirche an, das in Material, Textur, Stil und Technik übereinstimmend ist.
Eine Reihe von Heiligen ist gegen den tiefblauen, fast schwarzen Grund gestellt.
Heinrich und Kunigunde halten das Modell des Bamberger Doms; auf der Rasenbank vor
dem kaiserlichen Paar sitzen Agnes und Dorothea; ein heiliger Dominikaner blickt, ver-
zückt kniend, gen Himmel, eine Hand (einer nicht mehr vorhandenen Figur — ob die der
Madonna? —) reicht ihm ein Gewand, St. Dominikus steht in ruhiger Haltung, den Stern
auf der Stirn, Lilie und Stab in Händen, neben einem heiligen Ordensbruder, der im Bre-
vier liest47). Die Farbengebung ist, wie üblich, kräftig; neben dem typischen Rot und Blau
finden sich gelbe und grüne Töne. Die Technik ist übereinstimmend mit dem Wirkerei-
verfahren der Werkstatt des ersten Katharinenlebens, dessen geschickterer Zeichner dem
Entwerfer des vorliegenden Fragments nahe steht.
Auf eine andere Hand geht der Teppich mit der Legende der heiligen Walpurga in der
Fürstlich Öttingen-Wallersteinschen Sammlung auf Schloß Maihingen zurück, der die
gleiche Flora des Katharinenlebens zeigt, der die klar gegliederten Episoden durch schmale
Leisten trennt, durch Balkenschriftbänder erläutert. Material (Wolle, weißes Leinen, Me-
tallfäden) und Gefüge (6 Kettfäden) stimmen überein. Die kastenartigen Architekturen er-
innern im Konstruktionsprinzip an das fast ein halbes Jahrhundert frühere Sebaldusleben
aus der Nürnberger Sebalduskirche. Der Stifter des Behanges, Johann von Eych, Bischof
zu Eichstätt (1445 bis 1464), kniet in vollem Ornat in der vierten Szene vor dem Grabmal
der heiligen Walpurga. Die Entstehungszeit dürfte, dem Stile nach, nicht vor 1450 anzu-
setzen sein. Wie in fast allen Nürnberger Teppichen bildet auch hier ein durchlaufender
Laubstab (grünes Eichenlaub mit roter Blattuntersicht um einen weißgelben Stock) den
seitlichen Abschluß. Die Geschichte der heiligen Walpurga vollzieht sich in sechs Szenen,
zu je drei übereinander geordnet. Die ungewöhnliche Disposition (Abb. 123, H. 1,49 m,
L. 2,66 m) dürfte sich aus dem Verwendungszwecke erklären, der den Teppich nicht als
langes Chorstuhllaken vielmehr als Sonderstück, vielleicht über einen Altar, bestimmte. Die
Geschichte der Heiligen aus englischem Königsgeschlecht, beginnt mit dem Abschied von
der Mutter (oben rechts): ,,füia ■ Richardi ■ walpurga ■ anglie ■ regis". Die Königin steht
mit zwei Frauen des Gefolges vor dem Stadttor, über dem das Wappen Englands prangt.
Die eingehend detaillierte Stadtansicht ist von einer turmbesetzten Wehrmauer umschlossen.
Im Hintergrund tauchen hinter Hügeln Kirchtürme auf, im blauen Himmel segeln seltsame,
zackige, Muscheln ähnliche Wolkengebilde. Der Fortschritt gegenüber dem Katharinen-
154