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Bauer: Abhandlungen aus dem Strafrecht.

eine ganz abweichende Grundüberzeugung geführt haben, dennoch
da« bedeutende Verdienst um die Wissenschaft zuerkennen müs-
sen, dass in wahrer Liebe zur Sache mit einer heute seltenen
logischen Ordnung und Folgerichtigkeit, Klarheit und Bestimmt-
heit die eignen Ansichten des Verf. entwickelt, die Ansichten An-
derer geprüft sind; und zwar diess Alles, unbeschadet der gehö-
rigen Rücksicht auf das praktische Leben und die Erfahrung, mit
stetem Streben nach Prinzipmässigkeit und fiiosofischer Begrün-
dung, — ein Streben, das äusserst rühmlich abstiebt gegen so
Vieles, was dermalen in diesem Fache zu Markt gebracht wird.
In beiden Bänden unterzieht der Verf. grosseatbeils die wich-
tigsten Fragen des Strafrechts und Strafprozesses einer nochma-
ligen gedrängten Untersuchung,' deren Uebersichtlichkeit nichts zu
wünschen übrig lässt, und worin theils eigne frühere Ansichten
(wie sie besonders in den lehrreichen Anmerkungen zum hanno-
verschen Entwurf entwickelt sind) vertheidigt oder berichtigt, theils
Meinungen Anderer bestritten werden, gewiss sehr häufig mit
Glück. Bef. musste sich hier darauf beschränken, wollte er an-
ders den Raum dieser Blätter nicht bedeutend überschreiten, wenn
auch nicht alle, doch die Mehrzahl der Abhandlungen, zumal die-
jenigen, welche mit der Grundansicht des Verf. am genauesten
Zusammenhängen, etwas genauer zu betrachten, die übrigen nur
kürzer zu berühren und nur Einzeles daraus hervorzuheben.
Der erste Band handelt in sieben Aufsätzen: über Straf-
tbeorieen, als Nachtrag zur Warnuugstheorie — vom Strafgesetz
— vom Verhältnis des Richters zum Strafgesetz — vom That-
bestand der Verbrechen 1— von der Verschuldung und deren Ar-
ten, dem dolus und der culpa — Von dem Versuch eines Ver-
brechens — von der Theilnahme Mehrer an einem Verbrechen. —
Im ersten Aufsatz (S. 1—118) ist sehr richtig bemerkt (S. 6 ft'.),
was so Viele ganz zu vergessen scheinen, dass ohne vorheriges
Verständnis über die Begriffe von Staat, Recht, Moral, Politik
und deren Verhältnis zu einander jedes Verständnis des Straf-
rechts undenkbar sei. So lange hier eine wahrhaft babylonische
Sprach- und Begriffverwirrung herrscht, ist nichts natürlicher, als
dass aus scheinbar gleichen Vordersätzen die verschiedenartigsten
Schlüsse gezogen werden und dass ein wirkliches Fortschreiten
der Wissenschaft nicht wohl möglich ist.

([Fortsetzung folgt.)
 
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