60 Homer’e Odyssee von Am eis. II, 2.
Ich Jammervolle, muss ich das im Hause sehn,
Vergehe, weine, schluchze laut zu diesem Mahl
Des Jammers, das sie meines Vaters Mahl benennt,
Allein für mich; denn auch zu weinen ist mir nicht
So viel vergönnt, als meines Herzens Drang genügt.
Denn diese nach dem Namen hochgesinnte Frau
Ruft höhnend dann mir diese bösen Worte zu:
Gottloses Scheusal, ist der Vater dir allein
Gestorben? Trauert äusser dir kein Mensch um ihn?
Stirb hin in Elend, und von diesem Jammer soll
Dich auch der Todesgötter Macht niemals befrein 1
So ruft sie trotzend. Aber hört sie dann einmal,
Orestes komme, rennt sie flugs auf mich daher,
Und schreit und wüthet: dir allein, dir dank’ ich das!
Es war ja dein Werk; hast du doch aus meinem Arm
Entwandt Oresten, und geheim ihn fortgeschafft!
Doch wisse: büssen sollst du mir verdienten Lohn!
So bellt sie tobend, und an ihrer Seite reizt
Ihr hochgerühmter Buhle sie noch mehr dazu,
Der überall feigherzig Allverderbliche,
Der seine Schlachten im Verein mit Frauen schlägt.
Ich, ewig harrend, dass Orestes mein Geschick
Zu wenden komme, schwinde hin in meinem Gram
Denn ewig zaudernd hat er meine Hoffnungen,
Die nahen, wie die fernen, mir in Nichts verkehrt.
In solcher Noth, ihr Lieben, wer mag Mässigung,
Wer fromme Tugend üben? Traun, im Uebel drängt
Es uns gewaltsam, auch zu thun, was übel ist.
Wir setzen diese Anführungen nicht weiter fort, und schlies-
sen mit dem Wunsche, dass auch diese erneuerte Auflage recht
viele Leser finden, und dazu beitragen möge, auch in weiteren
Kreisen die Bekanntschaft mit den edelsten Schöpfungen hellenischen
Geistes immer mehr zu verbreiten.
Homer*'s Odyssee. Für den Schulgebrauch erklärt von Dr. Karl
Friedrich Ameis, Professor und Prorector am Gymnasium
su Mühlhausen in Thüringen. Zweiter Band. Zweites Heft.
Gesang XIX — XXIV. Zweite, vielfach berichtigte Auflage.
Leipzig. Druck und Verlag von B. G. Teubner. 1863. 191 S.
in gr. 8.
Mit diesem zweiten Hefte des zweiten Bandes ist die neue
Ausgabe zu ihrem Ende gelangt: wir wollen hier nicht wieder-
holen, was wir über diese Bearbeitung der Odyssee schon bei ihrem
ersten Erscheinen bemerkt, und was wir über die erneuerte Auf-
Ich Jammervolle, muss ich das im Hause sehn,
Vergehe, weine, schluchze laut zu diesem Mahl
Des Jammers, das sie meines Vaters Mahl benennt,
Allein für mich; denn auch zu weinen ist mir nicht
So viel vergönnt, als meines Herzens Drang genügt.
Denn diese nach dem Namen hochgesinnte Frau
Ruft höhnend dann mir diese bösen Worte zu:
Gottloses Scheusal, ist der Vater dir allein
Gestorben? Trauert äusser dir kein Mensch um ihn?
Stirb hin in Elend, und von diesem Jammer soll
Dich auch der Todesgötter Macht niemals befrein 1
So ruft sie trotzend. Aber hört sie dann einmal,
Orestes komme, rennt sie flugs auf mich daher,
Und schreit und wüthet: dir allein, dir dank’ ich das!
Es war ja dein Werk; hast du doch aus meinem Arm
Entwandt Oresten, und geheim ihn fortgeschafft!
Doch wisse: büssen sollst du mir verdienten Lohn!
So bellt sie tobend, und an ihrer Seite reizt
Ihr hochgerühmter Buhle sie noch mehr dazu,
Der überall feigherzig Allverderbliche,
Der seine Schlachten im Verein mit Frauen schlägt.
Ich, ewig harrend, dass Orestes mein Geschick
Zu wenden komme, schwinde hin in meinem Gram
Denn ewig zaudernd hat er meine Hoffnungen,
Die nahen, wie die fernen, mir in Nichts verkehrt.
In solcher Noth, ihr Lieben, wer mag Mässigung,
Wer fromme Tugend üben? Traun, im Uebel drängt
Es uns gewaltsam, auch zu thun, was übel ist.
Wir setzen diese Anführungen nicht weiter fort, und schlies-
sen mit dem Wunsche, dass auch diese erneuerte Auflage recht
viele Leser finden, und dazu beitragen möge, auch in weiteren
Kreisen die Bekanntschaft mit den edelsten Schöpfungen hellenischen
Geistes immer mehr zu verbreiten.
Homer*'s Odyssee. Für den Schulgebrauch erklärt von Dr. Karl
Friedrich Ameis, Professor und Prorector am Gymnasium
su Mühlhausen in Thüringen. Zweiter Band. Zweites Heft.
Gesang XIX — XXIV. Zweite, vielfach berichtigte Auflage.
Leipzig. Druck und Verlag von B. G. Teubner. 1863. 191 S.
in gr. 8.
Mit diesem zweiten Hefte des zweiten Bandes ist die neue
Ausgabe zu ihrem Ende gelangt: wir wollen hier nicht wieder-
holen, was wir über diese Bearbeitung der Odyssee schon bei ihrem
ersten Erscheinen bemerkt, und was wir über die erneuerte Auf-