München (1 6.—1 8. Jahrhundert)
Schließlich sind urkundlich Kartonentwürfe bezeugt, während jeder Nachweis über die
Übertragung in Wolle und Seide fehlt; u. a. bezieht am 19. September 1793 „Höchstdero
Hof mahler in Mannheim LangenhoelTel — gemeint ist Johann Joseph Langenhöffel — für
die Verfertigung eines Gemähides für die hiesige (Münchener) Hautelisse Manufaktur das
Urtheil des Paris vorstellend" den Betrag von 500 Gulden. Es handelt sich augenscheinlich
um ein Stück der antiken Folge, die Christian Wink zur Ausstattung der Kölnischen Zim-
mer in der Münchener Residenz am 29. April 1791 in Vorschlag brachte: 1. Hochzeit des
Peleus und der Thetis (das sog. Göttermahl), 2. Odysseus und Diomedes entdecken Achilles,
3. Parisurteil, 4. Iphigenia in Aulis, 5. Rat der Griechen. Streit zwischen Agamemnon und
Achilles. Nur die beiden ersten Motive werden (1793, 1795) von Wink durchgeführt; die
hiernach gewirkten Behänge finden später noch eingehendere Besprechung.
Die wesentlichste Serie, die in der Zeit von 1766 bis 1775 Sentigny und Chedeville in An-
spruch nimmt, ist die prächtige Folge der vier Jahreszeiten113) nach Entwürfen von Chri-
stian Wink; die Bordüre geht auf Joseph Zachenberger zurück114). Die Behänge zählen zu
den hervorragendsten Werken der Bildwirkerkunst des 18. Jahrhunderts. Sie vermögen in
der Eigenart der künstlerischen Stimmung — zarte silbrige Töne, elegante Übergänge —,
in der Exaktheit der Technik — glänzende Durchbildung der Details, der Wolkenpartien,
des Inkarnats usw. — sich durchaus mit den besten Erzeugnissen der Gobelins und Beau-
vais' zu messen. Sentigny beginnt am 15. Oktober 1766 den „Herbst"; Chedeville führt die
Arbeit fort; beide Meister stellen den Behang am 15. Januar 1770 fertig115). Die Wirkerei-
kante nennt die Jahreszahl 1769. Der .,Winter" mit der Signatur „Fait a munich 1773 Sen-
tigny", wird am 12. Oktober 1770 von Sentigny begonnen und am 28. Mai 1773 abgeliefert.
„Frühling" (gezeichnet Chedeville 1774, Chrt. Wink pinxit 1770) wird am 14. Februar 1770
von Chedeville in Angriff genommen und 1774 vollendet. „Sommer" (1773—1775 Fait a
munich 1775 Sentigny, Karton 1773 von Wink geliefert) schließt den Reigen. Jede Jahres-
zeit ist durch eine mythologische Episode versinnbildlicht. Der „Winter" wird durch den
Raub der Nymphe Orytheia — Christian Wink bezieht wie bei den anderen großen Stücken
der Folge unter dem 30. April 1771 den vereinbarten Betrag von 400 Gulden —, „Frühling"
durch das Blumenopfer vor dem Altar Floras charakterisiert; „Sommer" schildert die Hul-
digung vor Ceres (Pomona), „Herbst" die Freuden des Bacchos (s. farbige Teilwiedergabe
im Tafelteil, Teil IV). Die urkundlichen Belege bringen eine nicht uninteressante ausführ-
liche Beschreibung des „Bacchosfestes", eine für die Zeit eigentümliche, unendlich detail-
lierte, behaglich poetisch angehauchte Darstellung116).
Die Produktion der achtziger und neunziger Jahre ist aus den Manufakturakten, die sich
in zahlreichen Folianten mit den Gehaltsregelungen, der Holzlieferung, der Kleidung und
der Lebensführung der Atelierangestellten befassen, nur schwer ersichtlich.
Das wenig freundliche Verhältnis zwischen Sentigny — ihm fällt die Schuld zu — und
Chedeville führt 1781 zu einer Trennung der Werkstätten. Sentigny verbleibt mit Joseph
Treßler, dem tüchtigsten der deutschen Wirker, und Joseph Winter in dem Gebäude auf
dem Rindermarkt; Chedeville siedelt mit Jakob Klein, Baptist Danner und den drei Lehr-
jungen Dominikus Kiermayr, Sebastian Weger (1785 Geselle) und Max Ista (1786 Geselle)
in das dem Maltheser-Orden gehörige sogenannte Jesuiterhaus am Anger über. Der regsame
Chedeville verfolgt bei seinem Domizilwechsel im wesentlichen den Plan, sein Spezialate-
lier durch Lehrlingszüchtung — Überweisung aus den Waisenhäusern — in größerem Um-
fange aufzuziehen, aus den Lehrlingszuschüssen ein günstiges finanzielles Fundament zu
gewinnen. 1792 geht Chedeville dazu über, sich ein eigenes zweckmäßiges Ateliergebäude
zu errichten — am Kapuzinergraben in der Nähe der Residenz —; nach einer Eingabe vom
14. September 1792 gedenkt der Meister, sein neues Anwesen „auf nächst kommende
Michaeli" zu beziehen117).
