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Nr. 29. HEIDELBERGER 1864.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

M üller, Max, Vorlesungen über die Wissenschaft der Sprache,
Für das deutsche Publicum bearbeitet von Dr. C. Böttger,
Professor u. s. w. Autorisirte Ausgabe. Leipzig 1863, VI und
400 S.
Die vorstehend bezeichneten deutsch geschriebenen Vorlesungen
sind eine Bearbeitung englischer Vorlesungen, die Professor Müller
im April und Juni 1861 im königl. Institut von Grossbritannien
gehalten, und wofür er von der kaiserlichen Akademie zu
Paris den Preis erhalten hat. Für meine Erörterungen werde
ich mich, in Gemässheit des oben angeführten Titels, einstweilen
an die deutsche Bearbeitung halten und so der Hauptsache nach
den Inhalt zur Kenntniss bringen, der nach wie vor das Verdienst
seines originalen Verfassers bleibt.
Den Stoff seinerWissenschaft hat Müller unter neun Gesichts-
punkten gruppirt, woraus sich die Zahl ebenso vieler Vorlesungen
erklärt (S. 1—339). Den Vorlesungen folgen Anmerkungen zu
sämmtlichen (S. 339—377). Daran schliesst sich ein Anhang mit
drei genealogischen Tafeln, von denen die erste die arische Sprach-
familie. enthält, die zweite die nördliche Abtheilung der turanischen,
und die dritte die südliche Abtheilung dieser Familie. Ganz zuletzt
ist ein Register angehängt.
Bei einem Werke, wie diesem, welches in Bezug auf Inhalt
und Titel manche Verwandte zählt, ist die erste wichtigste Frage
nach dem Standpunkte des Verfassers, dem philosophischen, dem
philologischen und dem methodischen.
In dem Vorwort zur deutschen Bearbeitung bezeichnet er die
Sprachen als die Repositorien der ältesten und wichtigsten Annalen
für die Geschichte des menschlichen Geistes, und die Wissenschaft
der Sprache als die Beauftragte, diese Annalen zu entziffern. So
sehr richtig dieses ist, so wenig ist es ihm gelungen, im Laufe der
ersten Vorlesung, einen bezeichnenden Ausdruck für diese Wissen-
schaft zu finden. Er selbst beklagt sich darüber wie über einen
Mangel, und ist bescheiden genug, seine Leser mit einer Neubildung
zu verschonen, die er vielleicht im Sinne hat.
Wir halten es für den Zweck unserer Erörterungen erspriess-
lich, gleich zur dritten Vorlesung uns zu wenden, und die beiden
ersten erst nach den übrigen zu besprechen.
Der Verfasser unterscheidet drei Stufen in der Sprachentwick-
lung, die in ihrer Aufeinanderfolge eine psychologische Scala bilden,
und ebenso vielen Stadien des schematisirenden Denkens entsprechen.
LVII. Jahrg. 6. Heft. 29
 
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