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Luise, Königin von Preussen»

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des Regenten üben Sachsen und Hessen abwechselnd die Rechte des Bun-
desoberhauptes aus. 11} Bei einem auswärtigen Angriffe sind sämmtliche
Stände die ganze Masse ihrer Mittel dem Bunde schuldig; sie dürfen
keine Verbindungen mit andern Staaten eingehen, welche dem Bunde
gefährlich werden können. Die gewöhnliche Militärmacht des Bundes
beträgt 240,000 Mann , von welchen Preussen mit Mecklenburg und
Braunschweig 165,000 Mann stellt u. s. w. — 12} Die Militärmacht
jedes Kreises stehet unter dem Commando des Standes, von welchem
der Kreis seinen Namen führt. In Kriegszeiten stehet das ganze Bundes-
heer unter den Befehlen des Oberhauptes. Der Bundescongress wird
die Militäreinrichtung durch die von Preussen, Sachsen und Hessen be-
auftragten Militärpersonen näher bestimmen. 13) Es soll ein nordisches
höchstes Bundestribunal errichtet werden, mit dem Sitze in einer
der drei Hansestädte. Klagen gegen die Regenten kommen an das
Bundesgericht, von welchem der Recurs an den Congress gehet. Die
Vollziehung der Uriheile, so wie die Regulirung des ständischen Schul-
denwesens werden nach den Aufträgen des Bundesgerichts von den
Kreisdirektoren geführt. 14} Streitigkeiten der Stände sollen durch
Compromisssprüche entschieden werden. Dem Congresse wird die Sache
vorgelegt; der Beklagte wählt zwei Gesandte als Compromissrichter; der
Kläger fügt den Dritten hinzu. Diese drei entscheiden pro arbitrio boni
viri, und, wenn sie sich nicht vereinigen können, durch einen vom Con-
gresse gewählten Obmann. Die Ausfertigung des Spruches geschieht im
Namen des Congresses; es findet keine Appellation statt. 15) Gleich
nach Auswechselung der Ratifikationen, die noch vor dem letzten August
statt finden soll, soll diese Vereinbarung (ein ominöses Wort) von
den drei Höfen den Kaiserhöfen zu Wien, Paris und Petersburg bekannt
gemacht, so wie den im dritten Artikel genannten Bundesständen, mit
der im fünften Artikel festgesetzten Einladung zum Beitritt und zur
Versammlung des Congresses schriftlich mitgetheilt werden. —cc
Dieser Verfassungsentwurf, bisher allein von Pölitz in seiner Ge-
schichte Friedrich Augustes theilweise zur Kenntniss des Publikums
gebracht, ist in historischer wie staatsrechtlicher Beziehung
gleich merkwürdig und lehrreich. Gegenüber der erstem Rücksicht ent-
hält er nämlich den Hauptgrund des Krieges; Preussen musste ihn,
weil das übermüthige, auf den Rheinbund gestützte und bei der einst-
weiligen Ausscheidung Oesterreichs im Südwesten Dictatormacht
ausübende Frankreich den nordischen Bund untersagte, nicht nur für
sich, sondern auch die Unabhängigkeit Teutschlands, zunächst des
 
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