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Schließlich sind urkundlich Kartonentwürfe bezeugt, während jeder Nachweis über die
Übertragung in Wolle und Seide fehlt; u. a. bezieht am 19. September 1793 „Höchstdero
Hof mahler in Mannheim LangenhoelTel — gemeint ist Johann Joseph Langenhöffel — für
die Verfertigung eines Gemähides für die hiesige (Münchener) Hautelisse Manufaktur das
Urtheil des Paris vorstellend" den Betrag von 500 Gulden. Es handelt sich augenscheinlich
um ein Stück der antiken Folge, die Christian Wink zur Ausstattung der Kölnischen Zim-
mer in der Münchener Residenz am 29. April 1791 in Vorschlag brachte: 1. Hochzeit des
Peleus und der Thetis (das sog. Göttermahl), 2. Odysseus und Diomedes entdecken Achilles,
3. Parisurteil, 4. Iphigenia in Aulis, 5. Rat der Griechen. Streit zwischen Agamemnon und
Achilles. Nur die beiden ersten Motive werden (1793, 1795) von Wink durchgeführt; die
hiernach gewirkten Behänge finden später noch eingehendere Besprechung.
Die wesentlichste Serie, die in der Zeit von 1766 bis 1775 Sentigny und Chedeville in An-
spruch nimmt, ist die prächtige Folge der vier Jahreszeiten113) nach Entwürfen von Chri-
stian Wink; die Bordüre geht auf Joseph Zachenberger zurück114). Die Behänge zählen zu
den hervorragendsten Werken der Bildwirkerkunst des 18. Jahrhunderts. Sie vermögen in
der Eigenart der künstlerischen Stimmung — zarte silbrige Töne, elegante Übergänge —,
in der Exaktheit der Technik — glänzende Durchbildung der Details, der Wolkenpartien,
des Inkarnats usw. — sich durchaus mit den besten Erzeugnissen der Gobelins und Beau-
vais' zu messen. Sentigny beginnt am 15. Oktober 1766 den „Herbst"; Chedeville führt die
Arbeit fort; beide Meister stellen den Behang am 15. Januar 1770 fertig115). Die Wirkerei-
kante nennt die Jahreszahl 1769. Der .,Winter" mit der Signatur „Fait a munich 1773 Sen-
tigny", wird am 12. Oktober 1770 von Sentigny begonnen und am 28. Mai 1773 abgeliefert.
„Frühling" (gezeichnet Chedeville 1774, Chrt. Wink pinxit 1770) wird am 14. Februar 1770
von Chedeville in Angriff genommen und 1774 vollendet. „Sommer" (1773—1775 Fait a
munich 1775 Sentigny, Karton 1773 von Wink geliefert) schließt den Reigen. Jede Jahres-
zeit ist durch eine mythologische Episode versinnbildlicht. Der „Winter" wird durch den
Raub der Nymphe Orytheia — Christian Wink bezieht wie bei den anderen großen Stücken
der Folge unter dem 30. April 1771 den vereinbarten Betrag von 400 Gulden —, „Frühling"
durch das Blumenopfer vor dem Altar Floras charakterisiert; „Sommer" schildert die Hul-
digung vor Ceres (Pomona), „Herbst" die Freuden des Bacchos (s. farbige Teilwiedergabe
im Tafelteil, Teil IV). Die urkundlichen Belege bringen eine nicht uninteressante ausführ-
liche Beschreibung des „Bacchosfestes", eine für die Zeit eigentümliche, unendlich detail-
lierte, behaglich poetisch angehauchte Darstellung116).
Die Produktion der achtziger und neunziger Jahre ist aus den Manufakturakten, die sich
in zahlreichen Folianten mit den Gehaltsregelungen, der Holzlieferung, der Kleidung und
der Lebensführung der Atelierangestellten befassen, nur schwer ersichtlich.
Das wenig freundliche Verhältnis zwischen Sentigny — ihm fällt die Schuld zu — und
Chedeville führt 1781 zu einer Trennung der Werkstätten. Sentigny verbleibt mit Joseph
Treßler, dem tüchtigsten der deutschen Wirker, und Joseph Winter in dem Gebäude auf
dem Rindermarkt; Chedeville siedelt mit Jakob Klein, Baptist Danner und den drei Lehr-
jungen Dominikus Kiermayr, Sebastian Weger (1785 Geselle) und Max Ista (1786 Geselle)
in das dem Maltheser-Orden gehörige sogenannte Jesuiterhaus am Anger über. Der regsame
Chedeville verfolgt bei seinem Domizilwechsel im wesentlichen den Plan, sein Spezialate-
lier durch Lehrlingszüchtung — Überweisung aus den Waisenhäusern — in größerem Um-
fange aufzuziehen, aus den Lehrlingszuschüssen ein günstiges finanzielles Fundament zu
gewinnen. 1792 geht Chedeville dazu über, sich ein eigenes zweckmäßiges Ateliergebäude
zu errichten — am Kapuzinergraben in der Nähe der Residenz —; nach einer Eingabe vom
14. September 1792 gedenkt der Meister, sein neues Anwesen „auf nächst kommende
Michaeli" zu beziehen117).
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