Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
ΪΓ. 27. HEIDELBERGER 1864.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Das nichtige und vernichtende Wesen des Bösen, eine Theodicee
durch Widerlegung der Julius Müller’sehen Schrift vom Wesen
und Grunde der Sünde, dar gestellt von Johann Gottlieb
Huch, Pastor emer. Zeitz, Verlag von Alfred Huch, 1863.
XX u. 222 S. gr. 8.
Im Jahre 1839 erschien von Consistorialrath und Professor
Dr. Julius Müller, damals in Marburg, jetzt in Halle, eine
Schrift mit dem Titel: „Die christliche Lehre von der Sünde.“ Im
ersten Bande derselben wird eine theologische Untersuchung vom
Wesen und Grunde der Sünde gegeben. Das vorliegende Buch, des
Herrn Verf. stellt dieser theologischen Untersuchung eine „philo-
sophische“ gegenüber. Das Müller’sche Buch ist häufig zur Grund-
lage der modernen hyperorthodoxen oder mystischen Anschauungs-
weise in der protestantischen Kirche gemacht worden. In Manchem,
was der denkende Herr Verf. oft mit Scharfsinn der Müller’schen
Anschauung entgegenhält, hat er das Recht auf seiner Seite und
die Consequenzen, die er aus seinem Princip zieht, sind entschieden
mit den Forderungen der Vernunft mehr in Einklang zu bringen,
als die Müller’schen. Nichts desto weniger kann man manche ver-
nünftige Anschauungen des Herrn Verf. unterschreiben, ohne sie,
wie er will, aus dem von ihm aufgestellten Princip abzuleiten,
dessen Annahme gewiss nicht ohne Grund in der von ihm geltend
gemachten Art beanstandet werden muss. Uebrigens zeigt sich der
Herr Verf. auch in der Durchführung seines Princips als einen philo-
sophisch gebildeten und aufgeklärten Theologen und Refer. billigt
sehr Vieles von dem, was in diesem Buche gegen Müller aufge-
stellt wird.
Wenn Müller in der dem ersten Bande seiner Schrift (1. Auf-
lage) vorausgedruckten Zueignung S. VI versichert, dass „er dem
Geiste freier wissenschaftlicher Forschung huldige“ und zugleich
beifügt, dass „der Geist der wissenschaftlichen Forschung keine
andere Auctorität anerkenne, als den unwandelbaren Grund des
göttlichen Wortes in der heiligen Schrift“, wird von unserm Herrn
Verf. sehr richtig bemerkt, dass die hier angedeutete Beschränkung
des freien wissenschaftlichen Geistes nicht so zu verstehen sein
kann, „als ob die heilige Schrift mit jedem Worte und Buchstaben
den Geist freier wissenschaftlicher Forschung vertrete, oder ihn gar
noch übertreffe, also dass der Wirkungskreis des bezeichneten Geistes
durch Gehorsam gegen die Schrift beengt würde.“ Sehr wahr wird
ein solcher Geist als ein nicht freier und nicht wissenschaftlicher
LVII. Jahrg. 6. Heft. 27
 
Annotationen