Nr. 15. HEIDELBERGER 1846.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
Dante’s Schriften von Kannegiesser.
(Schluss.)
Es ist hier der Ort nicht, diese Idee weiter auszuführen, was ich
mir für eine besondere Abhandlung vorbehalte. Aber ich verweise unter
vielen andern Stellen auf den 4. Traktat des Convito, Cap. 17, wo
Dante ein doppeltes Wohlergehen der Menschen nach dem zwiefachen
Leben, dem aktiven und dem contemplativen, annimmt, wovon das letz-
tere vorzüglicher als das andere ist und zur höchsten Glückseligkeit führt;
und auf Cap. 22. desselben Traktats, wo noch einmal ausführlich erklärt
wird, dass das Leben der Seele ein doppeltes ist, nämlich ein thätiges
(jpratico} und ein beschauliches (speculativo}; hierbei wird denn von
Dante besonders in einer Parenthese bemerkt, dass pratico e tanto
quanto operativo, welcher letztere Ausdruck in dem hier beleuchteten
Satz mit operatio und operari einigemal gebraucht wird. Beide Wörter
haben also denselben Sinn, und Herr Kannegiesser hätte sie lieber
nicht verschieden übersetzen sollen. Qm Convito durch Wirkung, hier
durch Hervorbringung}. — Dann möchte ich in dem lateinischen
Text in dem Satz, der hier in der 9. Zeile übersetzt ist, den Ablativ
operatione in den Nominativ operatio umwandeln, weil der Satz, so wie
er jetzt steht und übersetzt ist, einen baaren Unsinn enthält. Es ist zu
verwundern, dass der Herr Uebersetzer bei dieser Stelle nicht gestutzt
und, da er ja die Florentiner Ausgabe von Allegrini zu Grund legte,
nicht einmal einen Blick auf die gegenüberstehende italienische Ueber-
setzung des Ficino geworfen hat. Die Uebersetzung heisst: „Einiges
gibt es, was, unserer Macht unterworfen, wir nicht allein durchforschen,
sondern auch hervorbringen können, und hierbei wird die Hervorbringung
nicht wegen der Forschung, sondern diese 0ie Forschung} wegen jener
vorgenommen, insofern sie (Also die Forschung} bei einer sol-
chen Hervorbringung der Zweck ist“, während es offenbar
XXXIX. Jahrg. 2. Doppelheft. 15
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
Dante’s Schriften von Kannegiesser.
(Schluss.)
Es ist hier der Ort nicht, diese Idee weiter auszuführen, was ich
mir für eine besondere Abhandlung vorbehalte. Aber ich verweise unter
vielen andern Stellen auf den 4. Traktat des Convito, Cap. 17, wo
Dante ein doppeltes Wohlergehen der Menschen nach dem zwiefachen
Leben, dem aktiven und dem contemplativen, annimmt, wovon das letz-
tere vorzüglicher als das andere ist und zur höchsten Glückseligkeit führt;
und auf Cap. 22. desselben Traktats, wo noch einmal ausführlich erklärt
wird, dass das Leben der Seele ein doppeltes ist, nämlich ein thätiges
(jpratico} und ein beschauliches (speculativo}; hierbei wird denn von
Dante besonders in einer Parenthese bemerkt, dass pratico e tanto
quanto operativo, welcher letztere Ausdruck in dem hier beleuchteten
Satz mit operatio und operari einigemal gebraucht wird. Beide Wörter
haben also denselben Sinn, und Herr Kannegiesser hätte sie lieber
nicht verschieden übersetzen sollen. Qm Convito durch Wirkung, hier
durch Hervorbringung}. — Dann möchte ich in dem lateinischen
Text in dem Satz, der hier in der 9. Zeile übersetzt ist, den Ablativ
operatione in den Nominativ operatio umwandeln, weil der Satz, so wie
er jetzt steht und übersetzt ist, einen baaren Unsinn enthält. Es ist zu
verwundern, dass der Herr Uebersetzer bei dieser Stelle nicht gestutzt
und, da er ja die Florentiner Ausgabe von Allegrini zu Grund legte,
nicht einmal einen Blick auf die gegenüberstehende italienische Ueber-
setzung des Ficino geworfen hat. Die Uebersetzung heisst: „Einiges
gibt es, was, unserer Macht unterworfen, wir nicht allein durchforschen,
sondern auch hervorbringen können, und hierbei wird die Hervorbringung
nicht wegen der Forschung, sondern diese 0ie Forschung} wegen jener
vorgenommen, insofern sie (Also die Forschung} bei einer sol-
chen Hervorbringung der Zweck ist“, während es offenbar
XXXIX. Jahrg. 2. Doppelheft. 15