Nr. 29. HEIDELBERGER 1846
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
Kölliker: Heber das sympathische Nerven-
system.
(Schluss.)
Schon lange waren Ganglienkugeln mit kürzeren oder längeren Fortsätzen
bekannte die zu der Vermuthung veranlassten, dass sie die Anfänge von Ner-
venfasern seien, welche durch die, wenn auch noch so schonende, Untersuchung
abgerissen würden. Dergleichen geschwänzte Ganglienkugeln finden sich nicht
nur in den Ganglien, sondern auch in den Centralorganen; man kann sic z. B.
jeden Augenblick in der grauen Substanz des kleinen Gehirns bei Säugethieren
zeigen. Dass jene Fortsätze wirklich die Anfänge von Nervenfasern sind, haben,
schon vor Kölliker, Helmholtz, Will und Hannover in den Ganglien
von Wirbelthieren und Wirbellosen beobachtet und ausgesprochen; Kölliker
bestätigt ihre Angabe für die Spinal- und sympathischen Ganglien des Frosches,
so wie für die Spinalganglien der Schildkröte und Katze, das Ganglion Gasseri
der Katze und des Meerschweinchens und das Ganglion thoracicum IV. der
Katze (S. 22), und wenn er auch den wirklichen Ursprung von Nervenfasern
bei den letztgenannten Thieren in allem nur 13mal beobachtet, so wird doch
jeder mit einem solchen Resultate vollkommen zufrieden gestellt sein, der die
unerhörte Schwierigkeit dieser Präparationen kennt, die zum Th eil unter dem
Mikroskope bei einer starken Vergrösserung gemacht werden müssen» Die be-
obachteten Nervenfasern gehörten zu der feineren Sorte (S. 27 bestätigt K. die
Erfahrung von Hannover, dass auch grobe Nervenfasern von den Ganglicn-
kugeln des Rückenmarks entspringen), und es ist damit bewiesen, dass nicht alle
feinen Nervenfasern vom Sympathicus herrühren.
Ohne Kölliker in die Erörterung der Frage zu folgen, ob der Unter-
schied der feinen und groben Nervenfasern vielleicht in sofern von Bedeutung
sei, als die einen sensibel, die andern motorisch wirkten, die sich vorläufig nicht
zum Abschluss bringen lässt, eilen wir die Resultate mitzutheilen, zu denen er
schliesslich gelangt ist (S. 26). Es sind folgende: Die in den sympathischen
Ganglien entspringenden Nervenfasern verlaufen theils zu den Eingeweiden,
theils durch die rami comr-.unicantes aufwärts zu den vordem Aesten der
Spinalnerven, die in den Spinalganglien entspringenden, theils durch dieselben
rami abwärts zu den Eingeweiden, theils mit den hinteren Rückenmarksner-
venästen zu den betreffenden peripherischen Organen, womit freilich nur ein
Theil des Faserverlaufs aufgedeckt ist, aber genug, um daraus die functionelle
Eigentümlichkeit des sympathischen Nerven zu erklären.
Der Sympathicus ist demnach selbständig, weil die Mehrzahl sei-
ner Fasern in ihm selbst entspringt; seine Fasern unterscheiden sich aber nicht
XXXIX. Jahrg. 3. Doppelheft. 29
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
Kölliker: Heber das sympathische Nerven-
system.
(Schluss.)
Schon lange waren Ganglienkugeln mit kürzeren oder längeren Fortsätzen
bekannte die zu der Vermuthung veranlassten, dass sie die Anfänge von Ner-
venfasern seien, welche durch die, wenn auch noch so schonende, Untersuchung
abgerissen würden. Dergleichen geschwänzte Ganglienkugeln finden sich nicht
nur in den Ganglien, sondern auch in den Centralorganen; man kann sic z. B.
jeden Augenblick in der grauen Substanz des kleinen Gehirns bei Säugethieren
zeigen. Dass jene Fortsätze wirklich die Anfänge von Nervenfasern sind, haben,
schon vor Kölliker, Helmholtz, Will und Hannover in den Ganglien
von Wirbelthieren und Wirbellosen beobachtet und ausgesprochen; Kölliker
bestätigt ihre Angabe für die Spinal- und sympathischen Ganglien des Frosches,
so wie für die Spinalganglien der Schildkröte und Katze, das Ganglion Gasseri
der Katze und des Meerschweinchens und das Ganglion thoracicum IV. der
Katze (S. 22), und wenn er auch den wirklichen Ursprung von Nervenfasern
bei den letztgenannten Thieren in allem nur 13mal beobachtet, so wird doch
jeder mit einem solchen Resultate vollkommen zufrieden gestellt sein, der die
unerhörte Schwierigkeit dieser Präparationen kennt, die zum Th eil unter dem
Mikroskope bei einer starken Vergrösserung gemacht werden müssen» Die be-
obachteten Nervenfasern gehörten zu der feineren Sorte (S. 27 bestätigt K. die
Erfahrung von Hannover, dass auch grobe Nervenfasern von den Ganglicn-
kugeln des Rückenmarks entspringen), und es ist damit bewiesen, dass nicht alle
feinen Nervenfasern vom Sympathicus herrühren.
Ohne Kölliker in die Erörterung der Frage zu folgen, ob der Unter-
schied der feinen und groben Nervenfasern vielleicht in sofern von Bedeutung
sei, als die einen sensibel, die andern motorisch wirkten, die sich vorläufig nicht
zum Abschluss bringen lässt, eilen wir die Resultate mitzutheilen, zu denen er
schliesslich gelangt ist (S. 26). Es sind folgende: Die in den sympathischen
Ganglien entspringenden Nervenfasern verlaufen theils zu den Eingeweiden,
theils durch die rami comr-.unicantes aufwärts zu den vordem Aesten der
Spinalnerven, die in den Spinalganglien entspringenden, theils durch dieselben
rami abwärts zu den Eingeweiden, theils mit den hinteren Rückenmarksner-
venästen zu den betreffenden peripherischen Organen, womit freilich nur ein
Theil des Faserverlaufs aufgedeckt ist, aber genug, um daraus die functionelle
Eigentümlichkeit des sympathischen Nerven zu erklären.
Der Sympathicus ist demnach selbständig, weil die Mehrzahl sei-
ner Fasern in ihm selbst entspringt; seine Fasern unterscheiden sich aber nicht
XXXIX. Jahrg. 3. Doppelheft. 29