Stuttgart (16. Jahrhundert)
schilde und Schrifttafeln in die ersten angefertigten Folgen sind nicht von ausschlaggeben-
der Bedeutung.
Die einzige etwas größere Änderung: „An erstgemelter Brusttäfer, sein anfengklichs.
Daran herumber Blaw lustin gemacht. Völche aber vnserm gnädigen Fürsten vnd herrn
seeliger nit gefallen, Derwegen solche wiederumb herab than Vnnd anderer an die Statt ge-
macht worden, Im, für sein macherlohn vnnd Uncosten allso mit Im vberkommen gegeben
. . II fl." bei den ersten Folgen, bezieht sich anscheinend auf die Ersetzung der um den
Außenrand der Bordüren laufenden blauen Leiste durch eine reichere Ausführung, in Ge-
stalt eines zierlichen, von Wellenlinien umflossenen, mit vierblättrigen Blümchen gezierten
Stabes (s. Sauls Tod).
Der in dem zweiten Teile der Abrechnung erwähnte Brand bringt keine Schwierigkeiten.
Die Patronen sind vorhanden. Lediglich von den vier verbrannten „Kamintuecher" können
nur noch deren drei wieder gewirkt werden, „da der ein Patron hinweg kommen". Herzog
Christophs Tod bringt die Tätigkeit der Wirker nicht ins Stocken, seine Witwe Anna Maria
fördert in jeder Weise die Lieblingsarbeiten ihres verstorbenen Gatten. Der Name Herzog
Ludwigs erscheint lediglich in einer Quittung van Orleys vom 7. Februar 1569. Die Abrech-
nung von 1571 erwähnt zwar den Sohn Moritz de Cannes; die Hauptperson ist aber nach
wie vor Meister Jacob. Die Quittung der Schlußauszahlung trägt lediglich den Namen des
Vaters. Nach Beendigung der Stuttgarter Tätigkeit scheint sich Jacob de Carmes nach Fran-
kenthal zurückgezogen zu haben, wo er zu Beginn des Jahres 1574 stirbt und seiner Witwe
Anna (Johanna) van Wuertsfeld und seinen fünf Kindern Moritz, Maria, Magdalena, Anna
und Isaak außer mehreren Häusern und sonstigen Vermögensstücken eine größere Anzahl
Wandteppiche hinterläßt14). Moritz de Carmes, der Ende 1571 bereits die väterliche Manu-
faktur übernommen zu haben scheint, ist seit dem 3. Februar 1566 Bürger von Frankenthal.
Er bleibt in Verbindung mit dem Württembergischen Hofe und übernimmt 1574/1575 um-
fangreiche Aufträge für das Stuttgarter Schloß. Außer der an ihn gezahlten Summe von
3997 Gulden 55 Kreuzer „von der verbronnen Tapisserei wieder zu machen und alher zu
antworten", werden noch 798 Gulden in der gleichen Landschreiberrechnung erwähnt „für
Tapisserei, so er in den newen runden Thurnober- und understuben gemacht auch etwas
in dem langen Sal erlengert". Eine nähere Bezeichnung der einzelnen Stücke ist nicht mehr
vorhanden; die Angabe „und alher zu antworten" genügt aber, um uns zu zeigen, daß der
Betrieb in Stuttgart mit dem Jahre 1571 ein Ende gefunden hat. Moritz de Carmes führt sei-
nen Auftrag in Frankenthal aus und sendet seine Arbeit von dort nach Stuttgart. Der Wir-
ker wird noch häufig in den Frankenthaler Ratsprotokollen genannt.
Eine wertvolle Ergänzung der urkundlichen Belege bringt ein Wandteppich, der 1918 im
deutschen Kunsthandel auftauchte (s. Teil I, 2, Tafel 380, 381). Die Tapisserie hing ehedem
im alten Stuttgarter Schloß15). Der Behang ist einschließlich der Bordüren 4,50 m hoch und
5,40 m lang. Die Mitteldarstellung bringt den Tod Sauls, zum Teil in überlebensgroßen
Figuren, zur Darstellung. Nicolaus van Orley hält sich völlig an die üblichen Traditionen
der Brüsseler Patronenmaler der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Die klare, wuchtige
Gliederung italienischer Vorbilder, wie die der Folgen des Scipio und ähnlicher Motive der
Schule Giulio Romanos, ist bereits stark abgeschwächt. Van Orleys Darstellung ist wenig
glücklich gruppiert. Das Ganze macht einen unklaren und etwas zerfahrenen Eindruck.
Deutlich erkennbar ist die Absicht, den Schwerpunkt des Bildes, Sauls und seines Waffen-
trägers Tod, durch zwei seitliche große Gruppen zu fassen und so wirksamer zu gestalten.
Der Zweck wird nicht erreicht. Haltung und Zeichnung mancher Figuren sind steif, biswei-
len unrichtig; der Hintergrund verleugnet dagegen nicht die gute alte Brüsseler Tradition.
Vorzüglich wirkt die turmreiche Stadtmauer, dahinter bewaldete Bergzüge mit festen
Schlössern. Vollendet ist die Durchbildung des Baumschlages.
