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Kr. 14, HEIDELBERGER 1864.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

v. Hahn: Griechische und Albanesische Märchen.

(Schluss.)
Die vorliegende Sammlung gibt Belege hierfür, so z. B. in
Betreff der Vorrechte der Jüngstgeburt; s. 1, 51 No. III, „Ge-
schwisterformeln. Formeln von besten Jüngsten;“ vgl. das Sach-
verzeichniss s. v. „Jüngster Bruder“ bis „Jüngster“; ferner die Be-
merkung Schiefner’s in seiner Abhandlung „Ueber das Wort Sampo“
in den Melanges russes 4, 198, wo er sagt: „Auch das Auftreten
der drei Brüder... ist ungefähr so wie in manchen Märchen. Lem-
minkäiner, der jüngste der Brüder, hat die Verwegenheit, welche
dem jüngsten Bruder wider Märchen eigen zu sein pflegt.“ So liest
man ferner in John Richardson’s Abhandlung über die Gebräuche
der morgenländischen Völker übersetzt von Federau S. 194 ff.: „An
die Erstgeburt band man sich gar nicht [nämlich bei den Tataren].
Dschengis Chan zum Beispiel ernannte seinen zweiten ihn über-
lebenden Sohn Oktai zu seinem Nachfolger. Wie er sich weigerte
die Oberherrschaft anzunehmen, so nahmen ihn sein älterer und
jüngerer Bruder Dschagathei und Tuli bei der Hand, setzten ihn
auf den Thron und begrüssten ihn als ihren Chan. Olug Navin
Dschengis Chan’s jüngster Sohn reichte ihm als Haushofmeister
ein Gefäss mit Wein, worauf alles Volk neun Knieverbeugungen
ihrem Oberherrn und drei der Sonne machte und ihn laut für ihren
obersten Befehlshaber erklärte. Dieser Umstand mit Olug Navin
ist ein merkwürdiges Beispiel von einer besondern Gewohnheit, die
lange unter nordischen Völkern im Gange gewesen ist, die sich
selbst in den Rechten der Angelsachsen in der Beschreibung eines
englischen Dorfes findet, wo der jüngste Sohn in die Rechte
seines Vaters vor seinen älteren Brüdern eintritt. Blackstone
(Comment. vol. II. p. 83) führt erst Littleton’s und anderer ange-
sehenen Rechtsgelehrten Meinungen über den Ursprung dieser be-
fremdenden Sitte an und setzt darauf seine scharfsinnige Vermuthung,
dass sie wohl von den Tataren herstammen möchte, hinzu. Bei
diesen Völkern wandern die ältern Söhne, sobald sie das männliche
Alter erreicht haben mit einer Anzahl von Vieh von ihrem Vater
weg; nur der jüngste Sohn bleibt daheim und erbt seines Vaters
Haus mit allem was dieser sonst noch hinterlässt.“ Hierzu nun
halte man ferner, dass nach dem so bedeutungsvollen Rigsmäl der
ältern Edda (Str. 36 ff.) gerade der jüngste Sohn Jarl’s, Konr, der
erste König ist (d. h. der Zeit, nicht der Macht naqh). Ueber
LVII. Jahrg. 3. Heft, 14
 
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