Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
256 Reyscher: Das Recht des Staats an Domänen u. Kammergütern.
mann benützen kann · „biens de communite“ d. h. res universi-
tatis, und ,,b i e n p a rti c u li e r“). Wenn nun hier der Satz an die
Sitze gestellt wird, dass alle Sachen, die sich innerhalb des Staatsge-
bietes befinden, ohne Unterschied, der Nation im Ganzen gehören,
so ist damit offenbar nichts anderes beabsichtigt, als den völker-
rechtlichen Grundsatz auszusprechen, dass keine fremde Staatsge-
walt in das diesseitige Staatsgebiet herübergreifen darf, und dass
diesem der Charakter der Exclusivität gegenüber von allen anderen
Staaten zusteht. Es ist dies dasselbe, was Andere in unpassender,
wenn gleich sehi· verbreiteter Ausdrucksweise, das Obereigenthum
des Staates an allen im Staate befindlichen Sachen nennen, oder
durch die Formel ausdrücken, dass innerhalb des Staatsgebietes
nichts absolut herrenlos sei, eben weil es darin belegen und
folglich der betreffenden Staatsgewalt unterworfen ist. Für das
Eigenthum im civilistischen Sinne innerhalb des Staatsgebietes
haben alle diese Sätze gerade so viele Bedeutung, als wenn vom
rechtsphilosophischen Standpunkte aus, die Behauptung aufgestellt
wird, dass nichts absolut herrenlos sei, weil alles auf der Erde der
Menschheit im Ganzen gehöre. Ganz im Einklänge hiermit lehrt
sodann Vattel, dass aber innerhalb des Staatsgebietes die ein-
zelnen Sachen sehr verschieden besessen werden können, und unter-
scheidet demnach Staatsgüter, Krondomänen, Gemeindegüter, Privat-
güter als Besitzungen einzelner Staatsangehörigen u. s. w. Wenn
Vattel hierbei Krondomänen und Staatsdomänen in Republiken
neben einander als Unterarten der Staatsgüter (der für das Be-
dürfniss des Staates reservirten Güter) darstellt, so ist dabei vor-
erst nicht zu übersehen, dass er Franzose war, und nach dem
französischen Staatsrecht die Krongüter wirklich Staatsgut im Sinne
von Staatseigenthum sind, also dieses Verhältniss ihm zunächst vor-
schweben musste. Dazu kommt aber noch, dass Vattel nicht im Ent-
ferntesten daran dachte, hier erschöpfend sein und die Möglichkeit
einer anderen eigenthümlichen Entwickelung der Besitz- und Eigen-
tumsverhältnisse an den fürstlichen Domänen ausschliessen oder in
Abrede stellen zu wollen; was er von einzelnen Arten des Be-
sitzes innerhalb des Staatsgebietes vorbringt, sind nur Exemplifi-
cationen ohne Einschränkung auf die namhaft gemachten Arten.
Das was er sagen will und wirklich sagt, ist also nichts weiter,
als dass das Eigenthum der Nation an allen Sachen innerhalb des
Staatsgebietes, das sog. völkerrechtliche Obereigenthum des Staates,
keinerlei Art von denkbarem Besitztitel in Bezug auf die einzelnen
Gegenstände ausschliesst. Welche Arten von Besitztiteln und Besitz-
verhältnissen aber in einem Staat vorkommen können, hängt von den
Bestimmungen seiner inneren Gesetzgebung und der historischen
Entwickelung des inneren Rechtslebens ab.
(Fortsetzung folgt.)
 
Annotationen