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schilde und Schrifttafeln in die ersten angefertigten Folgen sind nicht von ausschlaggeben-
der Bedeutung.
Die einzige etwas größere Änderung: „An erstgemelter Brusttäfer, sein anfengklichs.
Daran herumber Blaw lustin gemacht. Völche aber vnserm gnädigen Fürsten vnd herrn
seeliger nit gefallen, Derwegen solche wiederumb herab than Vnnd anderer an die Statt ge-
macht worden, Im, für sein macherlohn vnnd Uncosten allso mit Im vberkommen gegeben
. . II fl." bei den ersten Folgen, bezieht sich anscheinend auf die Ersetzung der um den
Außenrand der Bordüren laufenden blauen Leiste durch eine reichere Ausführung, in Ge-
stalt eines zierlichen, von Wellenlinien umflossenen, mit vierblättrigen Blümchen gezierten
Stabes (s. Sauls Tod).
Der in dem zweiten Teile der Abrechnung erwähnte Brand bringt keine Schwierigkeiten.
Die Patronen sind vorhanden. Lediglich von den vier verbrannten „Kamintuecher" können
nur noch deren drei wieder gewirkt werden, „da der ein Patron hinweg kommen". Herzog
Christophs Tod bringt die Tätigkeit der Wirker nicht ins Stocken, seine Witwe Anna Maria
fördert in jeder Weise die Lieblingsarbeiten ihres verstorbenen Gatten. Der Name Herzog
Ludwigs erscheint lediglich in einer Quittung van Orleys vom 7. Februar 1569. Die Abrech-
nung von 1571 erwähnt zwar den Sohn Moritz de Cannes; die Hauptperson ist aber nach
wie vor Meister Jacob. Die Quittung der Schlußauszahlung trägt lediglich den Namen des
Vaters. Nach Beendigung der Stuttgarter Tätigkeit scheint sich Jacob de Carmes nach Fran-
kenthal zurückgezogen zu haben, wo er zu Beginn des Jahres 1574 stirbt und seiner Witwe
Anna (Johanna) van Wuertsfeld und seinen fünf Kindern Moritz, Maria, Magdalena, Anna
und Isaak außer mehreren Häusern und sonstigen Vermögensstücken eine größere Anzahl
Wandteppiche hinterläßt14). Moritz de Carmes, der Ende 1571 bereits die väterliche Manu-
faktur übernommen zu haben scheint, ist seit dem 3. Februar 1566 Bürger von Frankenthal.
Er bleibt in Verbindung mit dem Württembergischen Hofe und übernimmt 1574/1575 um-
fangreiche Aufträge für das Stuttgarter Schloß. Außer der an ihn gezahlten Summe von
3997 Gulden 55 Kreuzer „von der verbronnen Tapisserei wieder zu machen und alher zu
antworten", werden noch 798 Gulden in der gleichen Landschreiberrechnung erwähnt „für
Tapisserei, so er in den newen runden Thurnober- und understuben gemacht auch etwas
in dem langen Sal erlengert". Eine nähere Bezeichnung der einzelnen Stücke ist nicht mehr
vorhanden; die Angabe „und alher zu antworten" genügt aber, um uns zu zeigen, daß der
Betrieb in Stuttgart mit dem Jahre 1571 ein Ende gefunden hat. Moritz de Carmes führt sei-
nen Auftrag in Frankenthal aus und sendet seine Arbeit von dort nach Stuttgart. Der Wir-
ker wird noch häufig in den Frankenthaler Ratsprotokollen genannt.
Eine wertvolle Ergänzung der urkundlichen Belege bringt ein Wandteppich, der 1918 im
deutschen Kunsthandel auftauchte (s. Teil I, 2, Tafel 380, 381). Die Tapisserie hing ehedem
im alten Stuttgarter Schloß15). Der Behang ist einschließlich der Bordüren 4,50 m hoch und
5,40 m lang. Die Mitteldarstellung bringt den Tod Sauls, zum Teil in überlebensgroßen
Figuren, zur Darstellung. Nicolaus van Orley hält sich völlig an die üblichen Traditionen
der Brüsseler Patronenmaler der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Die klare, wuchtige
Gliederung italienischer Vorbilder, wie die der Folgen des Scipio und ähnlicher Motive der
Schule Giulio Romanos, ist bereits stark abgeschwächt. Van Orleys Darstellung ist wenig
glücklich gruppiert. Das Ganze macht einen unklaren und etwas zerfahrenen Eindruck.
Deutlich erkennbar ist die Absicht, den Schwerpunkt des Bildes, Sauls und seines Waffen-
trägers Tod, durch zwei seitliche große Gruppen zu fassen und so wirksamer zu gestalten.
Der Zweck wird nicht erreicht. Haltung und Zeichnung mancher Figuren sind steif, biswei-
len unrichtig; der Hintergrund verleugnet dagegen nicht die gute alte Brüsseler Tradition.
Vorzüglich wirkt die turmreiche Stadtmauer, dahinter bewaldete Bergzüge mit festen
Schlössern. Vollendet ist die Durchbildung des Baumschlages.
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